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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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203. Tag eingeschlossen im Eis. Es war Sonntag, ich trieb übers Weddellmeer, und es war 20 Stunden am Tag dunkel.
    Dad lenkt unser Gespann auf die äußere Ringstraße. Wir umfahren das Stadtzentrum, dessen Gassen zu passieren mittlerweile auch an Nichtfeiertagen für Pferdefuhrwerke gefährlich ist. Die Automobile, die dort wild hupend hin und her fahren, sind riesig, und ihre Fahrer haben weit aufgerissene, panische Augen, wenn sie vorüberbrausen. »Holz in der Strömung« nennt mein Vater den Autoverkehr in der Stadt. Und noch in der Chaussee, die durch die östliche Vorstadt bis zu den Festwiesen führt, hört man das Röhren und das Knallen aus den Straßen zwischen Kathedrale und Hafen. Mir fällt wieder ein, was Dafydd sagte, dass er nämlich überlege, nach dem Krieg eine Automobilwerkstatt zu eröffnen. Wenn ich Lust hätte und mir nicht zu schade dafür sei, könne ich sein Kompagnon werden.
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und schneller, als Sie fahren können
    Durch die vom leichten Wind bewegte Luft dringt das Schmettern und Bellen des Newporter Polizeiblasorchesters. Wir kommen auf die Wiesen gezockelt, Dad steigt vom Kutschbock und nimmt den nervös die blonde Mähne schüttelnden Alfonso beim Halfter. Er führt uns zu der Baumreihe, unter der die Fuhrwerke abgestellt sind, dort springe ich ins Gras und helfe den Frauen herunter.
    Für Regyn ist es der erste Ausflug, seit Herman als verschollen gilt. Sie hakt sich bei mir unter und fragt traurig: »Sehe ich nicht dumm aus?«
    Unter den Pappeln gegenüber parken die Autos. Der weiße Morris Oxford Bullnose von Ennids Eltern ist nirgends zu sehen. Aber es ist noch früh am Nachmittag, immer neue Wagen kommen über das verschlammte Gras gerollt, stoppen, geben einen lauten Knall von sich und verstummen so abrupt, als hätte sie einer wie Frank Wild mit einem einzigen Karabinerschuss niedergestreckt. Unwahrscheinlich, dass sich Muldoons diese feierliche Heldenverabschiedung entgehen lassen, schließlich gilt sie auch ihrem zukünftigen Schwiegersohn. Bishop, Ball und Mannock, unsere drei Jungs, sie fliegen in den Luftkrieg um Paris.
    Â»Du siehst toll aus, très chic.«
    Regyn kneift die Augen zusammen, versucht ein Lächeln und drückt meinen Arm.
    Als wir gleich bei einer der ersten Buden, einer rot-weiß gestreiften, in der es Tröten, Fähnchen und Souvenirs zu kaufen gibt, Bakewell treffen, will mich Regyn nicht loslassen, sie will nicht mit unseren Eltern in das Gewimmel und den Lärm von Musik und Propellern. So weit ich über Hüte und Scheitel hinwegblicken kann, erstreckt sich der Menschenauflauf bis zu der Absperrung, hinter der die drei Flugzeuge und das Blasorchester stehen. Dort sehe ich Gras, eine weite grüne Fläche.
    Â»Wer weiß, wer mir da auflauert«, ruft sie, »nein, nein, gar keine Lust.«
    Bakewell hat sich herausgeputzt. Er hat ein weißes Hemd und eine seltsame Strickjacke an und trägt, zumindest bis er uns bemerkt, eine neue Schirmmütze auf dem Kopf. Ich weiß, dass er Regyn sehr mag, und hast-du-nicht-gesehen hält er die Mütze in Händen und starrt darauf, als hätte meine Schwester sie ihm soeben zum Geschenk gemacht.
    Â»Guten Tag, Regyn.« Worte, die seine Lippen formen, die man aber nicht hören kann.
    Â»Reg«, sagt meine Mutter, die die Einzige ist, die sie so nennt, »es gibt nicht den geringsten Grund, nervös zu sein. Dein Bruder und Mr. Bakewell möchten sich etwas umsehen. Und wir machen dasselbe. Sagen willkommen und winken zum Abschied.«
    Und unser Vater: »Komm, Püppi. Ich pass auf dich auf.«
    Er hat Mühe, mit mir Schritt zu halten. Sogar als er kurz vor der Absperrung in einer Gruppe junger Frackträger seinen neuesten Arbeitgeber stehen sieht, dränge ich weiter und rufe über die Schulter: »Komm, der läuft nicht weg, aber Mannock fliegt gleich!«
    Mr. Klein aus Boston hat Bakewell, weil der als einziger Amerikaner mit Shackleton gefahren ist, die Leitung seines Newporter Heuerbüros übertragen. Etwas verdutzt lüpft er die Melone, als wir uns lächelnd an ihm und seinen Geschäftsfreunden vorbeischieben.
    Â»Mister Klein«, sagt Bakewell, »Sir!«
    Â»Mister Bakewell?«, fragt Klein. »Sir!«, sagt er nicht, obwohl es angebracht wäre, auch wenn mein Freund weder Gamaschen
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