Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dienstagabend-Club

Der Dienstagabend-Club

Titel: Der Dienstagabend-Club
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Inspektor ihm bei. »Sandford ist unser Mann. Er steckt in der Klemme. Es ist alles sonnenklar. Meiner Ansicht nach gingen Vater und Tochter darauf aus, ihn zu erpressen. Er hat nicht viel Geld – außerdem wünschte er nicht, dass es seiner Braut zu Ohren kam. In seiner Verzweiflung hat er dann einfach gehandelt. Was meinen Sie dazu, Sir?«
    Mit diesen Worten wandte er sich ehrerbietig an Sir Henry.
    »Es sieht ja wohl so aus«, gab Sir Henry zu. »Und doch kann ich mir Sandford kaum als einen gewalttätigen Menschen vorstellen.«
    Aber schon während er das sagte, kam es ihm zum Bewusstsein, dass dies kein triftiger Einwand war. Selbst das schwächste Tier vermochte, in die Enge getrieben, Erstaunliches zu vollbringen.
    »Aber ich möchte gern noch den Jungen sehen«, sagte er plötzlich. »Den Jungen, der den Schrei gehört hat.«
     
    Jimmy Brown entpuppte sich als ein intelligenter Bursche, etwas klein für sein Alter und mit einem scharfen, ziemlich listigen Ausdruck im Gesicht. Mit größter Bereitwilligkeit ließ er sich vernehmen und war ein wenig enttäuscht, als er in seiner dramatischen Schilderung der Vorgänge des verhängnisvollen Abends unterbrochen wurde.
    »Du warst also auf der andern Seite der Brücke, wie ich höre«, sagte Sir Henry. »Jenseits des Flusses, vom Dorf aus gesehen. Hast du dort jemanden gesehen, als du über die Brücke gingst?«
    »Da war jemand, der im Wald spazieren ging. Mr Sandford war es, glaube ich, der Architektenherr, der das verrückte Haus baut.«
    Die drei Männer blickten einander an. »War das etwa zehn Minuten, bevor du den Schrei hörtest?«
    Der Junge nickte.
    »Hast du sonst noch jemanden gesehen, vielleicht auf der Dorfseite des Flusses?«
    »Auf der Seite kam ein Mann den Pfad entlang. Er ging ganz langsam und pfiff vor sich hin. Es hätte Joe Ellis sein können.«
    »Du konntest ihn doch unmöglich erkennen«, sagte der Inspektor mit scharfer Stimme. »Es war ja fast dunkel und so neblig.«
    »Es ist wegen des Pfeifens«, erwiderte der Junge. »Joe Ellis pfeift immer dieselbe Melodie – die einzige, die er kennt.«
    »Jeder kann schließlich eine Melodie pfeifen«, meinte Melchett. »Ging er auf die Brücke zu?«
    »Nein, in entgegengesetzter Richtung – nach dem Dorf zu.«
    »Ich glaube nicht, dass wir uns mit diesem Unbekannten zu befassen brauchen«, erklärte Melchett. »Du hörtest also den Schrei und das Aufklatschen und sahst wenige Minuten später die Leiche flussabwärts treiben. Dann bist du, um Hilfe zu holen, zur Brücke gerannt, hast sie überquert und den direkten Weg zum Dorf eingeschlagen. Hast du dabei irgendjemanden in der Nähe der Brücke gesehen?«
    »Ich glaube, es waren zwei Männer mit einer Schiebkarre auf dem Flusspfad; aber sie waren etwas weiter weg, und ich könnte nicht sagen, ob sie gingen oder kamen, und Mrs Giles’ Haus lag am nächsten. Also bin ich dorthin gelaufen.«
    »Hast deine Sache gut gemacht, mein Junge«, lobte Melchett. »Du hast sehr lobenswert und mit großer Geistesgegenwart gehandelt. Du bist wohl ein Pfadfinder, wie?«
    »Ja, Sir.«
    »Sehr gut. Wirklich sehr gut.«
    Sir Henry war schweigsam – in Gedanken versunken. Er zog einen Zettel aus der Tasche, warf einen Blick darauf und schüttelte den Kopf. Es schien nicht möglich – und doch…
    Er hielt es für angebracht, Miss Marple einen Besuch abzustatten. Sie empfing ihn in ihrem hübschen, etwas vollgepfropften altmodischen Salon.
    »Ich bin gekommen, um Bericht zu erstatten«, begrüßte er sie. »Leider stehen die Dinge von unserm Standpunkt aus nicht allzu rosig. Sie sind im Begriff, Sandford zu verhaften, und ich muss sagen, ihre Handlungsweise erscheint mir richtig.«
    »Sie haben dann also nichts entdeckt, das – wie soll ich sagen – meine Theorie stützt?« Sie blickte ganz perplex drein, auch etwas besorgt. »Vielleicht habe ich mich geirrt, sehr geirrt. Sie haben eine so große Erfahrung. Sie würden es bestimmt herausgefunden haben, wenn es sich so verhielte.«
    »Einmal kann ich es kaum glauben«, sagte Sir Henry. »Und zum andern stehen wir einem unantastbaren Alibi gegenüber. Joe Ellis hat den ganzen Abend an einem Schrank in der Küche gearbeitet, und Mrs Bartlett hat dabeigestanden und ihm zugesehen.«
    Miss Marple beugte sich schnell atmend vor.
    »Aber das kann ja nicht sein«, erklärte sie. »Es war doch Freitagabend.«
    »Wieso Freitagabend?«
    »Freitagabend liefert Mrs Bartlett doch die fertige Wäsche bei den verschiedenen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher