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Denn das Glueck ist eine Reise

Denn das Glueck ist eine Reise

Titel: Denn das Glueck ist eine Reise
Autoren: Caroline Vermalle
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sollte er ihr schreiben? Konnte er diesen Mann bitten, für ihn zu antworten?
    »Ich kann Ihren Frauen antworten, wenn Sie möchten«, bot der Mann an, ehe Georges Zeit gehabt hatte, sich zu entscheiden. »Wenn ich zu Hause bin.«
    »Ach, wenn Sie das tun würden ... Ich weiß aber nicht so genau, was ich ihnen schreiben soll.«
    Georges erklärte dem Mann, wer diese beiden Frauen waren, und erzählte ihm, dass er und Charles gerade die Tour de France machten.
    »Die Tour de France?«
    »Jaaaa, aber nicht mit dem Fahrrad.«
    »Das ist mir klar, dass es nicht mit dem Fahrrad ist, bei Ihren Knochen, hahaha, aber mit dem Auto? Dreitausendfünfhundert Kilometer mit dem Auto? Das ist eine wahre Abenteuerreise! Sie fahren auch in den Süden, nicht wahr? Wissen Sie, meine Frau und ich wollten immer schon mal dorthin – nach Saint-Tropez. Na ja, Saint-Tropez ist vielleicht gar nicht so toll, und das ist wohl auch nichts für unsereins, hm? Hahaha. Geht die Tour de France nicht auch durch Nîmes?«
    »13. Etappe. Narbonne – Nîmes.«
    »Und dann Digne-les-Bains, ich erinnere mich. Ich habe es im Fernsehen gesehen ...«
    Die beiden Männer kamen vom Hölzchen aufs Stöckchen und unterhielten sich fast eine Stunde.
    »Und ... haben Sie sich jetzt überlegt, was Sie Ihren Frauen antworten wollen?«
    Georges’ Miene verfinsterte sich. Nachdem er einen Augenblick nachgedacht hatte, schrieb er alles sorgfältig in das Notizheft. Anschließend reichte er es dem Mann, der das Geschriebene schweigend las und den Bleistift, das Notizheft und das Handy darauf in die Tasche steckte.
    »Okay, ich behalte Ihr Handy, und wenn Sie mich nicht mehr wiedersehen, habe ich es bei eBay verkauft und bin nach Saint-Tropez gefahren. Hahaha! Nein, fragen Sie nach Georges.«
    »Na so was, ich heiße auch Georges«, sagte Georges.
    »Das gibt’s doch nicht! Die großen Geister treffen sich, nein, die großen Georges treffen sich. Hahaha.«
    Mit diesen Worten ging er lachend davon. Wenige Minuten später kam der Arzt mit schlechten Nachrichten ins Zimmer. In drei Tagen musste Georges operiert werden. Unter Vollnarkose.

Montag, 13. Oktober

    Loches (Indre-et-Loire)
    ....................
    Die Tür wurde leise geöffnet, und Charles kam zum Vorschein. Eine Welle der Traurigkeit erfasste Georges, als er ihn erblickte. Er wurde den Gedanken nicht los, dass er seinen Freund hängen lassen würde, wenn er selbst die Reise hier beendete. Es gelang ihm dennoch zu lächeln.
    »Charles.«
    »Wir waren gestern schon hier, aber da warst du noch im Schlummerland.«
    »Was heißt denn ›wir‹?«
    »Thérèse und ich.«
    »Ach so, Thérèse ... Sie ist extra hierhergekommen. Das ist nett. Und wie geht es dir, Charles?«
    »Mir geht es gut.«
    »Hm, Charles, ich werde dich wohl im Stich lassen müssen.«
    »Nein, nein.«
    »Doch, doch, ich lasse dich im Stich, und ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Ich würde gerne weitermachen, schon allein deinetwegen ...«
    Georges stiegen Tränen in die Augen. Charles wagte es nicht, ihn anzusehen. Er begnügte sich damit, ihm den Arm zu drücken.
    »Ich muss operiert werden ...«, sagte Georges fast flüsternd. »Weißt du, Charles, die ganzen Jahre, die wir beide nun schon Nachbarn sind. Tja. Das war gut. Wirklich.«
    Georges konnte nicht weitersprechen, aber Charles wusste genau, was er meinte.
    »Ja sicher, es gab Höhen und Tiefen«, fuhr Georges fort.
    »Ja schon, aber insgesamt ...«
    »Ja, insgesamt ...« Georges nickte eine ganze Weile.
    »Und was machst du jetzt?«
    »Genau darum ist Thérèse gekommen«, erwiderte Charles. »In den letzten zwei Tagen ist viel passiert. Pass auf. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um mit den Ärzten hier zu sprechen. Weißt du, seit dieser Tour ... Es funktioniert, Georges. Nein, nein, es ist nicht so, als sei ein Wunder geschehen, aber ich spüre, dass es tatsächlich funktioniert. Die Ärzte stimmen mir zu. Und Thérèse hat es gesehen. Weißt du, Thérèse, die sieht alles. Und sie hat gesehen, dass es funktioniert. Als ich sie angerufen habe, um ihr zu sagen, dass du einen Unfall hattest, hat sie jedenfalls nicht lange überlegt und ist gekommen. Und dann haben wir lange gesprochen, und gestern Abend haben wir beschlossen, dass wir, wenn du nicht mehr so richtig für die Tour bist ...«
    »Ach«, seufzte Georges. »Nicht ich bin nicht mehr für die Tour, mein Lieber, sondern der Rest ... und die da.« Er zeigte auf den Gang, wo die Schwestern ein Schwätzchen
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