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Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Titel: Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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auf die Schulter.– Hier, das is mein Junge, erklärt er,– er is aus London da.
    Cassidy brummt ne unverständliche Begrüßung.
    – Col ist Schriftführer bei der Muirhouse-Initiative gegen Drogen, erläutert Dad.
    Das hätte ich mir denken können: Die Bekloppten stellen sich immer auf die Seite der Reaktion.
    – Wir wissen, wer die Dealer in der Siedlung sind, Junge. Die jagen wir davon. Wenn’s die Polizei nicht machen will, dann machen wir es selbst, sagt mein Alter, anscheinend ohne zu merken, dass er mit tiefer schleppender Clint-Eastwood-Stimme redet.
    – Viel Glück mit deiner Initiative, Dad, sagte ich. Ich zweifelte nicht daran, dass er mit Cassidys Hilfe erfolgreich sein würde; erfolgreich darin, jeder Sau hier das Leben zu vermiesen. Ich machte mich für die Stadt fertig.
    – Ach, Junge, denk daran, dass die kleine Karen jetzt dein altes Zimmer hat. Du musst hier unten aufm Sofa schlafen.
    Willkommen daheim: einem kretinösen Balg zuliebe aus dem eigenen Zimmer vertrieben. Ich tanzte ab in die Stadt. Der Junggesellenabend ließ sich ganz gemütlich an. Ronnie war voll auf Valium und kaum ansprechbar, als wir uns trafen. Es ging fröhlich, aber ereignislos zu, bis wir Lucia und n paar von ihren Freunden trafen, die darauf bestanden, sich uns anzuschließen. Sie betrank sich und fing ne wüste Diskussion mit Denise darüber an, wer Ronnie einen blasen sollte.
    Wir zogen durch ein paar Pubs, es kam zu ein paar dummen Zankereien, und schließlich brach ne Schlägerei aus. Ich schlug nach Penman, der mich den ganzen Abend schon getriezt hatte. Big Ally Moncrief hielt mich zurück, während Penman von mir wegtänzelte und mit scharfer Stimme und atemlos gestikulierte:– Komm doch, komm doch … vor die Tür … hältst dich für n Starken … die Fotze hält sich für n Starken … komm doch, nach draußen …
    Big Moncrief sagte, er könnte’s nich mit ansehen, wenn sich Freunde prügeln, erst recht bei solchen Anlässen. Denise meinte, wir sollten uns küssen und vertragen. Das taten wir nicht, aber wir umarmten und vertrugen uns. Wir nahmen jeder n Ecky und hingen für den Rest des Abends wie Kletten aneinander. Ich hatte mich noch nie jemand so nah gefühlt, na ja, keinem Mann jedenfalls, wie Penman in dieser Nacht. Wir boten so n richtiges Liebespaar-ohne-Ficken-Bild. Umgekehrt hab ich mich selten so unwohl gefühlt, wie als wir uns mit Tinas Bande im Citrus trafen. Olly war dabei. Frühere Sexpartner finden so was im Allgemeinen stressig: zu viel Ego im Spiel. Da rotiert das Es. Wenn man erst mal im Zustand primitiver Fleischeslust zusammen war, fällt es einem schwer, sich übers Wetter zu unterhalten.
    Olly nannte sich jetzt »Livvy«. Sie war »ein neuer Mensch geworden« und schien nun ihren Freunden genügend ähnlich zu sein, um jemand anderer sein zu wollen. Sie malte jetzt, wie sie mir erzählte. Mir kam es vor, als sei das, was sie machte, hauptsächlich reden und trinken. Sie fragte, was ich so machte. Ich sagte es ihr, und sie meinte:– Immer noch derselbe alte Brian, so von oben herab, als wolle sie unterstreichen, dass ich ein kleiner Gauner aus einer leicht anrüchigen Vergangenheit sei, die sie hinter sich gelassen hatte; eine bemitleidenswerte Gestalt.
    Dann schüttelte sie verächtlich den Kopf, aber das galt nicht mir.– Ich hab versucht, Tina klarzumachen, wie dumm sie ist. Sie ist zu jung, und Ronnie … tja, ich glaub nicht, dass ich überhaupt etwas über ihn sagen kann, denn ich kenn ihn gar nicht. Ich hab ihn noch nie nüchtern gesehen, mich noch nie mit ihm unterhalten. Was zur Hölle bringt ihm das bloß, so zu sein?
    Ich überlegte einen Moment.– Ronnie war halt immer schon n ruhiger Vertreter, erklärte ich ihr. Sie machte den Mund auf, um etwas zu sagen, ließ es dann, sagte tschüs und ging. Sie sah gut aus, so wie man es manchmal hat bei Leuten, die früher auf einen gestanden haben und jetzt nicht mehr auf einen stehen. Ich war trotzdem froh, dass sie gegangen war. Wenn Leute »neue Menschen« werden, sind sie im Allgemeinen unerträglich. Erneuerungen sollten in kleinen Schritten und allmählich vor sich gehen. Ich hasse solche wiedergeborenen Wichser, die versuchen, sich selbst völlig neu zu erfinden und alle Brücken hinter sich abbrechen. Ich ging rüber und nahm Penman lange in die Arme. Ich zuckte zusammen, als ich über seine Schulter Roxys boshaften Blick auffing, und zum ersten Mal seit ewigen Zeiten dachte ich wieder an Blindfisch.
    Es war
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