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Der Club der Teufelinnen

Titel: Der Club der Teufelinnen
Autoren: Goldsmith Olivia
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Augenbrauen hoch. »Apropos dünne, reiche, blonde Zicken: Schau mal, wer da kommt.«
    Annie wandte sich um und sah ihre andere Freundin, Elise Atchison auf sie zukommen.
    »Annie!« Elise hauchte ein angedeutetes Küßchen in die Luft neben Annies Wange. »Ist das nicht schrecklich?« Elise sah noch blasser aus als sonst, die delikaten Züge leicht gedunsen, mit einem Anflug von Schatten unter den Augen. »Ich konnte Bill heute morgen nicht erreichen. Er wird es also nicht schaffen.«
    »Hallo«, sagte Brenda laut. »Brenda Cushman.« Elise nickte ihr zu und meinte zu Annie gewandt: »Es fängt an.«
    Die drei Frauen betraten Raum D, Elise als erste, Brenda folgte, und dann Annie, die ihnen die Tür aufgehalten hatte. Brenda hatte kaum durch den Türrahmen gepaßt, und zum zigtausendsten Mal wünschte sich Annie, daß es ihr gelingen möge, Brenda zu überreden, sich den Anonymen Übergewichtigen anzuschließen oder eine andere Therapie zu beginnen, um ihr Gewicht zu reduzieren. Sie hatte ihr ein Exemplar von Hunger nach Liebe: Frauen und Eßzwang gegeben. Brenda hatte nichts gesagt, sondern ihr ein Exemplar von Übergewicht – ein feministisches Argument geschickt.
    Raum D war nur zur Hälfte besetzt. »Sagte ich doch, daß wir zu früh sind«, zischte Brenda, dabei war es bereits fünf nach zehn. Annie hatte einen Bonsai-Buchsbaum mitgebracht, den sie selbst gezogen und den Cynthia sehr bewundert hatte. Aber sie wußte nicht so recht, wo sie ihn hinstellen sollte, auf jeden Fall jedoch neben den Sarg. Die Leere verstärkte jedes Geräusch. Schließlich folgte sie Elise und Brenda in eine der Sitzreihen.
    Sie spürte wie viele Liebenden, daß Aaron sich im Raum befand. Vorsichtig blickte sie sich um. Ja, dort stand er, auf der anderen Seite, ziemlich weit vorne. Ihr Herz schlug schneller. Unter Millionen würde sie seinen Rücken erkennen: an seinem dunklen, stets glänzenden Haar, an seinem starken, rosig-braunen Nacken. Sogar von hinten sah Aaron so viel vitaler, lebendiger aus als andere Menschen.
    Es machte nichts, daß er sie verlassen hatte. Es machte noch nicht einmal etwas aus, daß er die Scheidung gewollt hatte. Liebe war nicht einfach abzudrehen wie ein Wasserhahn. Sie konnte wohl lernen – und hatte es gelernt –, ohne ihn auszukommen, aber sie konnte nicht aufhören, ihn zu lieben. Noch immer machte sie sich Hoffnungen. Das war beschämend und ihr Geheimnis, aber es war die Wahrheit. Sie schaute zu Brenda und Elise neben ihr. Erstere war geschieden und letztere wurde von ihrem Mann regelrecht vernachlässigt. Alles einsame Frauen. Wie Cynthia.
    Ein paar andere Frauen hatten sich noch eingefunden. Die eine oder andere kannte Annie. Außer einem weiteren Herrn schien Aaron der einzige Mann unter den Anwesenden zu sein. Doch da kam noch jemand. Annie erkannte einen der Partner aus der Anwaltskanzlei von Cromwell Reed, einem alteingesessenen Unternehmen, das seit Generationen die Interessen von Cynthias Familie vertreten hatte. Auch dies Erscheinen heute – eine rein geschäftliche Angelegenheit. Alles in allem waren sie ungefähr ein Dutzend, die sich im Raum verteilten.
    »Wo bleibt der Scheißkerl?« Einen Augenblick lang glaubte Annie, Brendas geflüsterte Frage bezöge sich auf Aaron. Mit einem Kopfnicken wies sie in seine Richtung.
    »Der doch nicht. Ich meine den von Cynthia.« Tatsächlich. Auch Annie begann sich zu fragen, wo Gil blieb. Vielleicht wartete er im Nebenraum, um gleich die Ansprache zu halten. Der Sarg stand vorn auf einer drapierten Bahre. Es gab nur ein einziges Blumenarrangement, und das aus roten Rosen. Wie scheußlich. Cynthia hatte rote Rosen nie leiden können. Warum habe ich mich nicht wenigstens darum gekümmert, dachte Annie. Eigentlich hätte Cynthias Familie hier etwas mehr tun können.
    Aber wer war eigentlich noch übrig von ihrer Familie? Es gab keine Eltern mehr, keine Kinder, keine Ehe. Außer Stuart Swann, Cynthias Bruder. Wo war er? Auch wenn beide schon seit längerem keinen Kontakt mehr miteinander gehabt hatten, würde er Cynthia diesen letzten Liebesdienst erweisen wollen. Immerhin wußte er, was sich gehörte. Annie erinnerte sich an Cynthia und ihre Bemerkung damals im Krankenhaus: »Meine Mutter hat mich nie geliebt.« Vielleicht überhaupt niemand. Tränen stiegen in Annies Augen. Alles war so schrecklich sinnlos.
    Und wieder überkam sie das Gefühl der eigenen Einsamkeit. Cynthia fehlte ihr, sie sehnte sich nach ihren beiden Söhnen, und sie sehnte
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