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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm
Autoren: Robert Jordan
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um welches Verbrechen es sich handelte. Aber sie sagte nichts.
    »Diese Anschuldigung zu beweisen ist nach den Normen des Turms schwer. Also vermute ich, dass sie nicht versuchen wird, das in einem Prozess zu beweisen - vor allem, weil dann unumgänglich wäre, dass Ihr für Euch selbst sprecht, und ich vermute, dass sie Euch verborgen halten will.«
    »Ja«, erwiderte Egwene und warf den in der Nähe herumlungernden Roten einen Blick zu. »Vermutlich habt Ihr recht. Aber wenn sie nicht beweisen kann, dass ich eine Schattenfreundin bin, und wenn sie nicht verhindern kann, dass das vor das Burggericht kommt ...«
    »Es ist kein Verstoß, der ihre Absetzung rechtfertigen würde«, sagte Seaine. »Die maximale Strafe wäre ein formaler Tadel durch den Saal und vier Wochen Buße. Die Stola würde sie behalten.«
    Aber ordentlich an Glaubwürdigkeit verlieren, dachte Egwene. Das war ermutigend. Aber wie sollte man nur verhindern, dass Elaida sie einfach irgendwo versteckte? Sie musste den Druck auf die falsche Amyrlin aufrechterhalten - so schwer das auch war, wenn man den ganzen Tag in eine winzige Zelle gesperrt war! Bis jetzt war es nur eine kurze Zeit gewesen, aber die bereits verlorenen Gelegenheiten machten ihr schwer zu schaffen.
    »Ihr werdet an dem Prozess teilnehmen?«, fragte sie.
    »Natürlich«, sagte Seaine gelassen, so wie es Egwene von einer Weißen erwartete. Manche Weißen bestanden nur aus kühler Beherrschung und Logik. Seaine war viel warmherziger als sie, und trotzdem war sie äußerst reserviert. »Ich bin eine Sitzende, Egwene.«
    »Ich nehme an, dass Ihr noch immer die Auswirkungen der Bewegungen des Dunklen Königs erlebt?« Egwene fröstelte und warf einen Blick auf den Zellenboden, erinnerte sich an das, was Leane passiert war. Ihre Zelle war viel nüchterner als Leanes, vielleicht wegen der Beschuldigung, eine Schattenfreundin zu sein.
    »Ja.« Seaines Stimme wurde weicher. »Sie scheinen schlimmer zu werden. Diener sterben. Essen verdirbt. Ganze Teile der Burg verändern sich auf zufällige Weise. Vergangene Nacht ist die zweite Küche auf die sechste Ebene versetzt worden und hat eine ganze Sektion der Gemächer der Gelben Ajah in den Keller verschoben. Es ist das Gleiche, was zuvor den Braunen passierte, und das hat noch immer keiner erklären können.«
    Egwene nickte. Da sich die Zimmer verschoben hatten, hatte man den wenigen Novizinnen, deren Unterkünfte nicht plötzlich versetzt worden waren, Räume auf der einundzwanzigsten und zweiundzwanzigsten Etage zugewiesen, wo einst die Gemächer der Braunen Ajah gewesen waren. Die Braunen zogen zögernd nach unten in den Flügel. Würde es eine permanente Veränderung bleiben? Seit ewigen Zeiten hatten die Schwestern im Turmgebäude gewohnt, und die Novizinnen und die Aufgenommenen lebten im Flügel.
    »Ihr müsst diese Dinge zur Sprache bringen, Seaine«, sagte Egwene leise. »Erinnert die Schwestern unaufhörlich daran, dass sich der Dunkle König regt und dass die Letzte Schlacht näher rückt. Sorgt dafür, dass sie sich darauf konzentrieren zusammenzuarbeiten und sich nicht weiter entzweien.«
    Hinter Seaine überprüfte eine der Roten Schwestern die Kerze auf dem Tisch. Die Zeit, die Egwene für Besucher zustand, näherte sich ihrem Ende. Bald würde man sie wieder wegsperren; sie konnte das staubige, seit langem nicht ausgewechselte Stroh hinter ihr riechen.
    »Ihr müsst unermüdlich daran arbeiten, Seaine«, sagte sie, als die Roten näher kamen. »Tut, was ich nicht tun kann. Bittet die anderen, es ebenfalls zu tun.«
    »Ich versuche es«, sagte Seaine. Sie stand auf und sah zu, wie die Roten Egwene den Hocker wegnahmen und ihr dann bedeuteten, zurück in die Zelle zu gehen. Die Decke war zu niedrig, als dass sie aufrecht hätte stehen können.
    Egwene ging nur zögernd, duckte sich. »Die Letzte Schlacht kommt, Seaine. Vergesst das nicht.«
    Die Weiße nickte, dann fiel die Tür zu und sperrte Egwene in die Dunkelheit. Sie setzte sich auf den Boden. Sie fühlte sich so blind! Was würde bei dem Gerichtsverfahren passieren? Selbst wenn man Elaida bestrafte, was würde man mit ihr machen?
    Elaida würde alles daransetzen, sie hinrichten zu lassen. Und sie hatte gute Gründe dafür, denn Egwene hatte sich - jedenfalls nach der Definition der Weißen Burg - als die Amyrlin ausgegeben.
    Ich muss stark bleiben, beschwor sich Egwene in der Dunkelheit. Diesen Topf habe ich selbst angewärmt, und jetzt muss ich ihn zum Kochen bringen, wenn
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