Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
Clare stand auf und verschränkte ihre Arme. »Wieso? Was, zum Teufel, hat das mit –« Sein Gesicht veränderte sich plötzlich.
    »Dein Vater«, sagte sie.
    »Nein.«
    Clare kam sich vor, als wäre sie in einen starken Aufwind geraten und hätte in Sekundenschnelle tausend Fuß Höhe gewonnen. Ihr schwindelte, sie war orientierungslos. »Dein Vater, Wesley.« Sie sah auf den jungen Mann hinab. Sein Gesicht war eine Maske hartnäckigen Protests. »Dein Vater ist stolz auf dich. Und hat es sich in den Kopf gesetzt, dass du West Point besuchst und eine glanzvolle Militärkarriere machst. Was würde er nicht alles tun, um dich davor zu schützen, dass du dein Leben mit irgendeiner Asozialen und ihrem Baby ›ruinierst‹.«
    »Nein«, wiederholte er.
    »Er muss Kontakt zu ihr aufgenommen und sie nach Millers Kill eingeladen haben. Vielleicht hat er sie erst zu bestechen versucht, damit sie sich dich und Cody aus dem Kopf schlägt. Aber das klappte nicht. Er konnte nicht wissen, dass es bei Menschen wie Katie nicht klappt. Also räumte er das Problem auf andere Weise aus dem Weg.«
    »Nein!«
    Clare schritt um den Tisch herum, während sie weitersprach. »Wir sind davon ausgegangen, Darrell McWhorter hätte Codys Vater zu erpressen versucht. Aber warum einen Schüler erpressen, wenn man aus dessen Vater viel, viel mehr Geld herausholen kann?« Sie beugte sich über den Tisch. »Er hat Katie und dich zusammen gesehen, nicht wahr? Darrell.«
    Wesley zögerte kurz, dann nickte er. »Ich hab sie abends von der Bibliothek nach Hause gebracht. Normalerweise ließ sie sich immer an der Kreuzung absetzen. Sie hatte Panik, ihr Dad könnte hinter unsere Beziehung kommen. Aber es war schon dunkel und fing an zu schneien, und genau an diesem Abend ging er gerade von ’ner Kneipe heim oder so. Hat mich voll zu sehen gekriegt.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und rieb sein Gesicht mit den Händen. »Katie sagte, er hätte sie endlos über mich ausgefragt, aber dann doch geschluckt, dass ich nur ein Typ aus ihrer Studiengruppe wäre.«
    »Darrell war cleverer, als irgendeiner von uns ihm zugetraut hätte. Sobald er ein Foto eurer Familie auf dem Aushang im Pfarrzentrum sah, zählte er eins und eins zusammen. Er rief deinen Vater an, und ein Teil ihres Deals muss gewesen sein, dass sie zusammen nach Albany fuhren, um jegliches belastende Material in Katies Zimmer verschwinden zu lassen. Als dein Vater dann seine Chance sah, Darrell mit aus dem Weg zu räumen, handelte er kurz entschlossen.« Sie richtete sich auf. »Wesley, dein Vater hat jeden, der den Erfolg der fünften Fowler-Generation gefährden könnte, methodisch eliminiert.«
    »Das ist doch verrückt. Mein Dad würde nie jemanden umbringen! Und wenn er mich wirklich irgendwie schützen will, warum, zum Teufel, sollte er das nicht zugeben, ehe er mich einlochen lässt?«
    »Dein Dad könnte jemanden umbringen, Wes. Er hat es schon öfter getan, sehr oft. Nur dass es diesmal nicht die Pflicht erforderte.« Sie hielt inne. »Aber vielleicht sieht er es ja so.« Sie verschränkte die Arme und stöhnte frustriert. »Trotzdem: Du hast Recht, es ergibt keinen Sinn, dass er dich eher in den Knast wandern lässt als …« Ihr Magen krampfte sich zusammen. »O mein Gott. Das Baby!«
    »Wie? Was soll das heißen?«
    »Das Baby, Wes, das Baby! Das du allein erziehen möchtest. Das Baby, das für ihn die Wurzel allen Übels ist. Heilige Muttergottes, und ich habe ihm gesagt, wo er es finden kann. Ich habe es ihm gesagt!« Sie schlug auf den Alarmknopf, und sofort heulte eine Sirene los.
    Rasselnd öffnete sich die Tür. Den Kopf leicht eingezogen, die Waffe auf Wesley gerichtet, sprang Russ ins Zimmer. »Runter auf den Boden! Sofort!« Wesley ließ sich mit ausgebreiteten Armen und Beinen von seinem Stuhl fallen. »Clare? Alles okay?«
    Die Sirene machte eine Verständigung unmöglich. »Ja!«, schrie sie. »Ich muss bloß hier raus!«
    »Was?« Russ richtete sich auf. Er ging mit steifen Schritten zum Alarmmelder, drehte einen dicken Knopf, und die Anlage verstummte; nur ein Klingeln blieb in Clares Ohren zurück. »Was, zum Teufel, fällt Ihnen ein? Lösen Alarm aus, um aus diesem Raum zu kommen? Keine Bewegung, bis ich es Ihnen erlaube, Mister!« Er richtete seinen Revolver wieder auf Wesley, der sich auf den Armen hochgestemmt hatte.
    Clare wollte schon zum Sprechen ansetzen, hielt dann aber den Mund. Was wir hier reden, bleibt streng vertraulich zwischen dir, mir und Gott.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher