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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin
Autoren: Mark Robson
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und Macht, während meine Seele mich anflehte, damit aufzuhören. Die Liebe, die mich antrieb, habe ich verraten – die Liebe zu Thrandor. Sie hat mich seit meiner Kindheit geleitet. Was, um Tarmins willen, ist nur über mich gekommen?«
    »Wir haben jetzt keine Zeit für diesen Unsinn, Demarr. Reue hilft dir jetzt auch nicht mehr. Komm schon. Der
König will, dass wir dich zum Palast bringen. Entweder, du kommst freiwillig mit, oder wir müssen andere Saiten aufziehen. Wie hättest du es gern?«
    Demarr nickte langsam und stand kraftlos auf.
    Jenna musterte die jämmerliche Gestalt in dem einst blütenweißen Gewand, das ihm nun zerrissen, angesengt und staubig von den schlaffen Schultern hing. Noch immer trat Blut aus kleineren Wunden in Demarrs Körper und befleckte die einteilige Thobe. »Hast du einen Strick, mit dem wir ihm die Hände fesseln können?«, fragte Jenna.
    »Nein, aber ich glaube auch nicht, dass er Widerstand leistet. Oder, Demarr?«
    »Nein. Die Rechnung ist so schon hoch genug«, erwiderte Demarr leise. Bedächtig führte er die rechte Hand zum Kinn und fuhr sich mit den Fingern durch den gepflegten Spitzbart. »Ich gebe euch mein unmaßgebliches Wort. Einst galt es etwas. Jetzt …«
    »Das reicht«, erklärte Calvyn, dem es im Grunde egal war, ob Demarr es ernst meinte oder nicht. Jenna und er würden sowieso jeden Fluchtversuch vereiteln. Er stellte sich zu Demarrs Linken, Jenna zu seiner Rechten auf und die drei marschierten los.
    Der Abhang war mit Leichen übersät, überwiegend Nomaden, die am Vormittag bei einem unbesonnenen Kavallerieangriff von Pfeilen durchbohrt worden waren. Beim Anblick jedes einzelnen Toten, der ihn mit vorwurfsvollem Blick anzustarren schien, zuckte Demarr sichtbar zusammen. Er stolperte durch seinen persönlichen Albtraum des Schmerzes und der Trauer gen Tal und Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Auch der Anstieg zum Stadttor war von Leichen gesäumt. Wieder handelte es sich in der Mehrzahl um nomadische Krieger, doch der letzte verzweifelte Angriff, mit
dem die Thrandorier den erfolglosen Verbänden aus dem Norden hatten beispringen wollen, hatte auch unter ihnen Opfer gefordert. Schon kreisten Aasgeier am Himmel, angelockt von Blut und Tod, und frohlockten kreischend über das anstehende Festmahl.
    »Tarmin, vergib mir«, keuchte Demarr.
    »Bete lieber darum, dass der König dir vergibt«, murmelte Jenna.
    Calvyn warf ihr einen warnenden Blick zu und schüttelte kaum merklich den Kopf. Jenna schürzte die Lippen und wollte schon widersprechen, ließ es dann aber doch lieber sein.
    Der leitende Wachhabende wollte zunächst das große Stadttor für nur drei Besucher nicht öffnen. Doch als Calvyn ihm mitteilte, dass er einen Befehl des Königs ausführe und der Gefangene niemand Geringeres sei als der Anführer der Nomaden, löste sich sein Unwillen in Luft auf. Die schweren Metallriegel des riesigen Tors wurden quietschend beiseitegeschoben, und mit einem Ächzen öffnete sich die rechte Hälfte des Tors gerade so weit, dass Calvyn, Demarr und Jenna im Gänsemarsch hindurchgehen konnten.
    Calvyn war noch nie in einer größeren Stadt gewesen, und der Anblick, der sich ihm bot, erfüllte ihn mit Ehrfurcht. In Thrandor gab es drei große Städte: die Hauptstadt Mantor, Port Levan und Port Fallow, die jeweils an der Küste lagen. Schon von außen hatte die Stadtmauer von Mantor einen majestätischen Eindruck gemacht. Doch beim Anblick der an den Berg geschmiegten Häuserreihen mit den Geschäften der Händler, den Tavernen, Mietshäusern und Werkstätten kam sich Calvyn unendlich klein und unwichtig vor.
    Die Hauptstraße führte gleich hinter der Stadtmauer ringförmig rund um den Stadtkern. Es wimmelte von Menschen,
hauptsächlich Frauen, die sich in notdürftig errichteten Lazaretten um die Verwundeten kümmerten, Nachschub in die Waffenkammern brachten, in Garküchen auf offener Straße Essen verteilten oder zahllose andere Aufgaben erledigten, um die Soldaten zu unterstützen, die noch auf der Stadtmauer Wache standen.
    Calvyn war verunsichert. Angesichts des Gewimmels in den Straßen und der schieren Größe der Stadt fürchtete er, den Boden unter den Füßen zu verlieren und in diesem Meer aus Menschen und Häusern zu ertrinken.
    Jenna spürte seine Beklemmung.
    »Könnt Ihr mir bitte sagen, wie wir zum Palast kommen, Sir?«, fragte sie den Wachhabenden mit fester Stimme. »Ich bin seit Jahren nicht mehr in Mantor gewesen. Es sieht alles so fremd
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