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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)
Autoren: Anne Tracy Schoch
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dunkel gekleideten Mann, der auf einer der Bänke saß. Als sich ihre Blicke jetzt begegneten, stand er auf und verbeugte sich. Automatisch erwiderte Julius den Gruß des Fremden, während er ihn neugierig musterte. Der Brochonier schien nur wenige Jahre älter zu sein als Julius, aber bereits jetzt haftete ihm etwas Düsteres, Schwermütiges an. Allerdings fehlte ihm völlig dieses Gewalttätig-Zornige, das er bisher mit den Brochoniern assoziiert hatte, im Gegenteil. Der Blick seiner blaugrauen Augen wirkte sanft und traurig und mit seinem hellblonden Haar ähnelte er eher Elaine als einem der brochonischen Soldaten, denen Julius bisher begegnet war. Das also, dachte Julius erstaunt, war Norvan, der Anführer des brochonischen Widerstandes. Er hatte diesen Gedanken kaum beendet, als sein Blick auf einen zweiten, bedeutend jünger aussehenden Brochonier fiel, der in Norvans Schatten stand. Dieser Mann war kleiner und feingliedriger als Norvan und offensichtlich kein Krieger, dennoch strahlte er eine Mischung aus Kraft und Ruhe aus, die stark an die Gildemitglieder erinnerte.
    Die beiden gingen ein paar Schritte auf Julius und Elaine zu, in respektvoller Entfernung jedoch blieben sie erneut stehen, um auf ihre Reaktion zu warten.
    Julius war noch immer etwas verunsichert, doch er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, um wenigstens den Anschein von Selbstbewusstsein zu wahren, und ging auf die Brochonier zu. Doch bevor er auch nur ein einziges Wort sagen konnte, erschien eine weitere Gestalt aus dem Nichts neben Norvan, griff nach seiner rechten Hand und schüttelte sie enthusiastisch. Erschrocken und vollkommen verwirrt ließ Julius es zu, dass ihm der Arm fast aus dem Gelenk gerissen wurde, während er den Neuankömmling musterte. Vor ihm stand ein großer, kräftiger Mann, nicht mehr jung, allerdings auch alles andere als alt, trotz seines grauen Haares und dem feinen Netz aus Fältchen, das seinem Gesicht einen stets gutmütigen Ausdruck verlieh. Das wirklich Erstaunliche jedoch waren seine durchdringenden, sonderbar wissend wirkenden dunkelbraunen Augen, die verrieten, dass es sich bei dieser exzentrischen Erscheinung um keinen Menschen handelte. Jetzt bemerkte er Julius’ verdatterten Blick und ließ die Hand des jungen Königs mit einem amüsierten Grinsen los: „Ich dachte, das wäre die hier übliche Form der Begrüßung, zumindest war sie es früher“, als Julius darauf nicht reagierte, trat er einen halben Schritt zurück und bemühte sich um eine etwas förmlichere Haltung, „mein Name ist Sibelius. Ich bin der Heerführer der Kandari, und da Laurent nicht hier sein kann und die Bewahrer“, er hüstelte demonstrativ, „anderweitig beschäftigt sind, werde ich heute die Kandari repräsentieren“, endlich ließ er Julius’ Hand los und wandte sich an die beiden Brochonier, „und ihr seid Norvan und“, sein Blick wanderte weiter zu dem jungen, dunkelhaarigen Mann, der zwei Schritte hinter dem Anführer des Widerstandes stand und die Szene mit milder Verwunderung beobachtete, „Silvano.“
    Lächelnd sah er sie noch einmal der Reihe nach an, und beinahe ohne darüber nachzudenken, erwiderte Julius dieses Lächeln. Es war schwierig, sich dem Charme des Kandari zu entziehen, auch wenn François, dessen Anwesenheit er erst jetzt bemerkte, missbilligend den Kopf schüttelte.
    „Ich denke, wir alle wissen, warum wir heute hier sind“, begann der Sprecher der Gilde mit sehr sachlicher Stimme und schob sich an Sibelius vorbei, „natürlich geht es heute nur um ein vorläufiges Abkommen. Für einen endgültigen Friedensvertrag bleibt uns noch genug Zeit.“
    Julius nickte zustimmend: „Wir trachten nicht nach Rache, weder an den Kandari noch an den Brochoniern, und wir stellen keine Ansprüche außer diesem einen: Die Grenzen aus der Zeit vor dem Krieg bleiben bestehen. Über alles andere sind wir bereit, zu verhandeln.“
    „Das liegt auch in unserem Interesse“, erklärte Norvan. Er redete in der Sprache Anorias, allerdings mit einem harten, getragen klingenden Akzent, „wir wünschen uns nichts anderes als Frieden. Daher werden wir schnellstmöglich euer Land verlassen.“
    „Mir scheint, wir sind uns bereits einig“, sagte Sibelius mit seinem freundlichen Lächeln, „die Kandari kamen, um zu helfen. Wir suchen keinen Streit.“
    François zuckte mit den Schultern: „Nun gut, dann lasst uns einen Waffenstillstand für einen Monat schließen. Genügt euch diese Zeit?“
    Norvan, dem diese
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