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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter
Autoren: Christian Jacq
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ihr Gesicht sich ihm aufgedrängt. Er hatte geflissentlich auf jedes Wort achtgeben müssen, um nicht in einem Traum zu versinken, in dem sie die alleinige Heldin war. Der Richter hatte das Eisen des Himmels und den Dächsel dem Ältesten der Vorhalle anvertraut, welcher sie sogleich dem Hohenpriester des Ptah ausgehändigt hatte. In Abstimmung mit den geistlichen Obrigkeiten mußte der Gerichtsbeamte deren Herkunft feststellen. Ein einziger Punkt machte Paser stutzig: Weshalb hatten jene nicht Anzeige wegen Diebstahls eingereicht? Die außerordentliche Beschaffenheit des rituellen Gegenstands sowie des Werkstoffs richteten die Nachforschungen von vornherein auf ein reiches und mächtiges Heiligtum, das allein diese zu bergen imstande gewesen wäre.
    Paser hatte Iarrot und Kem drei Tage Arbeitsruhe gewährt. Der Gerichtsschreiber hatte eilends seine Wohnstatt aufgesucht, wo erneut häusliches Ungemach ausgebrochen war, da seine Tochter sich standhaft weigerte, Gemüse zu essen, und nur noch feines Backwerk zu sich nahm. Iarrot duldete die Grille, seine Gattin stellte sich dagegen. Der Nubier wollte sich nicht von der Amtsstube entfernen; er hatte kein Bedürfnis nach Erholung und betrachtete sich als verantwortlich für des Richters Sicherheit. Obgleich dieser als unantastbar galt, war Vorsicht geboten.
    Als ein Priester mit kahlem Schädel dann bei dem Amtmann eintreten wollte, stellte Kem sich in den Weg.
    »Ich muß dem Richter Paser eine Botschaft überbringen.«
    »Vertraut sie mir an.«
    »Ihm, und nur ihm allein.«
    »Wartet.«
    Auch wenn der Mann unbewaffnet und schmächtig war, verspürte der Nubier ein Gefühl des Unbehagens.
    »Ein Priester will sich mit Euch besprechen. Seid vorsichtig.«
    »Ihr seht überall Gefahr!«
    »Behaltet zumindestens den Pavian bei Euch.«
    »Wie Ihr wollt.«
    Der Priester trat ein, Kem blieb hinter der Tür. Der Pavian schälte teilnahmslos die Nuß einer Dumpalme aus ihrem Gehäuse.
    »Richter Paser, Ihr werdet morgen früh in der Dämmerung an der Großen Pforte des Volkes des Ptah erwartet.«
    »Wer wünscht mich zu sehen?«
    »Ich habe keine andere Botschaft.«
    »Und der Anlaß?«
    »Ich wiederhole Euch: Ich habe keine andere Botschaft. Ihr möchtet Euch bitte alle Körperhaare scheren, Euch jedweden geschlechtlichen Verkehrs enthalten und Euch durch Verehrung der Ahnen sammeln.«
    »Ich bin Richter, und ich habe nicht die Absicht, Priester zu werden.«
    »Seid pünktlich. Mögen die Götter Euch behüten.«
     
    Unter Kems Aufsicht beendete der Bader Pasers Schur.
    »Nun seid Ihr vollkommen glatt und würdig, der Tempelgemeinschaft beizutreten! Sollten wir einen Richter verlieren und einen Priester gewinnen?«
    »Eine schlichte Maßnahme der Reinlichkeit. Unterziehen sich ihr die angesehenen Persönlichkeiten nicht regelmäßig?«
    »Ihr seid eine geworden, das ist wahr! Das ist mir lieber so. In den Gassen von Memphis spricht man nur von Euch. Wer hätte es gewagt, sich an den allmächtigen Ascher heranzuwagen? Jetzt, in diesen Tagen, lösen sich die Zungen. Niemand mochte ihn. Man munkelt, er habe Anwärter gefoltert.« Gestern kriecherisch umschmeichelt, nunmehr mit Füßen getreten, hatte sich Aschers Schicksal in wenigen Stunden völlig gewendet. Die schäbigsten Gerüchte über ihn machten die Runde. Paser ließ es sich eine Lehre sein: Niemand war gegen menschliche Niedrigkeit gefeit.
    »Wenn Ihr kein Priester werdet«, brachte der Bader vor, »dann werdet Ihr wahrscheinlich eine Dame besuchen. Viele schätzen glatt geschorene Männer, die einem Priester gleichen … oder einer sind! Die Liebe ist ihnen zwar nicht verboten, doch mit Männern zu verkehren, die die Götter von Angesicht schauen, ist doch wohl erregend, nicht wahr? Ich habe hier eine Salbe auf der Grundlage von Jasmin und Lotos, die ich beim besten Hersteller von Memphis erworben habe. Sie wird Eure Haut für mehrere Tage duften lassen.«
    Paser willigte ein. Somit würde der Bader eine ungemein wichtige Kunde verbreiten: Der unbeugsamste Richter von Memphis war auch ein eitler Liebhaber. Blieb nur noch, den Namen der Erwählten aufzudecken.
    Nachdem der Geschwätzige gegangen war, las Paser einen der Maat gewidmeten Text. Sie war die ehrwürdige Ahnin, die Quelle der Freude und des Friedens. Tochter des Lichts, und selbst Licht, wirkte sie zu Gunsten desjenigen, der für sie wirkte. Paser bat sie, sein Leben dem rechten Weg folgen zu lassen.
    Kurz vor der Morgenröte, als Memphis gerade erwachte,
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