Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock
Autoren: Enrique Cortés
Vom Netzwerk:
Chance.«
    Ungeduldig griff Zac nach einer der Türen und zerrte daran. Vielleicht könnten sie sich an den Seilen herunterlassen, die
     noch hielten. Doch als er das Metall berührte, merkte er gleich, dass das keine gute Idee gewesen war. Hastig zog er die Finger
     zurück. Das Metall glühte. Das Feuer musste direkt dahinter weiterbrennen.
    Teo drehte sich zu Isabel. Er sah sie kurz an und fiel ihr dann weinend um den Hals.
    »Ich hab dich lieb.«
    Isabels Tränen fielen ihm aufs Haar. »Hab keine Angst, mein Kleiner.«
    Zac sah sich um. So konnten sie doch nicht enden. Es war einfach ungerecht. Sie hatten nichts getan. Jetzt interessierte ihn
     nicht mehr, ob er in den Himmel kam, er wollte gar nicht wissen,ob es einen gab. Er wollte einfach nur sein Leben genießen. Seine Frau an seiner Seite wissen, mit ihr schlafen, Kinder und
     Enkelkinder haben, und das Gleiche auch bei Isabel und Teo miterleben. Der Rauch   … warum gab es hier keinen Rauch? Was hielt ihn auf? Was auch immer es war, auf die Flammen hatte es keine Wirkung. Noch ein
     Schritt zurück, und Zac merkte, dass weder er noch Isabel oder Teo weiter zurückweichen konnten. Im Rücken spürte er den Stahl
     der mittleren Aufzugtür. Hätte doch nur einer der Aufzüge dem Brand standgehalten, und hätten sie eine Magnetkarte gehabt   … Isabel trat neben ihn. Sie waren von den Flammen umringt.
    »Gott, ist das heiß!«, sagte sie.
    Zac nickte. Seine Wunden machten ihm nichts mehr aus.
    »Wir haben nur noch eine Minute.«
    Isabel strich ihrem Bruder durchs Haar, der wie ein kleines Kind sein Gesicht an ihre Brust drückte. Sie lächelte Zac an.
     Die Panik sollte ihnen nicht die letzten Atemzüge verderben. Wenn das Feuer sie gegen die Aufzugtüren trieb, würden sie es
     gelassen empfangen.
    »Ein letzter Wunsch?«, fragte Isabel.
    Unvermittelt drehte Zac sich um und machte einen Schritt nach hinten. Eine entsetzliche Hitzewelle schlug gegen seinen Rücken.
    »Dass wir uns noch retten können«, antwortete er und legte vorsichtig eine Hand auf das Metall, an dem sie gelehnt hatten.
     Warum hatten sie sich daran nicht verbrannt? »Das Metall ist ganz kalt   … Es ist kalt! Aber wie kann das   …?«
    Die Flammen hatten so laut geprasselt, dass sie nicht gehört hatten, wie der Aufzug sich in Bewegung gesetzt hatte. Jetzt
     öffneten sich die Türen. In der völlig intakten Kabine stand neben dem Bedienfeld ein alter Mann im Reinigungsoverall und
     deutete auf die Knöpfe.
    »Wollen Sie nach unten?«, fragte er.

51
    Isabel war außerstande zu antworten. Das Wunder war eingetreten, aber es hatte sie so überrascht, dass sie keinen Muskel regen konnte. Mit offenem
     Mund starrte sie den Mann an, unfähig zu reagieren.
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass ich so lange gebraucht habe, Señorita Isabel, aber wenigstens habe ich dafür gesorgt,
     dass der Rauch Ihnen keinen Ärger macht. Ich hatte einfach zu viel zu erledigen.«
    Isabel war immer noch sprachlos. Sie spürte, wie jemand sie am Arm zog. Zac zerrte sie hinter sich in den Aufzug. Teo folgte,
     ohne ihren Ärmel loszulassen. Als die Türen sich schlossen, schlugen die Flammen von außen dagegen, wütend, dass die drei
     ihnen doch noch entkommen waren. Zac ließ sich gegen die Metallwand fallen und sank daran herunter, bis er am Boden saß. Er
     war völlig erschlagen.
    »Na so was«, rief der Alte und legte Teo eine Hand auf die Schulter, »Sie müssen wohl Señorita Isabels Bruder sein. Ich habe
     schon viel von Ihnen gehört.«
    Teo warf Isabel einen fragenden Blick zu. Was sollte er darauf antworten?
    »Mateo   …« Isabel seufzte und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. »Was machen Sie denn hier?«
    Der Aufzug begann die Fahrt nach unten. Das Licht brannte, die Luft war sauber, und die Kabine bewegte sich ganz ohne Ruckeln.
     Wenn nicht der Ruß, das getrocknete Blut und die müden Lungen gewesen wären, schoss es Isabel durch den Kopf, hätte man glauben
     können, es wäre ein ganz normaler Tag im Turm.
    »Was ich hier mache?«, wiederholte Mateo mehr für sich. »Ich kümmere mich um die ganze Angelegenheit. Hat mich einige Zeit
     gekostet, das vorzubereiten, aber ich glaube, das Ergebnis ist ganz ordentlich.«
    »Was sagen Sie da?«, rief Isabel entsetzt.
    Zac sah Mateo scharf an.
    »Sie sind der Mann, der uns gestern geholfen hat, oder? Der die Behälter mit Desinfektionsmittel dabeihatte.«
    Mateo nickte freundlich.
    »Na ja, eigentlich war das gar kein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher