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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten
Autoren: Boris Koch
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zuvor. Zu vieles verband sie, seit sie gemeinsam gegen die Ketzer in der alten Blausilbermine Trollfurts gekämpft hatten, die Nica einem gigantischen erwachenden Drachen opfern wollten, obwohl ihr Vater sie angeführt hatte. Auch gegen die ordenstreuen Rechtgläubigen Trollfurts hatten sie sich gewandt, denn diese hielten Ben für einen Mörder und wollten Drachen versklaven, indem sie ihnen die Flügel und damit den
freien Willen abhieben. Auf zwei geflügelten Drachen waren sie gemeinsam geflohen, und eine solche Freundschaft zerbrach nicht so schnell, auch wenn sich Ben in den letzten Wochen erst daran hatte gewöhnen müssen, dass die beiden ein Paar waren und er nur ihr Freund.
    Ben räusperte sich und rief lauter. Dabei konnte er den Blick nicht von dem Schlüssel abwenden. Mit einem Hemdzipfel reinigte er noch die letzten dreckigen Verzierungen, und nun schimmerte das Gold des Schlüssels so klar, als habe er bis gerade eben in der Auslage eines Goldschmieds gelegen und nicht tief in der Erde.
    »Was ist los?«, fragte Yanko, als er und Nica um die Ecke bogen.
    Ben hielt ihnen den Schlüssel entgegen und zeigte ihnen, wo er ihn gefunden hatte.
    »Ist das Gold? Echtes Gold?«, fragte Nica.
    Doch bevor sie ihn in die Hand nehmen konnte, griffYanko danach. »Heiliger Trollbollen! Das ist phantastisch gearbeitet. So was hab ich noch nie gesehen, der Schwung der Ohren, die feinen Schuppen. Jeder Zahn ist zu erkennen. Das ist ein Meisterwerk.«
    Ben grinste, als gelte das Kompliment ihm, obwohl er den Schlüssel nur gefunden, nicht gefertigt hatte. Yanko wusste, wovon er sprach, schließlich war sein Vater Schmied in Trollfurt.
    »Darf ich jetzt auch mal?«, fragte Nica spitz und sah Yanko mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Ähm, ja, klar«, sagte Yanko und reichte ihr hastig den Schlüssel.
    Ben grinste. Er konnte sich nicht erinnern, dass sich Yanko je untergeordnet hatte oder sich von irgendeinem Jungen
in Trollfurt hatte herumschubsen lassen, selbst wenn dieser zwei Köpfe größer und dreimal so breit gewesen war. Doch bei Nica sah es ganz anders aus.
    »Was hatte der Schlüssel unter der Schwelle verloren?«, fragte Yanko, während Nica das Kunstwerk bewundernd in den Händen drehte.
    »Ein Ersatzschlüssel für Notfälle?«, schlug Ben vor, ohne nachzudenken.
    »Klar, Schrumpfkopf. Und immer, wenn sich der Ritter versehentlich ausgesperrt hat, musste er den halben Weg vor der Tür aufreißen, um an den Schlüssel zu kommen. Er ist nie ohne Schaufel aus dem Turm gegangen, falls er den Schlüssel vergessen sollte. Sehr sinnvoll! Ersatzschlüssel müssen leicht zu erreichen sein.«
    »Selbstverständlich. Am besten an einem beschrifteten Haken gleich neben dem Burgtor. Da freut sich dann jeder Belagerer, weil er gar keine Armee mehr mitbringen muss, um deine Burg einzunehmen. Krötenfurzer!«
    »Schlammtrinker!«
    »Drachenkottaucher!«
    »Eiterkopf!«
    »Dreifach bepisster...«
    »Jungs!«, rief Nica, und Ben und Yanko hörten auf, einander anzuknurren und sahen sie an. »Ich glaube nicht, dass das ein Ersatzschlüssel ist.«
    »Sage ich doch...«, murmelte Yanko.
    »Sohlenlecker«, zischte Ben.
    »Das muss irgendein Zauber sein.« Nica hielt den Schlüssel gegen den wolkenlosen blauen Himmel direkt über der Ruine und starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Eine Schwelle ist ein mächtiger Ort für einen Zauber. Und
eine normale Tür kann man mit diesem Ding auf keinen Fall öffnen.«
    Die beiden Jungen nickten. Unwillkürlich blickte Ben in das runde Turmzimmer hinein, doch dort hatte sich nichts verändert. Noch immer fiel das Sonnenlicht durch die drei Fenster herein, noch immer lagen ihre wenigen Habseligkeiten über den staubigen Boden verstreut, und auch an den Wänden hatte sich keine weitere Tür geöffnet. Nica und Yanko sahen sich ebenfalls um und schienen auf etwas zu lauschen, als müsste sich eine Veränderung mit einem Geräusch ankündigen. Die Vögel sangen noch immer, die Drachen schnauften in aller Gemütlichkeit.
    »Heißt das, ich habe jetzt irgendeinen Zauber zerstört?«, fragte Ben leise. »Ich meine, indem ich ihn ausgegraben habe?«
    Seine Freunde zuckten mit den Schultern und sahen zu Boden. Ihnen war sichtlich unwohl bei diesem Gedanken. Yanko räusperte sich und brummte: »So verfallen, wie die Ruine ist, hat hier bestimmt kein Zauber mehr gewirkt.« Doch es klang weder überzeugt noch überzeugend.
    »Lasst uns mal rumschauen, vielleicht hat sich ja doch etwas
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