Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Kosaken und Lesghiern, jener prächtigen Reiterleibwache in den brillanten Uniformen des Kaukasus.
    Jener hochgewachsene Mann mit freundlichem Gesicht, ruhiger Physiognomie, aber bisweilen sorgenvoller Stirn, ging leutselig von einer Gruppe zur andern, sprach aber wenig und schien selbst weder den heiteren Gesprächen der jüngern Welt eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken, noch den ernsteren Worten seiner höchsten Staatsbeamten oder der Mitglieder des diplomatischen Corps, welche die Hauptstaaten Europas an seinem Hofe vertraten. Zwei oder drei dieser scharfsichtigen Politiker – geborene Physiognomiker, – glaubten auf dem Antlitz ihres hohen Wirths einige Zeichen von Unruhe bemerkt zu haben, deren Ursache ihnen zwar unerklärlich blieb, aber ohne daß Einer derselben sich erlaubt hätte, eingehender danach zu forschen. Auf jeden Fall lag es, daran war gar nicht zu zweifeln, in der Absicht des Officiers der Gardejäger, durch seine Geheimnisse die Festesfreude in keiner Weise zu beeinträchtigen, und da er einer der seltenen Fürsten war, dem fast eine ganze Welt, sogar im Gedanken, zu gehorchen sich gewöhnt hatte, so wurden auch die Vergnügungen des Balles nicht einen Augenblick unterbrochen.
    Indessen wartete General Kissoff von dem Officier, dem er das Telegramm aus Tomsk überreicht hatte, auf die Erlaubniß, sich zurückziehen zu dürfen; aber jener verharrte in Schweigen. Er hatte das Blatt angenommen, durchlesen und mehr und mehr Wolken lagerten sich auf seine Stirne. Unwillkürlich faßte seine Hand nach dem Degengriff und erhob er diese wieder bis an die Augen, welche er einen Augenblick bedeckte. Es schien, als blende ihn der Schein der tausend Flammen und als suche er etwas Schatten, um besser in sein Inneres blicken zu können.
    »Wir sind also, begann er wieder, nachdem er den General Kissoff in eine Fensternische geführt, seit gestern ohne alle Verbindung mit dem Großfürsten?
    – Ohne Verbindung, Sire, und es steht zu befürchten, daß die Depeschen bald nicht einmal die Grenze Sibiriens mehr überschreiten können.
    – Aber die Truppen des Amurgebietes, sowie die von Transbaikalien haben die Ordre empfangen, sofort nach Irkutsk aufzubrechen?
    – Diesen Befehl enthielt das letzte Telegramm, welches über den Baikalsee hinaus zu senden möglich war.
    – Doch mit den Gouvernements Jeniseisk, Omsk, Semipalatinsk und Tobolsk stehen wir seit Beginn des Einfalls stets in directer Communication?
    – Gewiß, Sire, dahin gelangen unsere Depeschen, und wir sind sicher, daß die Tartaren zur Stunde den Irtysch und Obi noch nicht überschritten haben.
    – Und von dem Verräther Iwan Ogareff hat man noch keine weitere Kunde?
    – Nein, antwortete General Kissoff; der Polizeichef vermag nicht zu sagen, ob jener die Grenze überschritten hat oder nicht.
     

    »Wahrlich, mein Herr, dieses kleine Fest ist reizend.« (S. 13.)
     
    – Sein Signalement werde sofort nach Nishny-Nowgorod, Perm, Jekaterinburg, Kassimow, Tinmen, Ichim, Omsk, Elamsk, Keliwan, Tomsk und überhaupt nach allen Stationen gesandt, mit denen wir noch in telegraphischem Verkehr stehen.
    – Ew. Majestät Befehle werden unverzüglich ausgeführt werden, erwiderte der General.
    – Kein Wort über alles Dieses!«
    Nach einem stummen Zeichen ehrfurchtsvoller Ergebenheit verneigte sich der General, mischte sich erst unbefangen unter die Gäste, verließ aber bald die Salons, ohne daß sein Verschwinden irgend welches Aufsehen erregte.
    Der Officier blieb träumerisch noch kurze Zeit stehen, und als er sich den verschiedenen Gruppen von Diplomaten und Militärs wieder näherte, hatte sein Gesicht die einen Augenblick verlorene Ruhe vollständig wiedergefunden.
    Die sehr ernste Ursache jener schnell gewechselten Worte war aber keineswegs so unbekannt, als der Gardejägerofficier und der General Kissoff glauben mochten. Man sprach zwar nicht officiell davon, ja nicht officiös, da die Zungen jetzt noch nicht gelöst waren, aber verschiedene hochgestellte Personen hatten doch mehr oder weniger genaue Berichte erhalten über die Vorgänge jenseit der Grenze.
    Was man nur so vom Hörensagen wußte, davon unterhielt man sich nicht, nicht einmal die Mitglieder der Diplomatie untereinander; zwei Eingeladene, welche weder eine Uniform, noch sonst welche Auszeichnung als berechtigt zu dieser Festlichkeit kennzeichnete, sprachen mit gedämpfter Stimme über diese Angelegenheit und schienen sehr genaue Informationen zu besitzen.
    Auf welchem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher