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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Stephen King
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doch nicht ganz so indiskret war. Dann hörte sie diese Stimme – die letztlich doch ihre Stimme war – wie sie, als ob sie dem widersprechen wollte, zum unverwechselbaren Rhythmus und Pulsieren äußerster Wut anschwoll.
    »Aber wenn du weiter Scheiße baust und mich verarschst, fahre ich von hier aus direkt zu meiner Schwester, frage sie, wer ihre Scheidung geregelt hat, und ruf dort an. Es ist mein Ernst. Ich will dieses Spiel nicht mitspielen!«
    Jetzt geschah etwas wirklich Unglaubliches, das sie in einer Million Jahren nicht für möglich gehalten hätte: Sein Grinsen kam wieder zum Vorschein.
    Es tauchte auf wie ein U-Boot, das nach einer langen und gefährlichen Reise endlich wieder ruhige Gewässer erreicht hatte. Aber das war eigentlich nicht das Unglaubliche. Das wirklich Unglaubliche war, dass Gerald mit diesem Grinsen nicht mehr wie ein harmloser Schwachsinniger aussah. Jetzt sah er damit aus wie ein gemeingefährlicher Irrer.
    Er streckte die Hand wieder aus, liebkoste ihre linke Brust und drückte sie dann schmerzhaft. Er brachte diese unangenehme Sache zum Ende, indem er sie in die Brustwarze kniff, was er noch nie gemacht hatte.
    »Autsch, Gerald! Das tut weh!«
    Er nickte ernsthaft und bewundernd, was sich mit dem grässlichen Grinsen ausgesprochen seltsam ausnahm. »Das ist echt gut, Jessie. Ich meine alles. Du könntest Schauspielerin sein. Oder Callgirl. Eins der echt teuren.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Das sollte ein Kompliment sein.«
    »Um Himmels willen, wovon redest du?« Aber sie war ziemlich sicher, dass sie das wusste. Jessie stellte plötzlich fest, dass sie jetzt wirklich Angst hatte. Etwas Böses war im Schlafzimmer freigesetzt worden; es drehte sich rundherum wie ein schwarzer Kreisel.
    Aber sie war auch immer noch wütend – so wütend wie an dem Tag, als Will sie geneckt hatte.
    Gerald lachte doch tatsächlich. »Wovon ich rede? Einen Augenblick lang hätte ich dir fast geglaubt. Davon rede ich.« Er ließ eine Hand auf ihren rechten Schenkel fallen. Als er weitersprach, klang seine Stimme spröde und seltsam geschäftsmäßig. »Also – willst du sie für mich spreizen, oder muss ich es selbst machen? Soll das auch zu dem Spiel gehören?«
    »Lass mich los!«
    »Ja … nachher.« Er streckte die andere Hand aus. Dieses Mal kniff er sie in die rechte Brust, und dieses Mal kniff er so fest, dass kleine weißglühende Funken bis zu ihrer Hüfte hinabschossen. »Vorerst solltest du aber die hübschen Beine für mich spreizen, stolze Schöne mein!«
    Sie betrachtete ihn eingehender und sah etwas Schreckliches: Er wusste es. Er wusste, es war ihr ernst damit, dass sie nicht weitermachen wollte. Er wusste es, hatte aber beschlossen, nicht zu wissen, dass er es wusste. Konnte man das?
    Worauf du dich verlassen kannst, sagte die Ohne-Scheiß-Stimme. Wenn du ein Top-Winkeladvokat in der größten Anwaltskanzlei nördlich von Boston und südlich von Montreal bist, kann man wahrscheinlich alles wissen, was man wissen will, und nicht wissen, was man nicht wissen will. Ich glaube, du sitzt echt in der Klemme, Herzblatt. In einer Klemme, die das Ende einer Ehe bedeuten kann. Beiß lieber die Zähne zusammen, und kneif die Augen zu, ich glaube nämlich, dass dir eine Riesendosis Serum bevorsteht.
    Dieses Grinsen. Dieses hässliche, gemeine Grinsen.
    Er heuchelte Unwissenheit. Und das machte er so überzeugt, dass er später sogar einen Lügendetektortest bestehen würde. Ich habe gedacht, das gehört alles zum Spiel, würde er mit großen, gekränkten Augen sagen. Wirklich. Und wenn sie beharrte und ihm mit ihrer Wut zusetzte, würde er auf die älteste Ausrede von allen zurückgreifen, würde in sie hineinschlüpfen wie eine Eidechse in eine Felsspalte: Es hat dir gefallen. Du weißt es. Warum gibst du es nicht zu?
    Heuchelte doch tatsächlich völlige Unwissenheit. Wusste es, hatte aber trotzdem vor weiterzumachen. Er hatte sie mit Handschellen ans Bett gefesselt, hatte es mit ihrer Hilfe gemacht, und jetzt, ach, Scheiße, lassen wir doch die Schönfärberei, jetzt hatte er vor, sie zu vergewaltigen, wirklich zu vergewaltigen, während die Tür schlug und der Hund bellte und die Motorsäge schnarrte und der Eistaucher über dem See jodelte. Er hatte es wirklich vor. Jawoll, Sir. Jungs, hechel, hechel, hechel, ihr könnt erst sagen, ihr habt eine Muschi gehabt, wenn ihr eine Muschi gehabt habt, die unter euch rumgezappelt hat wie eine Henne auf einer heißen Herdplatte. Und wenn
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