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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter
Autoren: Daniel Silva
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Schwiegersohns so drastisch, daß Michael drohte, ihn vor Plum Island über Bord zu werfen.

    Alte Freunde drängten Douglas, von seinem Posten in London zurückzutreten; selbst Präsident Beckwith hielt das für die beste Lösung. Aber er kehrte Ende Juni nach London zurück und bezog wieder seine Amtsräume am Grosvenor Square. Am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, hielt er im Londoner Parlament eine vielbeachtete Rede und reiste dann nach Belfast, wo er als Held empfangen wurde.
    Am Tag seines Besuchs in Belfast gaben die britischen und amerikanischen Sicherheits-und Geheimdienste das Ergebnis ihrer gemeinsamen Ermittlungen bekannt. Ihr Bericht über den Anschlag der Ulster Freedom Brigade in Washington auf Botschafter Cannon kam zu dem Schluß, daß an dem Attentat zwei Terroristen beteiligt gewesen waren: eine Frau namens Rebecca Wells, die schon an dem Überfall auf Hartley Hall beteiligt gewesen war, und ein bisher nicht identifizierter Mann, offenbar ein professioneller Killer, den die Gruppe zu ihrer Unterstützung angeheuert hatte.
    Trotz weltweiter Fahndung befanden sich beide Terroristen weiter auf freiem Fuß.
    Wenige Stunden nach Cannons Ankunft in Nordirland detonierte vor einem Belfaster Supermarkt an der Ecke Whiterock/Falls Road eine große Autobombe. Dabei gab es fünf Tote und sechzehn zum Teil schwer Verletzte. Die Verantwortung für den Anschlag übernahm die Ulster Freedom Brigade. In derselben Nacht rächte die Irish Liberation Cell, eine bisher nicht in Erscheinung getretene republikanische Randgruppe, den Anschlag, indem sie eine riesige Lastwagenbombe zündete, die große Teile des Zentrums von Portadown verwüstete. Die Gruppe drohte mit weiteren Anschlägen, bis das Karfreitags-Abkommen zu Fall gebracht sei.
    Auf den endlosen Korridoren in Langley kursierten wochenlang Gerüchte über einen Wechsel in der Führungsetage.
    Monica Tyler verlasse die Agency, wußte ein Gerücht. Sie bleibe für immer, wußte ein anderes. Monica sei beim Präsidenten in Ungnade gefallen. Monica sei als neue Außenministerin vorgesehen. Das Lieblingsgerücht ihrer Gegner war die Story, sie habe einen Nervenzusammenbruch erlitten.
    Sie leide unter Wahnvorstellungen. Sie habe in einem psychotischen Wutanfall versucht, ihre kostbare Büroeinrichtung zu zertrümmern.
    Die hartnäckigen Gerüchte über Monica kamen irgendwann auch der  Washington Post zu Ohren. Der Geheimdienstkorrespondent der Zeitung verzichtete darauf, die wildesten Geschichten wiederzugeben, die ihm zugetragen worden waren, aber er berichtete in einer Titelstory, Monica habe das Vertrauen der meisten Mitarbeiter der Agency, der wichtigsten Leute der Geheimdienstszene und sogar des Präsidenten selbst verloren. Am selben Nachmittag sagte Präsident Beckwith bei einem Fototermin mit Schulkindern im Rosengarten des Weißen Hauses, Monica Tyler besitze nach wie vor sein »volles und uneingeschränktes Vertrauen«. Aus der Diplomatensprache in klares Englisch übersetzt besagte diese Bemerkung, daß Monica Tyler damit rechnen mußte, demnächst abgelöst zu werden.
    Sie wurde mit Interviewwünschen bestürmt. Meet the Press wollte sie. Ted Koppel rief selbst an, um sie zu Nightline einzuladen. Eine Redakteurin von Larry King Live versuchte sogar, in Langley zu ihr vorzudringen. Monica wies alle ab. Statt dessen gab sie eine Presseerklärung heraus, in der sie betonte, sie bekleide ihren Posten auf Wunsch des Präsidenten, und wenn der Präsident dies wünsche, werde sie weiter im Amt bleiben.
    Aber der Schaden war nicht mehr gutzumachen. Im sechsten Stock brach der Winter aus. Türen blieben fest geschlossen. Der Aktenfluß versiegte. Allgemeine Lähmung setzte ein. Monica sei isoliert, verlautete aus der Gerüchteküche. Monica sei noch weniger zugänglich als je zuvor. Monica sei erledigt.
    Tweedledum und Tweedledee ließen sich selten sehen; tauchten sie einmal auf, schlichen sie wie scheue Grauwölfe durch die Flure. Irgend etwas müsse passieren, besagten die Gerüchte. So könne es nicht weitergehen.
    Im Juli rief Monica Tyler schließlich alle Mitarbeiter im Auditorium zusammen und gab ihren Rücktritt zum 1. September bekannt. Sie teile ihren Entschluß frühzeitig mit, sagte sie, damit Präsident Beckwith - den sie zutiefst bewundere und für den zu arbeiten ihr eine Ehre gewesen sei - genügend Zeit habe, einen passenden Nachfolger für sie zu finden.
    Inzwischen würde es Veränderungen in der Führungsspitze geben:
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