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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original
Autoren: Robert Jordan
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bei älteren
Mädchen funktionierte.
    Der Schöpflöffel verrutschte auf dem
Eimerrand, als sie ihn mit beiden Händen anhob. Der Eimer war schwer, und sie
war nicht besonders groß für ihr Alter, aber sie folgte Kenley so schnell, wie
sie konnte. Nicht wegen seinen Worten, das bestimmt nicht. Sie hatte ihre
Arbeit zu erledigen, und sie würde die beste Wasserträgerin aller Zeiten sein. Auf ihrer Miene
zeigte sich Entschlossenheit. Die vermoderten Reste der Blätter des Vorjahres
raschelten unter ihren Füßen, als sie durch den Schatten der Uferbäume hinaus
ins Sonnenlicht trat. Die Hitze war nicht besonders schlimm, aber ein paar
kleine weiße Wolken hoch am Himmel schienen die Helle des Morgens zu
unterstreichen.
    Witwe Aynals Wiese – sie hieß seit
Menschengedenken so, obwohl niemand zu sagen vermochte, nach welcher Witwe der
Aynals sie benannt worden war –, eine von Bäumen umringte Wiese, war den
größten Teil des Jahres ein beschauliches Plätzchen, aber jetzt drängten sich
hier Menschen und Schafe, und zwar viel mehr Schafe als Menschen. An einigen
Stellen ragten große Steine aus dem Boden, ein paar erreichten fast Mannshöhe,
aber sie behinderten die Aktivitäten auf der Wiese keineswegs. Bauern aus der
ganzen Umgebung von Emondsfelde kamen aus diesem Anlass zusammen, und Leute aus
dem Dorf waren da, um ihren Verwandten zu helfen. Im Dorf hatte jeder Verwandte
auf den Bauernhöfen. Überall bei den Zwei Flüssen würde jetzt die Schafschur
stattfinden, von Devenritt bis hinauf nach Wachhügel. Nicht in Taren-Fähre, da
natürlich nicht. Viele der Frauen trugen lose über die Arme drapierte
Schultertücher und Blumen im Haar; einige der älteren Mädchen folgten ihrem
Beispiel, auch wenn sie das Haar im Gegensatz zu den Frauen nicht zu einem
langen Zopf geflochten trugen. Ein paar von ihnen trugen sogar Kleider mit
Stickereien am Hals, als würde es sich tatsächlich um einen Festtag handeln.
Die meisten Männer und Jungen hingegen gingen ohne Mantel, einige trugen die
Hemden sogar unverschnürt. Egwene konnte nicht verstehen, warum man ihnen das
erlaubte. Die Arbeit der Frauen war keinesfalls weniger schweißtreibend als die
der Männer.
    Die geschorenen Schafe waren in großen
Holzpferchen am anderen Ende der Wiese untergebracht, in anderen warteten jene,
die noch gewaschen werden mussten. Sie wurden von Jungen bewacht, die zwölf
Jahre und älter waren. Die Schafhunde, die um die Pferche herum am Boden lagen,
waren für diese Arbeit nicht zu gebrauchen. Die älteren Jungen trieben die
Schafe mit Holzstäben zum Fluss, danach hielten sie die Tiere davon ab, sich
auf den Boden zu legen und wieder schmutzig zu machen, bis sie trocken genug
waren, zu den Männern an diesem Ende der Wiese gebracht zu werden, die das
Scheren besorgten. Danach trieben die Jungen die Schafe zurück zu den Pferchen,
während die Männer das Vlies zu den langen Tischen trugen, an denen die Frauen
die Wolle sortierten und zu Ballen zusammenpackten. Sie führten Buch und
mussten sorgfältig darauf achten, die Wolle verschiedener Besitzer nicht
durcheinander zu bringen. Vor den Bäumen zu Egwenes Linken bereiteten andere
Frauen auf langen aufgebockten Tischplatten das Mittagessen vor. Wenn sie beim
Wasserreichen gut genug war, würden sie ihr vielleicht schon im nächsten Jahr
erlauben, beim Essen oder bei der Wolle zu helfen, statt erst in zwei Jahren.
Wenn sie die beste Leistung erbrachte, würde sie niemand je wieder als Kind
bezeichnen.
    Sie suchte sich einen Weg durch die
Menge, trug den Eimer manchmal mit beiden Händen, wechselte ihn auch von der
einen in die andere und blieb stehen, wenn jemand nach einer Kelle Wasser
verlangte. Bald fing sie wieder an zu schwitzen, und dunkle Flecken zeichneten
sich auf ihrem Wollkleid ab. Vielleicht waren die Jungen mit ihren offenen
Hemden doch nicht so dumm. Sie ignorierte die kleineren Kinder, die umherliefen
und Reifen drehten oder Bälle warfen oder Fangen spielten.
    Jedes Jahr gab es nur fünf Anlässe, an
denen so viele zusammenkamen: zu Bel Tine, das bereits hinter ihnen lag; zur
Schafschur; wenn die Kaufleute kamen, um Wolle einzukaufen, was erst in einem
Monat bevorstand; nach dem Sonnentag, wenn die Kaufleute für den getrockneten
Tabak kamen; und im Herbst beim Narrenfest. Natürlich gab es noch andere
Festtage, aber keinen, an denen alle
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