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Der Coach

Titel: Der Coach
Autoren: John Grisham
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ist. Immerzu hört man seine Stimme, die einen dazu antreibt, sich wieder aufzurappeln, es besser zu machen und niemals aufzugeben. Man vermisst diese Stimme. Sobald man weg ist von Coach Rake, vermisst man ihn ganz furchtbar.«
    Neely musste sich zusammenreißen. Entweder ich höre jetzt auf, dachte er, oder ich blamiere mich bis auf die Knochen. Er warf einen Blick zu Silo hinüber, der die Faust ballte, als wollte er sagen: »Bring es zu Ende, und zwar schnell.«
    »Ich habe in meinem Leben fünf Menschen geliebt«, sagte Neely und blickte tapfer in die Menge. Seine Stimme drohte zu versagen, doch er biss die Zähne zusammen und zwang sich weiterzusprechen. »Meine Eltern, ein gewisses Mädchen, das heute hier ist, meine Exfrau und Eddie Rake.«
    Einen langen, schmerzhaften Moment rang er um Fassung. Dann sagte er: »Und jetzt höre ich auf zu reden.«
    Pastor McCabe sprach den Segen und entließ die Menge, doch kaum jemand rührte sich. Die Stadt war noch nicht bereit, sich für immer von ihrem Coach zu verabschieden. Die Spieler erhoben sich von ihren Plätzen und scharten sich um Miss Lila und die Familie, und die Stadt schaute von der Tribüne aus zu.
    Der Chor stimmte ein leises Spiritual an, und einige wenige Leute gingen langsam zum Haupttor hinüber.
    Jeder Spieler wollte ein paar Worte mit Jesse Trapp reden, als könnte ein bisschen Smalltalk dessen unwiderrufliche Rückkehr ins Gefängnis noch eine Weile hinausschieben. Nach etwa einer Stunde warf Rabbit den John-Deere-Rasenmäher an und begann, die südliche Endzone zu mähen. Immerhin stand ja am Abend ein Spiel an. Fünf Stunden blieben noch bis zum Kickoff gegen Hermantown.
    Schließlich entfernte sich Miss Lila mit ihrer Familie vom Zelt, und die Spieler folgten ihnen langsam. Ein paar Arbeiter bauten das Zelt rasch ab und räumten die Plane und die Klappstühle weg. Die Bänke der Heimmannschaft wurden gerade gerückt und in einer Reihe aufgestellt. Eine erfahrene Gruppe aus Mitgliedern des Fanklubs, die für die Markierung des Spielfelds zuständig war, machte sich eilig an die Arbeit, denn man lag bereits hinter dem Zeitplan zurück.
    Natürlich bewunderte man Rake aus tiefstem Herzen, doch die Linien mussten nun einmal nachgezogen und das Logo an der Mittellinie aufgefrischt werden. Auch die Cheerleader kamen und hängten eifrig handbemalte Transparente an den Zaun rund um das Spielfeld. Dann machten sie sich an einer Nebelmaschine zu schaffen, die den Einzug des Teams durch die Endzone dramatischer gestalten sollte, und banden hunderte Luftballons an die Goalposts. Für sie war Rake nichts weiter als eine Legende. In diesem Augenblick hatten sie an Wichtigeres zu denken.
    Aus der Ferne, auf einem der Trainingsfelder, hörte man die Kapelle die Instrumente stimmen und Einsätze proben.
    Football lag in der Luft. Der Freitagabend rückte mit großen Schritten näher.
    Am Eingangstor schüttelten die Spieler einander die Hand, umarmten sich und tauschten die üblichen Versprechungen aus, sich in Zukunft häufiger zu treffen. Einige fotografierten rasch die Überreste früherer Teams. Noch ein paar Umarmungen, noch ein paar Versprechungen, noch ein paar lange, traurige Blicke auf das Feld, auf dem sie früher gespielt hatten, unter dem großen Eddie Rake.
    Dann gingen sie.
    Das Team von 1987 traf sich in Silos Blockhaus ein paar Kilometer außerhalb der Stadt. Es war eine alte Jagdhütte mitten im Wald, am Ufer eines kleinen Sees. Silo hatte einiges Geld hineingesteckt: Es gab einen Swimmingpool, auf verschiedenen Ebenen drei Terrassen zum Faulenzen und einen nagelneuen Steg, der fünfzehn Meter weit in den See hineinragte und zu einem kleinen Bootshaus führte. Auf der unteren Terrasse waren zwei von Silos Angestellten, zweifellos hoch qualifizierte Autoknacker, damit beschäftigt, Steaks zu grillen. Nat Sawyer hatte eine Kiste mit geschmuggelten Zigarren mitgebracht. Zwei kleine Bierfässer lagen auf Eis.
    Nach und nach kamen alle zum Bootshaus hinüber, wo Silo, Neely und Paul bereits in Liegestühlen saßen, sich Sticheleien an den Kopf warfen, Witze erzählten und über alles Mögliche redeten, nur nicht über Football. Man nahm die Bierfässer in Angriff. Die Witze wurden zunehmend schlüpfriger, das Gelächter immer lauter. Gegen sechs waren die Steaks fertig.
    Ursprünglich hatten sie vorgehabt, sich am Abend das Spiel der Spartans anzuschauen, doch nun sprach niemand mehr vom Aufbruch. Beim Kickoff wären die meisten ohnehin nicht mehr in
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