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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter
Autoren: Christian Jacq
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dem Tongefäß fand sich eine mit einem Ring versehene Steinplatte. Zu viert gelang es, sie abzuheben.
    Ein schmaler, sehr niedriger Gang mit starkem Gefälle bohrte sich in die Tiefe. »Rasch, die Lampen!«
    In Schalen aus Dolerit {2} gossen sie sehr fettes, leicht entflammbares Erdöl. PHARAO verbot dessen Gebrauch und den Handel damit, da der schwarze Rauch, der beim Verbrennen entstand, die mit der Ausschmückung der Tempel und Gräber betrauten Handwerker krank machte und Decken sowie Wände verschmutzte. Die Weisen behaupteten, dieses »Steinöl« {3} , wie es die Barbaren nannten, sei ein schädlicher und gefährlicher Stoff, eine bösartige, mit Miasmen befrachtete Ausschwitzung der Gesteine. Die Verschwörer scherten sich nicht darum. Tief gebückt, wobei ihre Schädel oft gegen die kalksteinerne Decke stießen, drangen sie mit hastigen Schritten durch den engen Stollen dem unterirdischen Teil der Großen Pyramide entgegen. Niemand sprach ein Wort; allen ging die düstere Überlieferung durch den Kopf, der zufolge ein Geist jedem, der des Cheops’ Grab zu schänden versuchte, das Genick bräche. Woher sollte man wissen, ob dieser Herrscher sie nicht von ihrem Ziel abbrächte? Falsche Pläne waren in Umlauf gewesen, um etwaige Diebe in die Irre zu führen; war der, den sie in Händen hatten, der richtige?
    Sie stießen auf eine Steinwand, die sie mit dem Meißel angingen; glücklicherweise ließen sich die nicht sonderlich dicken Quader leicht drehen. Die Verschwörer glitten ins Innere einer weiten Kammer mit gestampftem Lehmboden von drei Meter fünfzig in der Höhe, vierzehn in der Länge und acht in der Breite. In der Mitte war ein Brunnen. »Die Niedrige Kammer … Wir sind in der Großen Pyramide!«
    Es war ihnen gelungen.
    Der seit so vielen Menschenaltern vergessene Gang {4} führte tatsächlich vom Sphinx zu Cheops’ gigantischem Bauwerk, dessen erste Kammer ungefähr dreißig Meter unterhalb der Erdoberfläche lag. Hier, in dieser Gebärmutter, der Beschwörung des Schoßes der Mutter Erde, waren die ersten Auferstehungsriten vollzogen worden.
     
    Nun jedoch mußten sie einen Brunnenschacht überwinden, der durch das Innere des steinernen Kolosses hinaufstieg und auf den Gang traf, der hinter den drei granitenen Verschlußblöcken begann. Der leichteste von ihnen erklomm ihn, indem er sich an die Unebenheiten des Gesteins klammerte und sich mit den Füßen daran abstemmte; oben angekommen, ließ er den um seinen Leib gewickelten Strick hinunter. Aus jähem Luftmangel wäre einer der Verschwörer fast ohnmächtig geworden; seine Gefährten schleiften ihn bis zur Großen Galerie, wo er wieder zu Atem kam.
    Die Erhabenheit der Stätte betörte sie. Welcher Baumeister war aberwitzig genug gewesen, ein solches, aus sieben Steinlagen bestehendes Gefüge zu errichten? Siebenundvierzig Meter lang und acht Meter fünfzig breit, trotzte diese große Halle, dieses wegen seiner Ausmaße und seiner Lage im Herzen einer Pyramide einzigartige Werk, den Jahrhunderten. Kein Baukünstler würde – wie Ramses’ Baumeister bekundeten – jemals wieder eine derartige Großtat verwirklichen.
    Eingeschüchtert dachte einer der Verschwörer ans Aufgeben; der Anführer der Unternehmung stieß ihm heftig in den Rücken und nötigte ihn weiterzugehen. So kurz vor dem Ziel aufzugeben wäre töricht gewesen; zumal sie sich zu der Genauigkeit ihres gezeichneten Plans nur beglückwünschen konnten. Ein Zweifel blieb jedoch bestehen: Waren die steinernen Fallgatter zwischen dem oberen Ende der Großen Galerie und dem eigentlichen Zugang zur Kammer des Königs heruntergelassen worden? Wenn dem so war, würde es ihnen nicht gelingen, dieses Hindernis zu umgehen, und sie müßten unverrichteterdinge umkehren.
    »Der Durchgang ist frei.«
    Bedrohlich leer schienen die Hohlräume, die dazu bestimmt waren, die ungeheuren Blöcke aufzunehmen. Die fünf Verschwörer bückten sich, um in die Kammer des Königs einzudringen, deren Decke von neun Granitmonolithen gebildet wurde, die mehr als vierhundert Tonnen schwer waren. Der annähernd sechs Meter hohe Saal barg das Herz des Reiches, den Sarkophag des Pharaos, welcher auf einem Silberboden ruhte, der die Reinheit der Stätte bewahrte. Sie zögerten.
    Bis zu diesem Moment waren sie wie Forscher auf der Suche nach einem unbekannten Land gewesen. Gewiß, sie hatten drei Verbrechen begangen, für die sie sich vor dem Gericht der anderen Welt würden rechtfertigen müssen, doch hatten sie
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