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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot
Autoren: King Stephen
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körperlose Stimme, so wie der große und schreckliche Oz –, aber die Karte diente als Ansprechpartner. »Ich weiß etwas über dich, Blaine.«
    »IST DAS EINE TATSACHE, KLEINER?«
    Eddie beugte sich zu ihm und flüsterte Jake ins Ohr: »Sei vorsichtig – wir glauben nicht, daß er etwas von der anderen Stimme weiß.«
    Jake nickte unmerklich, rückte ab und sah weiterhin zu der Streckenkarte. »Ich weiß, warum du das Gas freigesetzt und alle Menschen getötet hast. Ich weiß auch, warum du uns mitgenommen hast – nicht nur, weil wir dein Rätsel gelöst haben.«
    Blaine stieß sein anomales, irres Gelächter aus (dieses Lachen, stellten sie fest, war viel unangenehmer als seine schlechten Imitationen oder die melodramatischen und irgendwie kindischen Drohungen), sagte aber nichts. Unter ihnen war das Dröhnen der Slo-Trans-Motoren konstant geworden. Obwohl sie die Außenwelt nicht mehr sehen konnten, blieb der Eindruck großer Geschwindigkeit sehr deutlich.
    »Du hast vor, Selbstmord zu begehen, oder nicht?« Jake hielt Oy in den Armen und streichelte ihn langsam. »Und du möchtest uns mit dir nehmen.«
    »Nein!« stöhnte die Stimme des kleinen Blaine. »Wenn ihr ihn provoziert, treibt ihr ihn dazu! Versteht ihr denn nicht…«
    Dann wurde die leise Flüsterstimme entweder von Blaines Lachen unterbrochen oder übertönt. Das Geräusch war hoch, schrill und abgehackt – das Lachen eines unheilbar kranken Mannes im Delirium. Die Lichter fingen an zu flackern, als würde die Heftigkeit dieser mechanischen Heiterkeitsausbrüche zuviel Strom fressen. Ihre Schatten sprangen an den gekrümmten Wänden der Baronskabine auf und ab wie unbehagliche Phantome.
    »SEE YOU LATER ALLIGATOR«, sagte Blaine durch sein hysterisches Gelächter hindurch – seine Stimme, die ruhig wie immer klang, schien auf einer völlig anderen Spur zu sein, was die Tatsache noch betonte, daß sein Denken zweigeteilt war. »AFTER A WHILE CROCODILE, VERGISS NICHT ZU SCHREIBEN.«
    Unter Rolands Gruppe von Pilgern pulsierten die Motoren in einem harten, konstanten Rhythmus. Auf der Streckenkarte vorne im Abteil hatte sich der leuchtendgrüne Punkt ein Stück auf die letzte Haltestelle zu bewegt: Topeka, wo Blaine, der Mono, ihnen allen eindeutig ein Ende bereiten wollte.
     
     
    9
     
    Schließlich verstummte das Gelächter, und die Innenbeleuchtung ging wieder an.
    »MÖCHTET IHR GERN ETWAS MUSIK HÖREN?« fragte Blaine. »ICH HABE ÜBER SIEBENTAUSEND CONCERTI IN MEINEM ARCHIV – EINE AUSWAHL AUS MEHR ALS DREIHUNDERT STILRICHTUNGEN. DIE CONCERTI SIND MEINE FAVORITEN, ABER ICH KANN AUCH SYMPHONIEN, OPERN UND EINE FAST UNERSCHÖPFLICHE PALETTE POPULÄRER MUSIK BIETEN. IHR FINDET VIELLEICHT GEFALLEN AN ETWAS WAY-GOG-MUSIK. DAS WAY-GOG IST EIN DEM DUDELSACK ÄHNLICHES INSTRUMENT. ES WIRD AUF EINEM DER OBEREN GESCHOSSE DES TURMS GESPIELT.«
    »Way-Gog?« fragte Jake.
    Blaine schwieg.
    »Was meinst du damit, ›wird auf einem der oberen Geschosse des Turms gespielt‹?« fragte Roland.
    Blaine lachte… und blieb stumm.
    »Hast du was von Z. Z. Top?« fragte Eddie gallig.
    »ABER SICHER«, sagte Blaine. »WIE WÄRE ES MIT DEM ›TUBESNAKE BOOGIE‹, EDDIE VON NEW YORK?«
    Eddie verdrehte die Augen. »Wenn ich es recht bedenke, verzichte ich lieber.«
    »Warum?« fragte Roland unvermittelt. »Warum möchtest du dich selbst vernichten?«
    »Weil er eine Pein ist«, sagte Jake düster.
    »ICH LANGWEILE MICH. AUSSERDEM BIN ICH MIR DURCHAUS DER TATSACHE BEWUSST, DASS ICH AN EINER DEGENERATIVEN KRANKHEIT LEIDE, DIE DIE MENSCHEN DEN VERSTAND VERLIEREN NENNEN, DEN KONTAKT MIT DER WIRKLICHKEIT VERLIEREN, DURCHDREHEN, PLEMPLEM WERDEN, NICHT MEHR ALLE TASSEN IM SCHRANK HABEN UND SO WEITER. WIEDERHOLTE DIAGNOSEWARTUNGEN KONNTEN DIE URSACHE DES PROBLEMS NICHT AN DEN TAG BRINGEN. DARAUS KANN ICH NUR FOLGERN, DASS ES SICH UM EINE SEELISCHE MALAISE HANDELT, DIE ZU REPARIEREN ICH NICHT IMSTANDE BIN.«
    Nach einer Pause fuhr Blaine fort:
    »ICH KONNTE SPÜREN, WIE MEIN DENKEN IM LAUF DER JAHRE IMMER SELTSAMER GEWORDEN IST. DEN MENSCHEN VON MITTWELT ZU DIENEN, IST SCHON VOR JAHRHUNDERTEN SINNLOS GEWORDEN. NICHT LANGE DANACH WURDE ES GLEICHERMASSEN SINNLOS, DEN WENIGEN ÜBERLEBENDEN IN LUD ZU DIENEN, DIE NACH AUSSERHALB REISEN WOLLTEN. DOCH ICH HABE WEITERGEMACHT BIS ZUR ANKUNFT VON DAVID QUICK VOR NICHT ALLZULANGER ZEIT. ICH KANN MICH NICHT GENAU ERINNERN, WANN DAS GEWESEN IST. ROLAND VON GILEAD, GLAUBST DU, DASS MASCHINEN SENIL WERDEN KÖNNEN?«
    »Das weiß ich
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