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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß
Autoren: Franz Kafka
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engagiert. K., häufig misstrauisch gegen die eigene Produktion, ist von der Qualität seiner neuen Geschichten so überzeugt, dass er eine »Orgie beim Lesen« zweier in Bubers Zeitschrift
Der Jude
gedruckten »Tiergeschichten« empfindet, und muss »immer erst aufatmen von Eitelkeits- und Selbstgefälligkeitsausbrüchen«. Als die
Landarzt
-Erzählungen 1919 als Buch mit der Widmung »Meinem Vater« erscheinen, sind sie eine Art positiver Abrechnung mit dem Vater und Gegenstück zum
Brief an den Vater
( 1919 ). Dieser Brief, mit einem Umfang von 60 Druckseiten, ist der schonungsloseste biographische Versuch K.s; er geht aus von seinem jüngsten gescheiterten, dritten Heiratsversuch (mit der Pragerin Julie Wohryzek) und stellt seine Entwicklung unter der erdrückenden Person des Vaters, dem »zuschnürenden Ring seines Einflusses« dar, der alle Lebensversuche zum Misslingen verurteilte. Eine weitere leidenschaftliche Beziehung scheitert: Die Übersetzerin seines
Heizers
ins Tschechische, Milena Jesenská, hat K. 1920 brieflich kennengelernt und erfährt sie schnell »als lebendiges Feuer, wie ich es noch nie gesehen habe«; aber sie vermag sich aus ihrer zerrütteten Ehe und ihrem Wiener Bohème-Kreis nicht zu lösen. Ein dritter Roman,
Das Schloß
( 1922 ), der den Kampf des angeblichen Landvermessers »K.« um Aufnahme in die Dorfgemeinschaft und um Annäherung an das Schloss berichtet, hat dieses Geschehen integriert. Mit ihm ist die »Trilogie der Einsamkeit«, wie Brod die drei unvollendet gebliebenen Romane nennt, abgeschlossen.
    Sofort nach der endlich erreichten vorzeitigen Pensionierung (Juli 1922 ) arbeitet die große Erzählung
Forschungen eines Hundes
( 1922 ) K.s wechselndes Verhältnis zum Judentum auf, freilich in der Form der Parabel, die unabhängig vom Leben des Autors Gültigkeit hat. Wiederholt erwägt er die Übersiedlung nach Palästina – neben seinen Hebräisch-Studien (seit 1917 ) der sicherste Beweis für eine Bejahung der zionistischen Ziele. Da trifft er in den Sommerferien 1923 an der Ostsee auf die etwa zwanzig Jahre alte Ostjüdin Dora Diamant. Von ihr, der Gefährtin seines letzten halben Jahres, wird er sich »gut und zart behütet« fühlen, »bis an die Grenzen irdischer Möglichkeit«. Die Palästina-Pläne sind in dem Versuch, mit Doras Hilfe Prag zu entrinnen und in Berlin zu leben, aufgehoben. Eine Robinsonade, denn die sich verschlimmernde Krankheit lässt ihn mitten im »wilden« Berlin wie auf einer Insel leben, und doch ein Neubeginn mit neuer Aktivität und Produktivität. Der hier entstandene
Bau
( 1923 / 24 ) und die späteste Erzählung
Josefine die Sängerin
( 1924 ) zeigen die von der Krankheit unberührt gebliebenen, wenn nicht gesteigerten Fähigkeiten K.s. Im März 1924 erzwingt die notwendig gewordene ständige ärztliche Kontrolle die Rückkehr nach Prag. K.s Tod wird nur von wenigen persönlichen Bekannten wahrgenommen. Brod, als Verwalter und Propagator des Werks, wird den Nachlass – ein Vielfaches des von K. selbst Veröffentlichten –, den Nachruhm vorbereitend, begleitend und steigernd, nach und nach publizieren.
    Bald darauf machte das Dritte Reich nicht nur der deutsch-jüdischen Symbiose ein Ende, zu deren außergewöhnlichen Ergebnissen eben K.s Werk gehört, es vertrieb auch ihre noch lebenden Repräsentanten und K.s Werk ins Exil. Doch gerade dadurch erhielt dieses Werk nun prophetische Qualität: Die Verfemten und Geflüchteten sahen darin ihre eigene Ohnmacht gegenüber den realen und anonymen Mächten vorweggenommen. Und die eskalierenden Ereignisse – Weltkrieg und Nachkrieg, die Herrschaft des Stalinismus – bestätigten immer wieder von neuem, dass K.s Werk parabolisch die absurde Welt der Gegenwart in präziser Unheimlichkeit darstelle. Im Vorfeld des Prager Frühlings bekam es sogar politische Funktion, indem die Möglichkeiten seiner – zunächst unerwünschten – Interpretation als Instrument zur Befreiung aus dem stalinistischen Totalitarismus verstanden wurden (Kafka-Konferenz in Liblice, 1963 ). Schon längst war K. in allen westlichen Staaten berühmt, in zahllose Sprachen übersetzt und extensiv interpretiert. Jetzt sollte sein Werk den restlichen Teil der Welt erobern. Denn von keinem anderen Autor des 20 . Jahrhunderts ging eine derart starke Aufforderung zur Interpretation, zur Exegese, zur Analyse aus. K.s rätselhafte und verrätselte Dichtungen faszinierten bis hin zum Zwang, sie auszulegen, ihnen nachzuspüren,
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