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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
Autoren: Max Stirner
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beschnoppert, um »seinen Herrn« herauszuriechen: auf den herrschenden Gedanken sieht er's allezeit ab. Der Christ kann unendlich viel reformieren und revoltieren, kann die herrschenden Begriffe von Jahrhunderten zu Grunde richten: immer wird er wieder nach einem neuen »Prinzipe« oder neuen Herrn trachten, immer wieder eine höhere oder »tiefere« Wahrheit aufrichten, immer einen Kultus wieder hervorrufen, immer einen zur Herrschaft berufenen Geist proklamieren, ein Gesetz für Alle hinstellen.
    Gibt es auch nur Eine Wahrheit, welcher der Mensch sein Leben und seine Kräfte widmen müßte, weil er Mensch ist, so ist er einer Regel, Herrschaft, Gesetz usw. unterworfen, ist Dienstmann. Solche Wahrheit soll z. B. der Mensch, die Menschlichkeit, die Freiheit usw. sein.
    Dagegen kann man so sagen: Ob Du mit dem Denken Dich des weiteren befassen willst, das kommt auf Dich an; nur wisse, daß, wenn Du es im Denken zu etwas Erheblichem bringen möchtest, viele und schwere Probleme zu lösen sind, ohne deren Überwindung Du nicht weit kommen kannst. Es existiert also keine Pflicht und kein Beruf für Dich, mit Gedanken (Ideen, Wahrheiten) Dich abzugeben, willst Du's aber, so wirst Du wohltun, das, was Anderer Kräfte in Erledigung dieser schwierigen Gegenstände schon gefördert haben, zu benutzen.
    So hat also, wer denken will, allerdings eine Aufgabe, die er sich mit jenem Willen bewußt oder unbewußt setzt; aber die Aufgabe zu denken oder zu glauben hat Keiner. – Im ersteren Falle kann es heißen: Du gehst nicht weit genug, hast ein beschränktes und befangenes Interesse, gehst der Sache nicht auf den Grund, kurz bewältigst sie nicht vollständig. Andererseits aber, so weit Du auch jedesmal kommen magst, Du bist doch immer zu Ende, hast keinen Beruf weiter zu schreiten und kannst es haben, wie Du willst oder vermagst. Es steht damit, wie mit einer andern Arbeit, die Du aufgeben kannst, wenn Dir die Lust dazu abgeht. Ebenso wenn Du eine Sache nicht mehr glauben kannst, so hast Du zum Glauben Dich nicht zu zwingen oder als mit einer heiligen Glaubenswahrheit Dich fortdauernd zu beschäftigen, wie es die Theologen oder Philosophen machen, sondern kannst getrost dein Interesse aus ihr zurückziehen und sie laufen lassen. Die pfäffischen Geister werden Dir freilich diese Interesselosigkeit für »Faulheit, Gedankenlosigkeit, Verstocktheit, Selbsttäuschung« u. dgl. auslegen. Aber laß Du den Bettel nur dennoch liegen. Keine Sache, kein sogenanntes »höchstes Interesse der Menschheit«, keine »heilige Sache« ist wert, daß Du ihr dienest, und um ihretwillen Dich damit befassest; ihren Wert magst Du allein darin suchen, ob sie Dir um Deinetwillen wert ist. Werdet wie die Kinder, mahnt der biblische Spruch. Kinder aber haben kein heiliges Interesse und wissen nichts von einer »guten Sache«. Desto genauer wissen sie, wonach ihnen der Sinn steht, und wie sie dazu gelangen sollen, das bedenken sie nach besten Kräften.
    Das Denken wird so wenig als das Empfinden aufhören. Aber die Macht der Gedanken und Ideen, die Herrschaft der Theorien und Prinzipien, die Oberherrlichkeit des Geistes, kurz die – Hierarchie währt so lange, als die Pfaffen, d. h. Theologen, Philosophen, Staatsmänner, Philister, Liberale, Schulmeister, Bedienten, Eltern, Kinder, Eheleute, Proudhon, George Sand, Bluntschli usw., usw. das große Wort führen: die Hierarchie wird dauern, solange man an Prinzipien glaubt, denkt, oder auch sie kritisiert: denn selbst die unerbittlichste Kritik, die alle geltenden Prinzipien untergräbt, glaubt schließlich doch an das Prinzip.
    Es kritisiert Jeder, aber das Kriterium ist verschieden. Man jagt dem »rechten« Kriterium nach. Dies rechte Kriterium ist die erste Voraussetzung. Der Kritiker geht von einem Satze, einer Wahrheit, einem Glauben aus. Dieser ist nicht eine Schöpfung des Kritikers, sondern des Dogmatikers, ja er wird sogar gewöhnlich aus der Zeitbildung ohne Weiteres aufgenommen, wie z. B. »die Freiheit«, »die Menschlichkeit« usw. Der Kritiker hat nicht »den Menschen gefunden«, sondern als »der Mensch« ist diese Wahrheit vom Dogmatiker festgestellt worden, und der Kritiker, der übrigens mit jenem dieselbe Person sein kann, glaubt an diese Wahrheit, diesen Glaubenssatz. In diesem Glauben und besessen von diesem Glauben kritisiert er.
    Das Geheimnis der Kritik ist irgend eine »Wahrheit«: diese bleibt ihr energierendes Mysterium.
    Aber Ich unterscheide zwischen dienstbarer und eigener
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