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Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Titel: Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Autoren: Jorna Sternekieker
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doch gestern Abend extra auf dem Stuhl zurechtgelegt? Wenn Bobbie dahinter steckt, dann kann er was erleben!
Leise fluchend hüpft Paul auf einem Bein über den Flur und späht dabei in jede Ecke. Nach kurzer Zeit wird er fündig, triumphierend zieht er den zweiten Strumpf unter der Heizung hervor. Richtig, hier hatte er ihn kurz trocknen wollen, nachdem er nachts gegen die Blumenvase gelaufen war. Doch sein Erfolg bleibt unbemerkt, nur Bobbie verfolgt müde seine Bemühungen.
"Na du kleiner Racker, magst du noch ein Leckerli, bevor ich gehe?", wispert Paul in die Stille.
Der Mops spitzt die Ohren und beobachtet müde Pauls Hand, die nun in die Jackentasche mit den Hundecrackern gleitet. Kurz darauf ertönt aus dem Hundekorb ein gelangweiltes Seufzen und Bobbies Kopf ist wieder verschwunden.
"Undankbares Ding!", mault Paul in seine Richtung, doch auf eine erneute Reaktion hofft er hier vergebens. Auf leisen Sohlen schleicht er in das gemeinsame Schlafzimmer, um Kim einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. Er murmelt noch ein leises: "Mach's gut, Schatz", in das schwarze Haar, dann verlässt er die Wohnung.
Wie immer. Seit einigen Wochen ist dieses morgendliche Ritual manchmal die einzige Begegnung am Tag mit Kim. Und auch wenn zu dieser frühen Uhrzeit von seinem Murmeltier kein Augenblinzeln zu erwarten ist, gibt es Paul doch das Gefühl ein wenig Vertrautheit aufrecht zu erhalten. Aber wie lange konnte dies noch so weitergehen, wie lange würde Kim unter diesen Umständen leben können? Ganz zu schweigen von Pauls eigenen Nerven, die inzwischen erheblich gelitten haben. Job und Karriere sind wichtig, aber was hat man davon, wenn das Privatleben dabei auf der Strecke bleibt? Wenn es eines Tages einfach seine Koffer packt und ohne zurückzuschauen Adieu sagt?
Kopfschüttelnd vertreibt er die bösen Gedanken. Sein Schatz ist wundervoll, von dieser Seite braucht er nichts zu befürchten. Kim bringt stets Verständnis für ihn und seine stressige Arbeit auf und ist zusätzlich Pauls Antrieb in schweren Stunden. Dabei ist sein Herzblatt selbst auf erfolgloser Jobsuche und aufgrund der vielen Absagen oft am Boden zerstört. Dennoch stärkt Kim ihm den Rücken, wenn er mal wieder die Nase voll hat und alles hinschmeißen will.
Und das kam in letzter Zeit leider recht häufig vor. Der zu Beginn so wunderbar klingende Traumjob entpuppt sich mehr und mehr als modernes Sklavenschiff, auf welchem Paul Tag für Tag im Kreis rudert.
Während Paul auf den Fahrstuhl wartet, mustert er kritisch sein Spiegelbild. Verlegen streicht er sich über das zerzauste braune Haar und brummt unzufrieden. Wann hatte das Gewirr auf seinem Kopf eigentlich das letzte Mal einen Friseur gesehen? Überhaupt, wann hatte er das letzte Mal richtig ausgeschlafen? Mit Kim gemeinsam frühstücken, kuscheln oder einfach nur den tiefen Atemzügen seines Schatzes lauschen können? Diese Zeiten sind längst Vergangenheit und an den Wochenenden zu arbeiten ist für Paul keine Seltenheit mehr.
In einem Anflug von Selbstdisziplin löst er den Blick vom Spiegel, schüttelt seinen Körper und streckt den Rücken durch. Diese Haltung gefällt ihm um einiges besser. Wie sagte sein Vater früher immer: "Jammern hilft nicht."
Gut, in letzter Zeit war sein Job besonders anstrengend, aber das ist bei Wettbewerben um neue Objekte üblich und nur verständlich. Seit sich das bedeutende Bauprojekt der Firma China-Aerotec angekündigt hat, steht die gesamte Architekten-Branche auf dem Kopf. Ein Auftrag solchen Ausmaßes würde den Jahresumsatz der meisten mittelständischen Unternehmen sichern und so war das große Rennen um ein Stück des Kuchens eröffnet. In solchen Zeiten muss jeder zurückstecken. Familie wird zur Nebensache und Freizeit zu einem Luxus, den man sich einfach nicht erlauben kann. Außerdem ergäben sich auch für Paul einige verlockende Möglichkeiten, sollte sein Arbeitgeber Plan4Good den begehrten Auftrag erhalten. Es ist seit langem kein Geheimnis mehr, dass Herr Lorentz, einer der Geschäftsführer, in nächster Zeit seinen wohlverdienten Ruhestand antreten wird.
Diese Veränderung stimmt Paul einerseits sehr traurig. Er mag den Einundsechzigjährigen, und das aus gutem Grund. Herr Lorentz war stets ein fairer Chef und ein Vertreter der seltenen Meinung, dass der Mensch im Vordergrund steht und nicht die Zahlen, welche er einbringt. Derart soziale Einstellungen sind mit dem wirtschaftlichen Fortschritt leider zu einer Rarität geworden, erst recht
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