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Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)

Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)

Titel: Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
Autoren: Alex Seinfriend
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nachlässt und ich wieder normal denken kann. Leider ist das Gegenteil der Fall: Es wird von Tag zu Tag heftiger! Ob das Liebe ist, wenn man so sehr mit jemandem zusammen sein will, dass es schon wehtut? Grau ist ja gar kein Ausdruck! Irgendwie scheint auch alles unscharf und vor allem unwichtig zu werden …
    „Finn!“ Mein Vater klingt jetzt richtig wütend. Keine Ahnung, woran ich das immer merke, aber es ist eine kleine Nuance in seiner Stimme und ich weiß sofort, dass es ernst wird.
    „Jaahaa!“, rufe ich möglichst beschwichtigend. Ich beeile mich so sehr, dass ich meine Zahnbürste und die Tube Blend-A nur in die Jeanshose stecke. Heute ist der letzte Tag und irgendwie ist mir gerade total egal, wie ich aussehe. Lukas ist eh nicht da und was andere sagen, interessiert mich nicht mehr.
    Mein Vater runzelt die Stirn, als ich ein paar Minuten später lautstark die Treppe hinuntergaloppiere.
    „Muss das sein?“, meckert er.
    „Entschuldige, soll ich noch mal hoch und leise wieder runter?“
    „Mach keinen Quatsch jetzt! Dank dir bin ich schon zu spät dran!“
    „Gut, dann lass uns fahren!“ Ich stürme an ihm vorbei zur Tür.
    Als wir im Wagen sitzen, schaut mich mein Vater erst mal brummelig an.
    „Was ist?“, frage ich. „Haben wir jetzt etwa doch noch Zeit? Dann gehe ich noch mal rein und …“
    „Nein!“ Mein Vater startet den Wagen und fährt schnell los. Keine Ahnung, was er hat. Wahrscheinlich ist er irritiert, dass ich ungewaschen und mit einer Frisur wie vom Henker zur Arbeit gehe. Vielleicht ist er aber auch nur enttäuscht, weil ich nicht mehr übers Wochenende bleibe und schon weg sein werde, wenn er aus der Arbeit kommt. Die letzten Semesterferien haben wir am Samstag vor meiner Rückfahrt immer zusammen gefrühstückt. So richtig Familie eben. Aber dazu fehlt mir diesmal die Geduld. Ich will nachher schon im Zug sitzen, damit ich möglichst schnell bei Lukas bin. Überhaupt habe ich ja noch einige Dinge in Ordnung zu bringen. Wenn Lukas nicht wäre, hätte ich es ganz sicher nicht so eilig. An seiner Seite sieht die Welt eindeutig besser aus, als sie vielleicht tatsächlich ist.
    „Also“, sagt mein Vater. Wir stehen inzwischen auf dem Firmenparkplatz.
    „Also“, antworte ich und grinse. Mein Vater war noch nie gut, was das Verabschieden angeht.
    „Wir sehen uns heute wohl nicht mehr, oder?“
    „Nee, ich will mich beeilen. Hab ja gleich schon wieder Schluss, weil ich noch den Papierkram mit der Personalabteilung klären muss. Wenn ich schnell bin, bekomm ich vielleicht den Zug um vierzehn Uhr …“
    Mein Vater nickt. „Na gut – viel Spaß.“
    Ich lache. „Klar, du auch.“
    Den Weg zum Fabrikgelände legen wir schweigend zurück. Dann klopft er mir auf die Schulter und geht zu seinem Gebäude. Ganz klar, die Verabschiedung von meiner Mutter fällt definitiv länger aus. Ich glaube, die würde glatt mit in den Zug steigen, wenn ich nicht irgendwann sagen würde, dass sie mich mit ihrer Anhänglichkeit nervt.
    So, jetzt aber genug davon. Bevor ich meinen letzten Arbeitstag antrete, will ich mich noch ein wenig frisch machen. Ganz so egal ist es mir dann doch nicht mit der Zahnpflege und der Frisur.
    Verdammt, das ist echt der letzte Tag! Ohne Lukas kam es mir bis heute wie drei Jahre vor! Aber jetzt kann ich mir sagen, dass ich ihn tatsächlich noch heute sehen werde. Diese Nacht werde ich in meinem WG-Zimmer verbringen! Ich atme tief durch und spüre, wie die Unsicherheit von mir abfällt. Ich betrete die Umkleide und gehe als erstes zum Waschbecken, um mir die Zähne zu putzen.  
    Im Spiegel schaut mir ein Typ entgegen, der gar nicht mehr so jung und unerfahren aussieht. Das ist ein Kerl, der schon Pornofilmchen gedreht hat, die jetzt irgendwo im Netz rumgeistern. Echt eine unglaubliche Geschichte!
    Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nicht gedacht, dass ich meinen Semesterferienjob nach all dem Chaos tatsächlich noch zu Ende bringe. Und ganz ehrlich, fast wäre ich einfach nicht mehr hergekommen, weil ich nicht wusste, wie ich dem Zielke hätte ins Gesicht sehen sollen. Es gibt ja viele blöde Situationen im Leben, die man gern vermeidet. Aber wie bitte tritt man einem Vorarbeiter gegenüber, der einen zum Sex vor der Kamera erpresst hat? Genau, irgendwie schwer vorstellbar, was für ein Gesichtsausdruck da angemessen ist. Wenn er denn wenigstens tatsächlich der Arsch der Geschichte gewesen wäre! Ja, dann hätte ich mich ganz auf ihn konzentrieren können mit meiner
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