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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit
Autoren: Stephen Baxter
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analysieren anstatt über mich, über uns zu sprechen! Na schön. Es gibt auch nichts mehr zu sagen. Wir sind zusammen hier. Wir entscheiden uns dafür, nun Schluss zu machen, statt uns der Willkür der Geschichte zu unterwerfen. Auf Wiedersehen, mein Liebling, auf Wiedersehen.
    AD 2208:
    Wo bist du in der Nacht?
    Wenn du dies liest, muss es vorbei sein, und du hast überlebt.
    Stimmt's?
    Während ich das aufzeichne, bleiben noch vierundzwanzig Stunden.
    Ich kann dir sagen, wo ich sein werde. Im Orbit um den Mond.
    Seit zwei Jahrhunderten laboriert man nun schon an dieser verdammten Energieblase hier oben herum und versucht sie zu kna-cken. Natürlich ohne Erfolg. Aber das ficht sie nicht an. Und ich werde es auch versuchen, bis zum bitteren Ende.
    Vielleicht begegne ich dort oben sogar meinem Onkel und meiner Tante. Tom und Billie Tybee. Mein Großvater, Bill Tybee, hat mir dieses Tagebuch hinterlassen, das er seit unsrem Hochzeitstag geführt hatte, und dazu dieses Gerät, das kleine Plastik-Herz, das uns so viel über unsre Blauen Verwandten gelehrt hat. Ein Teufels-kerl, mein Onkel. Er hat seine Frau und beide Kinder wegen der Blauen Hysterie verloren, hat einen Krieg auf dem Mond überlebt und sich trotzdem noch ein Leben aufgebaut: Er hat wieder geheiratet, weitere Kinder bekommen – aber keine Blauen – und ist im Bett gestorben.
657
    Die Leute sagen uns, wir hätten unsren Frieden gemacht. Wir alle warten nur noch ab, beten, wenn uns danach zumute ist oder machen einfach das Licht aus. Wir fügen uns ruhig und würdevoll in unser Schicksal.
    Ganz recht.
    Was mich betrifft, will ich diese Welt verlassen, wie ich sie betreten habe: schreien und mich mit Händen und Füßen wehren.
    Wie dem auch sei, das ist vielleicht der letzte Eintrag. Ich vergrabe das Tagebuch in dreißig Metern Tiefe in einem alten Berg-werksschacht. Falls es irgendwo überdauert, dann dort.
    Toi toi toi.
    Michael:
    Schau den Mond, Malenfant. Schau den Mond. Es beginnt…
    Emma Stoney:
    Ein Blitz schoss senkrecht aus dem grauen Himmel der Kuppel herab. Er suchte und fand die degenerierte Materie und verschmolz mit ihr.
    Die Kinder staunten, als sei das ein tolles Feuerwerk.
    Ooh. Aah.
    Anna hatte den Blick auf den Kugelblitz-Nugget im Käfig gerichtet; Emma sah den Widerschein in ihren klaren Augen. Und der Kugelblitz wurde immer heller.
    »Wie lang noch?«
    »Ein paar Minuten«, flüsterte Anna. »Um das zu tun, wurden wir geboren – wurden Sie geboren …«
658
    Plötzlich schoss ein pulsierender Schmerz durch Emmas Bein, und sie schnappte nach Luft.
    Billie Tybee wich mit großen Augen vor ihr zurück.
    Emma zwang sich zur Ruhe und rang sich ein Lächeln ab. Billie kroch langsam zu ihr zurück, und Emma legte ihr die Hand auf den Kopf.
    Sie werden dich vielleicht töten. Aber mach den Kindern keine Angst. Es ist sicher nicht ihre Schuld.
    »Vakuumzerfall«, sagte sie zu Anna.
    »Ja …«
    »Wird es schnell vorbei sein?«
    Anna dachte nach. »Sehr schnell. Der Effekt breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und überführt alles in den echten Vaku-umzustand.« Sie musterte Emma. »Ehe Sie es sich versehen, wird es vorbei sein.«
    Emma atmete tief durch. Sie verstand kein Wort; es war so abstrakt, dass es ihr nicht einmal Angst einjagte. Selig sind die Armen im Geiste, sagte sie sich. »In Ordnung. Wie weit wird es reichen? Wird es Tycho erfassen? Den Mond?«
    Anna zog die Stirn kraus. »Sie verstehen nicht.«
    Und der Tropfen explodierte.
    Emma zuckte zusammen.
    Der Käfig hielt stand. Eine Lichtkugel von der Größe eines Fuß-
    balls loderte auf, blendete Emma und beschien die Gesichter der wartenden Kinder, als seien sie Planeten, die dieser neuen Sonne sich zugewandt hatten.
    Billie schmiegte sich an sie und schlang die Arme um Emmas Taille. Emma legte dem Kind die Hände auf den Kopf und beugte sich über es, um es zu schützen. »Es ist in Ordnung«, sagte sie. »Es ist in Ordnung, Angst zu haben.«
    Das Licht wurde heller.
    »Nun ist es gleich soweit«, sagte Anna leise.
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    »Wieso, Anna? Rache?«
    Anna drehte sich zu ihr um. »Sie verstehen nicht. Sie werden es nie verstehen. Es tut mir Leid. Das ist keine Zerstörung. Es ist auch keine Rache. Es ist…«
    »Was?«
    »Es ist wundervoll.«
    Emma spürte Hitze im Gesicht und einen Luftzug. Die vom Kugelblitz verdrängte heiße Luft strömte aus dem Käfig.
    Immer mehr Kinder suchten Emmas Nähe. Sie streckte die Arme aus und versuchte sie alle unter ihre Fittiche zu nehmen.
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