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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad
Autoren: James Patterson
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sagte sie. »Es war die einzige Möglichkeit, zu dir durchzukommen.«
    »Nicht gerade der günstigste Zeitpunkt«, entgegnete ich. »Ich dachte schon, es ist dieses Arschloch von Tracchio, das mich in der Luft zerreißen will.«
    »Die meisten Leute finden, dass
ich
so ein Arschloch bin, das immer versucht, die anderen in der Luft zu zerreißen.«
    »Aber dieses spezielle Arschloch unterschreibt nun mal meine Gehaltsschecks«, erwiderte ich und erlaubte mir zum ersten Mal an diesem Tag, einigermaßen entspannt durchzuatmen.
    Cindy Thomas gehörte zu meinem engsten Vertrautenkreis, zusammen mit Claire und Jill. Nebenbei arbeitete sie auch beim
Chronicle
und war eine der führenden Polizeireporterinnen der Stadt.
    »Mein Gott, Lindsay, ich hab's gerade eben gehört. Ich bin hier im Yogakurs. War gerade mitten im ›Fliegenden Hund‹, als das Telefon geklingelt hat. Mensch, da gucke ich gerade mal zwei Stunden lang nicht hin, und schon beschließt du, dass du die Heldin spielen musst! Bist du okay?«
    »Ja, abgesehen davon, dass meine Lungen sich anfühlen, als hätte man sie mit Benzin getränkt und angezündet... Nein, mir fehlt nichts«, sagte ich. »Im Moment kann ich dir nichts weiter über den Fall sagen.«
    »Ich rufe ja auch nicht wegen der Explosion an, Lindsay. Ich wollte nur hören, wie's
dir
geht.«
    »Mir fehlt nichts«, wiederholte ich, aber ich wusste nicht, ob das die Wahrheit war. Ich bemerkte, dass meine Hände noch zitterten. Und im Mund hatte ich nach wie vor den bitteren Rauchgeschmack, der mich an die Flammenhölle erinnerte.
    »Willst du dich mit mir treffen?«
    »Du würdest höchstens bis auf zwei Blocks rankommen. Tracchio hat angeordnet, dass nichts nach draußen geht, solange wir nicht genau wissen, was Sache ist.«
    »Ist das eine Herausforderung?«, meinte Cindy kichernd.
    Ich musste lachen. Ich war Cindy zum ersten Mal begegnet, als sie sich in die Penthouse-Suite des Grand Hyatt eingeschlichen hatte, den am schärfsten bewachten Tatort seit Menschengedenken. Dieser Coup hatte ihre Karriere erst so richtig ins Rollen gebracht.
    »Nein, es soll keine Herausforderung sein, Cindy. Aber mir geht's wirklich gut, ich schwör's.«
    »Okay, also, wenn meine ganze liebevolle Fürsorge sowieso für die Katz ist – was
ist
denn nun mit dem Tatort? Es war doch ein Anschlag, oder, Lindsay?«
    »Du meinst, ob nicht vielleicht doch ein Gartengrill am Sonntagmorgen um neun Uhr Feuer gefangen hat? Also, ich denke, was das betrifft, darfst du mich ruhig zitieren. Komisch, ich dachte, du wärst gar nicht auf dem Laufenden über die Sache, Cindy.« Es verblüffte mich jedes Mal wieder, wie schnell sie von solchen Dingen Wind bekam.
    »Jetzt bin ich's aber«, meinte sie nur. »Und wo wir schon mal dabei sind, es geht auch das Gerücht, du hättest heute einem Kind das Leben gerettet. Du solltest nach Hause gehen. Du hast genug geleistet für heute.«
    »Ich kann nicht. Wir haben ein paar Spuren, denen wir nachgehen müssen. Ich wünschte, ich könnte drüber reden, aber das geht nicht.«
    »Ich habe gehört, dass ein Baby aus dem Haus entführt wurde. Wohl irgend so ein kranker Kidnapper?«
    »Wenn es so ist«, erwiderte ich achselzuckend, »dann ist das eine ganz neuartige Methode, mit den Lösegeldzahlern umzugehen.«
    Cappy McNeil steckte den Kopf zur Tür herein. »Lieutenant, die Gerichtsmedizinerin will Sie sprechen. In der Leichenhalle.
    Jetzt gleich.«
12
    Wer sonst als Claire, ihres Zeichens Leiterin der Gerichtsmedizin von San Francisco und seit zwölf Jahren meine beste Freundin, hätte inmitten dieses ganzen Wahnsinns genau die Worte sprechen können, die mir schließlich doch die Tränen in die Augen trieben? »Charlotte Lightower war schwanger.«
    Claire sah abgespannt und hilflos aus in ihrer orangefarbenen OP-Kluft. »Anfang dritter Monat. Die arme Frau hat es wahrscheinlich selbst noch nicht gewusst.«
    Ich weiß nicht, warum ich das so traurig fand, aber so war es nun einmal. Vielleicht ließ es mich die Lightowers noch mehr als eine Familie sehen, brachte sie mir menschlich näher.
    »Ich hatte ja gehofft, dich heute irgendwann noch zu erwischen.« Claire sah mich mit einem müden Lächeln an. »Aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
    »Klar.« Ich lächelte ebenfalls und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel.
    »Ich habe gehört, was du getan hast«, sagte Claire. Sie kam auf mich zu und umarmte mich. »Das war ganz schön mutig von dir, Schätzchen. Und außerdem bist du
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