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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3
Autoren: Bastian Sick
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solchen geben wird, bleibt abzuwarten. Einige prominente Verweigerer haben bereits signalisiert, dass sie ihren Widerstand gegen die neue Orthografie aufgeben werden. Andere wollen von der Reform nach wie vor nichts wissen. Dem Gesetzgeber tut es längst leid, dass er die Rechtschreibung jemals zur Reformsache gemacht hat. Zwischenzeitlich tat es ihm Leid (mit großem »L«), und nun doch wieder leid. Die Lehrer und Schüler, die von »leid tun« erst auf »Leid tun« umdenken mussten und sich nun an »leidtun« gewöhnen sollen, können einem nur leid ... Leid ... also, die kann man nur bedauern.
     
    Der zähe Reformprozess hat aber nicht nur Verwirrung gestiftet und Verdruss gebracht, er hatte auch sein Gutes: In regelmäßigen Abständen sorgte er dafür, dass unser wertvollstes Kulturgut – die Sprache – ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt wurde. Außerdem hat er die Intellektuellen hierzulande zehn Jahre lang geistig in Bewegung gehalten. Ohne Reformstreit würden sich viele vermutlich langweilen.
    Seit Juli 2006 liegt die 24. Auflage des Dudens vor, die noch übersichtlicher und bunter ist als die 23. Auflage aus dem Jahr 2004: Die alten Schreibweisen sind schwarz gedruckt, die neuen sind rot , und gelb unterlegt sind die Duden-Empfehlungen. Nun wissen wir auch, wofür die Farben der Deutschlandfahne stehen: Schwarz für Tradition, Rot für Veränderung und Gelb für das jeweils Sinnvollste aus beidem. Doch nicht alle sind mit der Neufassung der Mannheimer Bibel zufrieden. Angeblich seien die Regelungen des Reformwerkes darin nicht immer so wiedergegeben, wie sie von der Kommission beschlossen wurden, behauptet Hans Zehetmair. Schon fragen sich die bangen Untertanen: Muss Konrad Duden jetzt ins Gefängnis? Wir sehen: Das letzte Wort in Sachen Rechtschreibung ist noch nicht gesprochen. Gott sei Dank!
    Zuletzt will auch ich eine Empfehlung abgeben: Wer sich an den Delfin mit »f« partout nicht gewöhnen mag, der soll ihn ab sofort Phlipper schreiben.
    3 Siehe hierzu auch den Abc-Eintrag »Albtraum/Alptraum« auf S. 211.

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    Zweifach doppelt gemoppelt
    Ein alter Greis, der im dichten Gedränge verschwindet, ein schneller Raser, der auf einer Baumallee verunglückt ist – so etwas hört und liest man manchmal ab und zu. Streng genommen sind solche Wortpaare und Zusammensetzungen jedoch unsinnig – doppelt gemoppelt nämlich.
    Denn Greise sind immer alt, und im Gedränge steht man immer dicht an dicht. Raser würden nicht Raser genannt, wenn sie nicht tatsächlich schnell führen, und ohne Bäume wären Alleen auch keine Alleen, sondern gewöhnliche Straßen. Solche Bedeutungsverdopplungen nennt man Pleonasmen. Das kommt aus dem Griechischen und bedeutet »Überfluss«, »Übermaß« – bezogen auf den sprachlichen Stil also eine überflüssige Häufung sinngleicher oder sinnverwandter Begriffe. So erklärt es auch der Duden und führt als Beispiele den weißen Schimmel und den schwarzen Rappen an.
    Pferdeliebhaber indes wissen, dass Schimmel längst nicht immer weiß sind, sondern in der Regel dunkel geboren werden und erst im Laufe der Zeit aufhellen. So gibt es Schimmel in allen möglichen Schattierungen: als Apfelschimmel, Fliegenschimmel, Fuchsschimmel, Rotschimmel und Blauschimmel (nicht zu verwechseln mit Käse), als Grauschimmel, Braunschimmel und sogar als Schwarzschimmel. Ein weißer Schimmel ist also keine Selbstverständlichkeit.
    Auch hinter »kleinen Zwergen« muss nicht zwangsläufig ein Pleonasmus stecken. Denn alles ist bekanntlich relativ, und wer wollte ernstlich behaupten, dass alle Zwerge gleich groß (oder gleich klein) seien? Einige mögen größer sein als andere, und nicht umsonst heißt es im Volksmund: Auch Zwerge haben mal klein angefangen.
    Eng verwandt mit Pleonasmen sind Tautologien, das sind gleichbedeutende Wörter derselben Wortart, also Wortpaare wie »angst und bange«, »ganz und gar«, »immer und ewig«, »schlicht und einfach«, »nie und nimmer«, »schließlich und endlich«, »aus und vorbei«, »still und leise«. Diese Doppelungen gelten als rhetorische Stilmittel und sind daher über jede sprachliche Kritik erhaben.
    Natürlich können auch Pleonasmen als bewusst eingesetztes Stilmittel dienen. Oftmals allerdings entstehen sie aus schlichter Unwissenheit. Das betrifft vor allem die Zusammensetzungen aus Fremdwörtern und deutschen Vorsilben. Wer hätte nicht schon einmal von einem »vorprogrammierten Chaos« gesprochen – wiewohl ein
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