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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen
Autoren: Jules Verne
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Allegros aus den Repertoiren eines Lecocq und Varney, eines Audran und Offenbach. Kaum glaublich erschien es, daß unter dem Einflusse dieser Rhythmen von den öffentlichen Bällen nicht alle Welt zu tanzen begann. In Frankreich hätte man sich nicht bezwingen können.
    Dazu herrschte trotz empfindlicher Kühle ganz prächtiges Wetter. In den ersten Apriltagen behält das Klima von Illinois meist noch seinen winterlichen Charakter und die Schiffahrt auf dem Michigansee und dem Chicagoflusse bleibt gewöhnlich von Anfang December bis Ende März unterbrochen.
    Trotz der noch recht niedrigen Temperatur war die Luft so rein, die Sonne, die ihren Bogen am wolkenlosen Himmel beschrieb, sandte so glänzende Strahlen herab, als hätte sie sich selbst auf eine Festlichkeit eingerichtet – wie die Berichterstatter der officiösen Presse sich auszudrücken lieben – so daß voraussichtlich bis zum Abend alles nach Wunsch verlief.
    Die Menge der Zuschauer verminderte sich übrigens keineswegs. Waren es keine Neugierigen aus den Quartieren des Nordens, so waren es solche aus denen des Südens, und die einen gaben den andern bezüglich unverhohlener Lebhaftigkeit und enthusiastischer Hurrahs, die den Zug überall begleiteten, in keiner Weise etwas nach.
    In dem Gefolge hielten sich die einzelnen Gruppen noch immer ebenso zusammen, wie seit dem Aufbruche in der La Salle Street, und ebenso wie das sicherlich noch am Ende des langen Weges der Fall zu sein versprach.
    Vom Gage-Park aus rollte der Wagen auf dem Boulevard Garfield geradenwegs nach Osten hin.
     

    Chicagofluß.
     
    Am Ende dieses Boulevards zeigt sich in voller Pracht der Washington-Park, der dreihunderteinundsiebzig Acres groß ist.
    Hier verdichtete sich die Menschenmenge noch weiter, ganz wie einige Jahre vorher. bei Gelegenheit der in der Nachbarschaft stattfindenden Ausstellung. Von vier bis halb fünf Uhr wurde nochmals eine Rast gemacht, und in dieser Pause ließen die Sänger unter dem lärmenden Beifall unzähliger Zuhörer das »In Praise of God« von Beethoven erschallen. Dann ging der Marsch im Schatten des Parks weiter bis zu der Stelle, die mit der Midway Plaisance einst die große Worlds Columbian Fair in dem weiten Gebiete des Jackson-Parks unmittelbar am Strande des Michigansees umschlossen hatte.
    Sollte sich der Wagen diesem für alle Zukunft berühmt gewordenen Platze zuwenden? Handelte es sich um eine Feierlichkeit zur Erinnerung an den verflossenen Glanz, etwa um eine Gedenkfeier, die durch alljährliche Wiederholung jene großen Tage der Annalen Chicagos vor dem Vergessenwerden bewahren sollte?
    Nein, nach dem Vorbeiziehen am Washington-Park-Club durch die Cottage Greve Avenue, hielten die ersten Reihen der Milizen vor einem Park an, den in diesem volkreichen Quartiere verschiedene Eisenbahnen mit ihren vielfachen stählernen Netzen umsponnen haben.
    Das fast zahllose Gefolge machte Halt und das Orchester ließ, ehe es im Schatten stolzer Eichen weiterschritt, einen der verführerischesten Walzer von Strauß erklingen.
    Gehörte dieser Park vielleicht einem Casino und sollte die große Menge etwa nach einem Riesensaale geführt werden, um dort eine Art carnevalistisches Nachtfest zu begehen?…
    Jetzt öffneten sich die Pforten weit, und den Polizisten gelang es nur mit größter Anstrengung, die heranstürmende Menge, die hier noch zahlreicher, noch lärmender und noch ausgelassener war, von dem Eindringen zurückzuhalten.
    Von einer weiteren Milizenkette geschützt, gelang es, das zu verhindern, bis der Wagen nach einem etwa fünfzehn Meilen langen Wege um und durch die riesige Stadt sein Ziel erreicht hatte…
    Dieser Park war kein Park… es war die Oakswoods Cemetry, der größte der elf Friedhöfe Chicagos… und der Wagen war ein Leichenwagen, der jetzt die sterblichen Ueberreste William I. Hypperbone’s, eines der Mitglieder des Excentric Club, ihrer letzten Ruhestätte zuführte.
Zweites Capitel.
William I. Hypperbone.
    Daraus, daß sich die Herren James T. Davidson, Gordon S. Allen, Harry B. Andrews, John I. Dickinson, Georges B. Higginbotham und Thomas R. Carlisle unter den ehrsamen Gruppen befanden, die dem Leichenwagen unmittelbar folgten, darf man nicht etwa schließen, daß sie gerade die hervorragendsten Mitglieder des Excentric Club gewesen wären.
    Die Wahrheit zu sagen, bestand das Excentrische in ihrem Leben auf dieser Erde einzig darin, daß sie dem genannten Club in der Mohawkstraße angehörten. Vielleicht beabsichtigten
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