Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
Autoren: Tanja Frei
Vom Netzwerk:
sehen willst, kann sie gerne hierherkommen. Ende der Diskussion!«
    Kim sah aus, als wolle sie noch etwas sagen, doch ein Blick in Jennas Gesicht belehrte sie eines Besseren. Sie presste die Lippen zusammen, zog ihre langen Beine, die in verblichenen Jeans steckten, unter dem Küchentisch hervor, stand auf und verließ ohne einen weiteren Kommentar die Küche. Eine Tür knallte, dann eine zweite, und Sekunden später tönte Musik aus ihrem Zimmer.
    Jenna blieb in der Küche und spülte ihr Glas aus. Sie hatte noch ein bisschen Zeit, montags begann das Leben in ihrer Agentur erst gegen Mittag. Also machte sie sich einen Cappuccino, und wäh rend sie zusah, wie der Zucker langsam in der weißen Schaumschicht versank, hörte sie den Spatzen zu, die immer noch laut stark damit beschäftigt waren, den Meisen ihr Mittagessen streitig zu machen.
    Kim … Ein wandelndes Problem mit wirren Haaren und schlechten Noten. Jenna schüttelte den Kopf. Dabei waren sie letztes Jahr noch fast Freundinnen gewesen. Sie waren schließlich nur zwanzig Jahre auseinander, da konnte man sich oft noch über die gleichen Dinge vor Lachen ausschütten, die gleichen Filme sehen und über die gleichen Szenen weinen. Wann hatte sich das geändert? Was war passiert? Irgendetwas musste doch vorgefallen sein, doch Jenna konnte sich einfach nicht daran erinnern. Innerlich spürte sie Verzweiflung und Traurig keit. Aber so viel sie sich auch ihren Kopf zerbrach, sie wusste es einfach nicht. Und solange Kim nichts sagte, würde das so bleiben. Verdammt!
    Eine halbe Stunde später war sie auf dem Weg ins Büro. Normalerweise fuhr sie mit dem Fahrrad, doch seitdem sie vergangenen Winter auf den vereisten Radwegen zweimal kurz hinter einander gestürzt war und sich ihr Knie ramponiert hatte, nahm sie derzeit zähneknirschend die U-Bahn. Dabei hasste Jenna voll besetzte U-Bahnen wie die Pest, ja, genau genommen konnte sie Menschenansammlungen jeglicher Art nicht ausstehen.
    Der Zug fuhr ein, und die Türen öffneten sich zischend. Jenna betrat den Waggon, sah sich kurz um und erspähte einen Platz in einer leeren Reihe. Die U4 in die Münchner Innenstadt war nur mäßig besetzt, sah Jenna erleichtert. Es roch nach nassen Anoraks und stickiger Heizungsluft, und Jenna rümpfte die Nase. Sie stöpselte ihre Kopfhörer in die Ohren, und Coldplay blendete gnädig die Welt und ihre Mitreisenden um sie herum aus. Den Kopf ans Fenster gelehnt, rasten die Tunnel an ihr vorbei.
    Am Hauptbahnhof stieg Jenna um. Der lange Verbindungsgang zwischen den U-Bahnlinien wurde von Geschäften gesäumt, bei denen sie sich immer fragte, wer eigentlich dort einkaufte. Und ob die Verkäufer sich nicht nach der Sonne sehnten, wenn sie tagaus, tagein unter Tage arbeiteten?
    Ihr Büro befand sich im Glockenbachviertel, einem ehemaligen alternativen Münchner Stadtteil, der sich zum In-Viertel gewandelt hatte und nun von Künstlern, Kreativen, Szenewirten und kinderlosen Paaren mit doppeltem Einkommen bevölkert wurde. Jenna verließ die U-Bahn an der Fraunhoferstraße, drängte sich auf der Rolltreppe an den Stehenden vorbei und ging die wenigen Meter bis zu dem schmiedeeisernen Tor in der Corneliusstraße. Nummer 15 war ein fünfstöckiges Wohnhaus mit Erkern und kleinen Balkonen, die gerade zwei Stühlen Platz boten.
    Ein Auto fuhr vorbei, ließ den Schneematsch einen halben Meter weit aufspritzen, und der letzte Rest landete auf Jennas Stiefeln. Fluchend flüchtete sie in den kleinen Vorgarten, der dick mit Schnee bedeckt war. Dann rannte sie im Takt der Musik die Stufen zur Eingangstür hinauf. Die Agentur, in der sie arbeitete, wurde von zwei Chefs geführt – Klaus und Rainer, beide Mitte fünfzig, Büro und Bett teilend und glücklicherweise mit einem ausgeprägten Sinn für Humor gesegnet. Weitere fest angestellte Mitarbeiter gab es nicht. Offiziell hieß es, Jenna sei Grafikerin, doch eigentlich war sie Mädchen für alles. Sie zeichnete, erledigte Botengänge, erstellte Konzepte und entwickelte Layouts für Werbebroschüren.
    Und sie kochte Tee.
    Schwarztee war nicht gleich Schwarztee, das hatte sie gleich in der ersten Woche gelernt. Golden Flowery Orange Pekoe musste es sein, und auf keinen Fall Teebeutel. »Teebeutel bedeuten das Ende der zivilisierten Welt«, hatte Rainer verkündet und dabei die Augenbrauen hochgezogen, um zu unterstreichen, wie ernst es ihm damit war. Kurz davor hatte er sich seine grauen Locken gerauft und die Augen verdreht, als Jenna ihm die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher