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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling.
Autoren: Ken Follett
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Weiter hinten im Gang stand einer seiner Doppelgänger.
    Aber welcher? Der Mann rieb sich die Handgelenke, als wären sie wund. Auf beiden Wangen war ein roter Fleck, der so aussah, als stamme er von einem strammen Knebel. Also war es Harvey, der die ganze Nacht über gefesselt gewesen war.
    Er blickte auf, und ihre Blicke kreuzten sich.
    Sie starrten einander an. Für jeden war es, als blicke er in einen Spiegel. Steve bemühte sich, mehr als nur Harveys Äußeres zu sehen. Er wollte seine Miene lesen, in sein Herz blicken und das Krebsgeschwür erkennen, das ihn böse machte. Doch das gelang ihm nicht. Alles, was er sah, war ein junger Mann, der genauso aussah wie er selbst. Ein junger Mann, der auf der gleichen Straße gegangen war - und dann an einer Abzweigung eine andere Richtung eingeschlagen hatte.
    Er riß seinen Blick von Harvey los und betrat den Regency Room.
    Dort war die Hölle los. Jeannie und Lisa waren von Kameraleuten umringt. Bei ihnen stand ein Klon - nein, es waren zwei, drei sogar! Er zwängte sich zu ihnen durch. »Jeannie!« sagte er.
    Sie sah ihn verblüfft an.
    »Das ist ja Steve!« sagte sie.
    Neben ihr stand Mish Delaware.
    »Wenn Sie Harvey suchen«, sagte Steve zu Mish, »der steht draußen im Flur und wartet auf den Lift.«
    Mish wandte sich an Jeannie: »Können Sie mit Bestimmtheit sagen, um welchen es sich handelt?«
    »O ja, das kann ich.« Jeannie sah Steve in die Augen und sagte: »Ich spiele selbst ein bißchen Tennis.«
    Er grinste. »Wenn Sie nur ein bißchen Tennis spielen, sind Sie wahrscheinlich nicht in meiner Liga.«
    »Gott sei Dank!« sagte Jeannie und fiel ihm um den Hals. Er lächelte und beugte sich ein wenig vor. Dann küßten sie sich.
    Alle Kameras schwenkten auf sie ein. Ein Blitzlichtgewitter entlud sich - und am nächsten Morgen prangte ihr Bild rund um die Welt auf den Titelseiten der Zeitungen.

 
EPILOG
    Forest Lawns erinnerte an ein vornehmes Hotel der alten Schule; es gab Blümchentapeten, Porzellan-Nippes in Glas vitrinen, und da und dort stand ein Tischchen mit zierlichen Beinen. Statt nach Desinfektionsmitteln duftete es nach Gewürzsträußchen, und das Personal sprach Jeannies Mutter mit »Mrs. Ferrami« an anstatt mit »Maria«. Mom wohnte in einem eigenen kleinen Apartment mit einem Vorzimmer, in dem sie Gäste empfan gen und zum Tee bitten konnte.
    »Das ist Steve, mein Mann, Mom«, sagte Jeannie. Steve setzte sein charmantestes Lächeln auf und gab ihr die Hand.
    »Was für ein gutaussehender junger Mann«, sagte Mom. »Was machen Sie beruflich, Steve?«
    »Ich studiere Jura.«
    »Jura. Na, dann stehen Ihnen ja alle Wege offen.«
    Zwischen längeren Phasen geistiger Verwirrung hatte Mom immer wieder lichte Augenblicke.
    »Daddy kam zu unserer Hochzeit«, sagte Jeannie.
    »Wie geht es deinem Vater, mein Kind?«
    »Danke, gut. Er ist inzwischen zu alt, um andere Menschen zu be stehlen, deshalb schützt er sie jetzt. Er hat einen privaten Wach- und Sicherheitsdienst aufgezogen. Die Firma läuft ganz gut.«
    »Ich habe ihn schon seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Doch, Mom, er besucht dich ab und zu. Aber das vergißt du.« Jeannie wechselte das Thema. »Du siehst gut aus.« Ihre Mutter trug ein hübsches, buntgestreiftes Hemdblusenkleid. Sie hatte eine Dauerwelle, und ihre Fingernägel waren manikürt. »Gefällt es dir hier? Es ist schöner als im Bella Vista, meinst du nicht auch?«
    Mom wirkte auf einmal besorgt. »Aber wie sollen wir das bezahlen, Jeannie? Ich habe doch kein Geld.«
    »Ich habe einen neuen Job, Mom. Ich kann es mir leisten.«
    »Was ist das denn für ein Job?«
    Jeannie sagte es ihr, obwohl sie wußte, daß Mom es nicht verstehen würde. »Ich bin Leiterin des Gentechnischen Labors einer großen Firma namens Landsmann.«
    Michael Madigan hatte ihr die Stelle an geboten, nachdem ihm jemand ihr  
    Suchprogramm erklärt hatte. Das Gehalt war dreimal so hoch wie bei ihrem Job an der Universität. Was sie aber noch mehr reizte, war die Arbeit an sich: Sie stand nun an vor derster Front in der gentechnischen Forschung.
    »Das ist schön«, sagte Mom. »Oh – bevor ich es vergesse. Da war ein Bild von dir in der Zeitung. Ich habe es aufbewahrt.« Sie kramte einen Zeitungsausschnitt aus ihrer Handtasche, entfaltete ihn, strich ihn ein wenig glatt und reichte ihn Jeannie.
    Jeannie kannte den Ausschnitt längst, tat aber so, als sähe sie ihn zum erstenmal.
    Das Foto zeigte sie vor dem Ausschuß, den der Kongreß zur
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