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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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darf ich Euch die Hand zum Geleit reichen?«
    Juliana lacht hell auf. »Ach Pater, Ihr macht Euch über mich lustig. Ihr seid schließlich keiner der Ritter, die sich für eine Dame zum Narren machen.«
    Der Dekan des Ritterstifts St. Peter runzelt die noch glatte Stirn. »So, tun das die Ritter? Sich zum Narren machen?«
    Er ist ein großer Mann mit harmonisch geschnittenen Gliedern und einem edlen Gesicht. Sein Haar ist ergraut, doch noch immer dicht. Am schönsten aber findet Juliana seine grünen Augen und die langen, schmalen Finger mit den gepflegten Nägeln – ganz anders als die großen, rauen Hände des Vaters.
    »Mir jedenfalls ist es unangenehm, wenn die Ritter so mit mir sprechen«, gesteht Juliana. »Und wenn sie mich dann ansehen, dann würde ich am liebsten weglaufen und mich verstecken. Ich mag es nicht, wenn sie mich verspotten.«
    Der Dekan greift nach ihrer Hand und zieht sie in seine Armbeuge. Gemeinsam steigen sie die Treppe hinunter.
    »Ich denke nicht, dass sie über dich spotten. Sieh dich nur an.« Er lässt seinen Blick an ihr hinabgleiten. »Ein wohl gewachsenes Edelfräulein von siebzehn Jahren mit rosiger Haut, mit wundervollen blonden Locken, die – sind sie nicht zu Zöpfen gebändigt – ihr bis zur Hüfte fallen, und mit strahlend blauen Augen, die einen Ritter wohl verwirren können. Die Wahl deiner Kleidung steht dir vorzüglich, und du trägst einen ehrenhaften Namen. Warum also sollten die Ritter sich nicht galant zeigen und um deine Gunst werben?«
    Flammende Röte steigt dem Mädchen in die Wangen, und sie tut so, als müsse sie auf die Stufen achten, damit sie mit den gebogenen Spitzen ihrer feinen Schuhe nicht hängen bleibt.
    »Ich mag es dennoch nicht«, murmelt sie, als sie die Halle erreichen. »Vor allem nicht, wenn Wilhelm von Kochendorf so etwas sagt.«
    Der Dekan, der ihr die Tür aufhält, sieht sie nachdenklich an, sagt aber nichts, denn eine Edelfrau mit den gleichen, tiefblauen Augen wie Juliana strebt auf ihn zu. Sie ist um einen halben Kopf kleiner als die Tochter. Ihr blondes Haar ist unter dem Gebende verborgen, und das enge Übergewand verrät, dass sie nicht mehr die knabenhaft schlanke Figur hat wie früher, auch wenn die Dame von Ehrenberg noch immer eine schöne Erscheinung ist.
    »Verehrter Pater«, begrüßt sie den Stiftsherrn mit warmer Stimme und reicht ihm beide Hände. »Ihr wollt schon gehen? Darf ich Euch keine Erfrischung anbieten? Wir haben Pastete mit Lerchenzungen und einen vortrefflichen neuen Wein von den Hängen über der Mosel.«
    Gerold von Hauenstein verbeugt sich. »Verzeiht mir, dass ich das verlockende Angebot ablehnen muss, hochgeschätzte Dame von Ehrenberg, aber ich bin auf der Suche nach dem Herrn Ritter.«
    »Vater ist in der Pfalz«, platzt Juliana dazwischen und erntet
dafür einen warnenden Blick der Mutter, dennoch fügt sie hinzu: »Ich habe angeboten, den Pater zu begleiten.«
    Vielleicht kennt er eine neue Geschichte oder weiß etwas Spannendes vom Königshof zu berichten. Wie schön wäre es, wenn König Albrecht und sein Gefolge wieder nach Wimpfen in die Pfalz kämen. Juliana denkt gern an die Feierlichkeiten und den Trubel des vergangenen Sommers zurück. Die Mutter runzelt die Stirn. Sie wird es ihr doch nicht etwa verbieten? Jeder Augenblick in der Gesellschaft des väterlichen Freundes ist ihr eine Freude und eine Quelle des Wissens – selbst wenn er sie mit lateinischen oder französischen Verbkonjugationen quält.
    »Ich werde selbst mitkommen«, entscheidet die Edelfrau und schließt das Tor zum Wimpfener Stadthaus der Familie. »Es wird bald dunkel, und es schickt sich nicht für eine Jungfrau aus dem Geschlecht von Ehrenberg, zu dieser Zeit alleine unterwegs zu sein.«
    Elegant rafft sie ihren mit Buntfell verbrämten Tasselmantel und legt dem Stiftsherrn die Hand auf den anderen Arm. Juliana presst ärgerlich die Lippen aufeinander. Wenn die Mutter dabei ist, ist das nicht dasselbe. Dann spricht der Dekan mit ihr und tauscht die üblichen Nichtigkeiten aus. Nie würde er sich dazu hinreißen lassen, in Gegenwart der Edelfrau die Klatschgeschichten aus der Politik zu wiederholen oder das Gerede über angesehene Persönlichkeiten, das sich von Burg zu Burg verbreitet und Juliana stets mit ungebührlicher Gier in sich aufsaugt.
    Das Geplapper der Mutter rauscht an ihrem Ohr vorbei, während sie über den Marktplatz auf die Zugbrücke zuschreiten, die den Halsgraben zwischen Stadt und Kaiserpfalz
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