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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition)
Autoren: Stephen L. Jones
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vorhin», sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Doch. Nur für eine Sekunde oder zwei. Aber du hast es in Erwägung gezogen.»
    «Nie.»
    «Wenn du
das
tust, Hannah, bist du nicht besser als ich.»
    «Das ist ein Witz, oder?»
    «Willst du mich wirklich noch einmal sterben sehen?»
    Sie hob das Skalpell, fand die Stelle, wo die Schlagader pulsierte. Sah ihm ein letztes Mal ins Gesicht.
Nicht Nates Gesicht
, sagte sie sich entschieden. Es war das Gesicht eines Killers, der sie seit langer Zeit verfolgte und dessen Zeit nun endlich abgelaufen war.
    Nicht Nates Gesicht, aber
so
ähnlich. So unglaublich ähnlich. Jakab hatte recht – letzten Endes konnte sie nicht zusehen, konnte nicht ein zweites Mal diesen furchtbaren Schmerz durchleben.
    Sie kniff die Augen zu, und das Skalpell fuhr hinab. Noch in der Bewegung wurde ihr klar, dass sie einen Sekundenbruchteil zu lange gezögert hatte und ihre Gelegenheit verstrichen war. Sie spürte, wie seine Finger ihr Handgelenk packten, es so fest packten, dass sie vor Schmerz aufstöhnte. Er sprang auf die Beine, zerrte sie mit sich, und als sie versuchte, das Skalpell von der einen Hand in die andere zu wechseln, verdrehte er ihr so wild den Arm, dass das Instrument aus ihren Fingern fiel und klappernd auf dem Boden landete.
    Jakab ächzte. Blut tropfte über sein Gesicht. Sein Mund war zu einem Knurren verzogen. «Du hättest das wirklich getan, du elendes Miststück! Hast du ernsthaft geglaubt, es wäre so einfach? Hast du ernsthaft geglaubt, ich würde mich von dir so einfach umbringen lassen?» Er schüttelte den Kopf. «Ich bin nicht einmal wegen dir hier, Hannah. Ich bin nicht mehr an dir interessiert. Leah ist wichtig, nicht du. Du hast sie verwirrt. Du hast sie vergiftet, sie gegen mich aufgebracht und ihren Kopf mit Unsinn und Lügen gefüllt, genau, wie Nicole es mit dir getan hat vor all den Jahren. Aber diesmal ist es noch nicht zu spät. Sie ist jung genug, um sich davon zu erholen. Sobald sie nicht mehr unter deiner Fuchtel steht.»
    Hannah schlug mit der linken Faust nach ihm, zielte auf sein Gesicht, doch er ergriff ihr Handgelenk, und als er ihre Arme auseinanderriss, brauchte sie ihre ganze Willenskraft, um nicht laut zu schreien.
    Wenn du schreist, kommt Leah wieder herein. Was auch immer geschieht, was auch immer er tut, das darfst du nicht zulassen.
    Sie rammte ihm das Knie in den Unterleib. Seine Augen flackerten, als er herumwirbelte und sie quer durch den Raum schleuderte. Hannah stolperte gegen das Räderwerk. Aus Angst, sich in den Zahnrädern der Maschine zu verfangen und hineingezogen zu werden, streckte sie eine Hand aus, um sich abzustützen, ihren Aufprall zu dämpfen. Ihre Finger verhakten sich an einem Zahn des großen Stirnrads.
    Es dauerte nur einen Sekundenbruchteil. Der Radzahn riss sie im Halbkreis herum, und dann steckten ihre Finger in den Zähnen des Kegelrads, und drei ihrer Finger
zerplatzten
. Blut und Gewebe und Knochen spritzten umher.
    Weißglühender Schmerz flammte in ihrem Gehirn auf.
    Du darfst nicht schreien.
    Das Fleisch ihrer Hand hatte das Kegelrad blockiert. Die Achse knarrte und bockte. Die Zahnräder stotterten, als sie auf Knochen mahlten.
    Nicht schreien.
    Ihre Hand war zerquetscht. Abgetrennte Finger, zerfetzte Haut. Im Dämmerlicht der Mühle sah das Blut auf der Maschinerie aus wie Öl. Hannah versuchte, das, was von ihrer Hand geblieben war, aus dem Getriebe zu ziehen. Der Schmerz drohte ihr das Bewusstsein zu rauben. Sie war gefangen.
    Jakab grinste höhnisch. «Das ist jetzt wirklich dumm.» Er schlenderte seelenruhig herbei und betrachtete interessiert Hannahs ruinierte Hand.
    In ihren Ohren erhob sich ein lautes Summen. Ihre Augenlider flatterten.
    Das ist also der Ort, an dem du sterben wirst, Hannah. In einer stinkenden alten Mühle.
    Du hast versagt, Hannah Wilde. Er gewinnt, du verlierst. Er bekommt Leah, du stirbst. Er wird Leahs Leben zerstören, weil du versagt hast.
    Doch das würde sie nicht zulassen. Es war ihr egal, ob sie starb. Selbst wenn es in einer stinkenden alten Mühle war. Sie würde nicht zulassen, dass Jakab ihre Tochter bekam. Unter keinen Umständen. Sie würde nicht riskieren, in einem Jenseits zu landen, wo sie das erklären müsste.
    «Eins muss ich dir lassen, Hannah. Du hast nie aufgegeben.» Jakab sah sich im Raum um, und als er sich wieder zu ihr umwandte, erblickte er das Feuerzeug in ihrer Hand. Ihr Daumen war in Position.
    Aus dem Benzinkanister waren sicher drei oder vier
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