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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Theodor Fontane
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Manne wie dem berühmten Juristen Franz v. Holtzendorff (1829–1889) gewissermaßen als das moderne Ideal des Mannes.
    Es ergab sich aus alle dem, daß der heimgekehrte F. auf die Wanderung ging, um diesen Landedelmann und seine Heimath kennen zu lernen, wie etwa gleichzeitig W. H. Riehl ein romantisch erdachtes „Volk“ auf Wanderfahrten zu entdecken suchte. Und dabei bleibt F. immer noch im Fahrwasser der Anregungen seines alten Meisters W. Scott, wenn er in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ (1862–1881) und den „Fünf Schlössern“   (1889) die Geschichte vom altmärkischen Land und altmärkischen Leuten in Eins faßt; ähnliche Versuche historischer Landschaftsschilderung hatte der große Schotte überall angeregt und z. B. Annette v. Droste zur Nachfolge veranlaßt. – Aber hier tritt Fontane’s Eigenart nun schon ganz anders hervor als in den Balladen, freier, frischer. Die leidenschaftliche Freude an der Anekdote macht sich Luft, die später zu dem berühmten, für F. höchst charakteristischen Ausspruch geführt hat: „Was heißt großer Stil? Großer Stil heißt so viel, wie vorbeigehen an allem, was die Menschen eigentlich interessirt“. Der Versuch, die Individualität auf der Grundlage des Typus zu schildern, wird in zahllosen Einzelporträts aus dem Adel und den landsässigen Ständen, Bauern, Geistlichen, Wirthen u. s. w. durchgeführt. Das Landschaftliche bleibt Hintergrund; zu einem lebendigen Verhältniß an der märkischen Natur, wie es der Schlesier Alexis erwarb, hat es die durchaus städterhafte Seele Fontane’s nie gebracht.
    Der Patriot, der Helden- und Soldatenfreund, der Beobachter ließ es sich natürlich nicht nehmen, als Kriegsberichterstatter dem Heer auf den drei Feldzügen zu folgen („Der schleswig-holsteinsche Krieg“ 1866, „Der deutsche Krieg“ 1869–71), wobei er selbst in Kriegsgefangenschaft gerieth, als er in allzu treuherzigem Heroencultus Domrémy, den Geburtsort der Jungfrau von Orleans, aufsuchte („Kriegsgefangen“ 1871). Seine Kriegslieder sind sachlich, ruhig, dabei warmherzig; aber hier möchte man doch manchmal gern etwas mehr von jenem „großen Stil“ finden. Aber F. hatte nun einmal „keinen Sinn für Feierlichkeit“. Nach 1870 rückte er von den Kreisen des Militäradels ab, trat in den Verband der fortschrittlichen „Vossischen Zeitung“ und schrieb Theaterreferate, wobei ihn jedoch das Menschlich-Persönliche mehr interessirte als die allgemeinen Fragen der Aesthetik und Dramaturgie.
    So war er fast sechzig Jahre geworden. Er lebte in sehr glücklichen, wenn auch äußerlich knappen Familienverhältnissen, in enger Freundschaft mit einem Kreis geistreicher und bedeutender Leute; aber wenn von den führenden Geistern der Litteratur die Rede war, dachte Niemand an Theodor Fontane. Und die ersten zehn Jahre seiner Romanproduction haben darin noch kaum etwas geändert.
    Fontane’s Erzählungen sind durchweg auf höherer Stufe, was die Reisebilder aus England oder die „Wanderungen“ in kunstloserer Form auch sind, was die späte Skizzensammlung „Von vor und nach der Reise“ (1894) in aller Deutlichkeit ist: psychologische Studien in erzählender Form, am liebsten mit Anknüpfung an veränderte Umgebung; mit Einem Wort: psychologische „Reisebilder“ in Romanform. Die litterarische Gattung der „Reisebilder“ hatte Heine bei uns begründet; neben Andern vertritt sie J. V. Scheffel. Aber bei F. erhält sie ihr eigenartiges Gepräge durch die starke Betonung des psychologischen Charakterbildes. Darauf kommt es F. an: ein paar merkwürdige Figuren sollen in ihren historischen und socialen Zusammenhängen lebendig gemacht werden. Die Handlung ist durchaus Nebensache und wird selbst in den Criminalnovellen nur als Mittel zum Zweck behandelt, gerade wie Effi Briest’s Ehebruch auch; sie soll lediglich Gelegenheit schaffen, die Charaktere in ihrer ganzen Eigenart offen zu legen. Deshalb hat F. es auch mit der Erfindung der Fabel leicht genommen; wo ihm der Stoff nicht geboten war (in „Grete Minde“ durch eine Chronik, in „Unwiederbringlich“ durch mündliche Erzählung; in „L’Adultera“ durch ein bekanntes Ereigniß in der Berliner Gesellschaft), da entfernte er sich nicht allzuweit von den Bahnen des alten berlinischen Romans mit Landpartie und Ehebruch; daher jene Aehnlichkeiten etwa mit Smidt’s Geschichten. Oder er zerrt die Form des   „Reisebildes“ bis an die äußerste Grenze ihrer Dehnbarkeit, was
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