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Das Phantom der Schule

Das Phantom der Schule

Titel: Das Phantom der Schule
Autoren: Thomas Brezina
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sein muß. Früher hat jeder Handwerksbursche, der in die Stadt gekommen ist, einen Nagel in das Holz geschlagen. Heute sind fast nur noch Nägel sichtbar. Daher der Name ,Stock im Eisen’. Der Platz, auf dem diese Sehenswürdigkeit zu bewundern ist, heißt genauso. Habe ich die Wien-Prüfung bestanden?“
    „Jajajaja“, plapperte die Reporterin weiter. „Und in einem Mistkübel, drei Schritt vom ,Stock im Eisen’ entfernt, würde ich zwei schwarze Plastiksäcke finden — hat der Anrufer gesagt. So war es auch. In einem Sack war eine Flasche mit einer gelblich-grünen, öligen Flüssigkeit. Im anderen hat sich ein Brief befunden. Er stammt von einer Organisation, die sich ,Basilisk’ nennt.“
    „Wie die Wiener Sagenfigur. Eine Kreuzung aus Kröte und Hahn, bei deren Anblick jeder sterben muß. Stimmt’s? Habe ich in Heimatkunde immer brav aufgepaßt?“ fragte der Chefredakteur spöttisch.
    „Herr Schlager“, empörte sich Frau Stocker, „bitte nehmen Sie die Sache etwas ernster. Sie werden gleich verstehen, warum.“ Die Frau atmete ein paarmal kräftig durch und setzte dann fort: „Die Organisation ,Basilisk’ behauptet, daß die Flüssigkeit alle Denkmäler Wiens innerhalb einer Nacht zu Staub zersetzen kann. Um zu verhindern, daß sie über die Stadt gesprüht wird, fordert die Bande Geld. Von wem und wie, hat sie noch nicht verkündet. Doch stellen Sie sich vor, Herr Schlager ...“ Die Reporterin mußte mehrere Male heftig schlucken, bevor sie fortsetzen konnte. „Das Papier ... es ist gleich, nachdem ich es gelesen hatte, zu weißem Pulver zerbröselt.“
    Der Chefredakteur antwortete nicht. Mehrere Sekunden verstrichen, ohne daß ein Wort gesprochen wurde.
    „Ich werde alle weiteren Einzelheiten heute abend wissen. Um fünf Uhr soll ich in den Katakomben unter dem Stephansdom die nächsten Anweisungen erhalten. Das wurde mir vor knapp einer Stunde daheim am Telefon mitgeteilt. Auf jeden Fall sollen wir übermorgen in unserer Ausgabe die ganze Sache als Schlagzeile veröffentlichen — so wünscht es Basilisk’ !“ schloß Frau Stocker ihren Bericht. „Und wer garantiert uns, daß es sich nicht um einen Scherz handelt?“ wollte der Chefredakteur wissen.
    „Der bekannte Chemiker Professor Monowitsch untersucht die Flüssigkeit. Morgen abend können wir das Ergebnis der Prüfung erwarten.“
    Da zu dieser Jahreszeit gute Schlagzeilen selten waren, fand der Chefredakteur langsam Gefallen an der Geschichte.
    „Frau Stocker, bereiten Sie die Artikel vor und halten Sie mich auf dem laufenden.“
    „Wird gemacht“, sagte die Reporterin geschäftig.
    Auch Stolz war in ihrer Stimme zu erkennen. Bisher hatte sie jahrelang nur winzige Meldungen über einen Überfall auf einen Würstelstand (= Würstchenbude) schreiben dürfen. Das war ihre erste große Story!
    „Sollten wir die Polizei einschalten?“ überlegte Herr Schlager laut.
    „Nein, nein, nur das nicht“, wehrte Frau Stocker ab.
    Hinter Lilo wurde die Tür aufgerissen.
    „Darf ich wissen, was du hier suchst?“ fragte eine scharfe, hohe Stimme.
    Entsetzt wirbelte das Mädchen in dem drehbaren Bürostuhl herum und starrte in das wütende Gesicht der Chefsekretärin.
    „Ich?“ flötete Lilo unschuldig. Dann verdrehte sie die Augen, stöhnte „Wasser ...“ und rutschte aus dem Sessel auf den Boden. Sie war in Ohnmacht gefallen.

Der unterirdische Friedhof
    „Mädchen, du machst Sachen“, seufzte Frau Kascha, als sie Lieselotte und den Rest der Knickerbocker-Bande vom Zeitungsgebäude abholte.
    „Keine Sorge, es ist wieder alles in Ordnung“, sagte Lilo frisch und munter. „Das kommt bei mir ab und zu vor, vergeht aber ebenso schnell wieder. Ehrlich! Sie können meine Mutter anrufen und fragen.“
    Diesen Vorschlag machte Lieselotte aber nur, weil ihr Muttertier zur Zeit in Schweden unterwegs war.
    Zum Glück ging Frau Kascha nicht näher darauf ein. Sie war zu sehr mit dem Verkehr beschäftigt.
    Dominik, Axel und Poppi nützten diese Gelegenheit und schilderten Lilo leise und in Stichworten, was sich im Hof des Zeitungsgebäudes zugetragen hatte. Sie hielten es für vernünftig, Dominiks Mutter nicht einzuweihen. Sie könnte sich zu sehr aufregen. Die kleine Verletzung, die der Junge am Hals davongetragen hatte, war halb so schlimm und tat kaum noch weh.
    „Also doch“, murmelte Lieselotte schließlich, „es gibt diese Organisation ,Basilisk’ wirklich. Das war der erste Warnschuß, um zu zeigen, daß man sie ernst nehmen
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