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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Autoren: Kathleen McGowan
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nicht, dass das Leiden eurer Gemeinde ein Ende nimmt? Es liegt in eurer Hand. Eure Taten haben den Nachbarn Krankheit und Tod gebracht. Nun habt ihr die Gelegenheit zur Wiedergutmachung.«
    Felicitas’ ältester Sohn Januarius antwortete für alle. Er warin Leib und Seele das Ebenbild seiner Mutter und sprach mit demselben Feuer wie sie. Mit fester Stimme bekräftigte er, lieber sterben zu wollen, als einen heidnischen Tempel zu betreten; eher würde er seine Brüder mit in den Himmel nehmen, als zuzulassen, dass sie von heidnischem Glauben beschmutzt würden. Januarius beendete seine Rede damit, dass er dem Magistraten auf die Schuhe spuckte.
    Diese respektlose Tat ließ das Herz des Publius zu Stein erstarren, und so traf er die tödliche Entscheidung. Wenn Januarius so versessen darauf war, für seine Mutter und seinen ungeheuerlichen Gott zu sterben, sollte er die Gelegenheit bekommen. Vielleicht würde Felicitas ja widerrufen, wenn sie ihren Erstgeborenen eines grässlichen Todes sterben sah, und ihre anderen Söhne retten.
    Ein solcher Ungehorsam gegenüber Rom und seinen Göttern durfte jedenfalls nicht ungestraft bleiben, besonders, da der Vorfall sich bei einem öffentlichen Tribunal zugetragen hatte. Ein blutiges Schauspiel als Warnung für andere Christen war berechtigt und diente dem Frieden und Wohlergehen Roms.

    Januarius wurde erneut vor das Tribunal gezerrt und an eine Geißelsäule gefesselt. Seine Mutter und die drei nächstälteren Brüder mussten nahe der Säule verharren, damit sie bei jedem Peitschenhieb mit Januarius’ Blut bespritzt wurden. Die jüngeren Söhne, die Publius immer noch als Opfer ansah, wurden zwar in Gewahrsam gehalten, doch man ersparte es ihnen, das brutale Schauspiel miterleben zu müssen.
    Der erste Auspeitscher war ein hünenhafter Mann, der die Geißel immer wieder mit aller Kraft auf den Rücken des Gefangenen niedersausen ließ. In kurzen Abständen befahlen Publius und die anderen Magistraten eine Pause und fragten den Verurteilten, ob er widerrufen und seine Strafe auf sich nehmen würde,um sein Leben zu retten. Dreimal spie Januarius ihnen ins Gesicht. Beim vierten Mal war er dem Tod bereits näher als dem Leben und konnte nicht mehr antworten. Daher richtete sich der letzte Aufruf der Richter an seine Mutter.
    »Weib, dies ist dein ältestes Kind, dein Blut! Wie kannst du dieser Folter tatenlos zusehen, ohne zu widerrufen? Wenn du Buße tust, könnte er überleben, und du wirst deine anderen Kinder vor dem Tod bewahren.«
    Felicitas hörte die Richter nicht einmal. Sie wandte sich an Januarius und sprach mit fester Stimme: »Mein Sohn, umarme deinen Vater von mir, denn er wartet am Himmelstor auf dich. Verschwende keinen Gedanken mehr an das irdische, sündhafte Leben. Gehe dorthin, wo Gott dich erwartet!«
    Nur noch wenige Peitschenhiebe, und Januarius starb. Sein Blut sammelte sich in gerinnenden Lachen, während die Geißeln weitere Wunden in seinen zuckenden Leib rissen. Nachdem er für tot erklärt war, löste der Auspeitscher die Fesseln vom Leichnam, brachte ihn aber nicht fort, sondern zerrte ihn nur ein kleines Stück beiseite, sodass Felicitas und ihre drei Söhne ihn noch sehen konnten.
    Das grausame Schauspiel wiederholte sich noch dreimal, denn Felicitas’ Söhne weigerten sich, das Urteil des Gerichts anzuerkennen. Mehrere Auspeitscher wurden benötigt, denn die körperliche Anstrengung war für einen einzelnen Mann zu groß, mochte er noch so kräftig sein. Bei Anbruch der Dämmerung hatte Felicitas mit ansehen müssen, wie vier ihrer Kinder zu Tode gegeißelt worden waren. Doch sie trauerte nicht; stattdessen hatte sie ihre Söhne ermutigt, den Tod willkommen zu heißen. Ihr grausamer Wille, nicht zu widerrufen, war ungebrochen. Im Gegenteil, sie schien mit jedem Kind, das sie verlor, an Kraft zu gewinnen, denn die schreckliche Art ihres Todes bestätigte Felicitas’ verqueren Glauben.
    Magistrat Publius sah sich einer schrecklichen Zwangslage gegenüber. Ihm lag nichts daran, auch noch die drei jüngeren Söhne hinrichten zu lassen, waren sie doch unschuldige Opfer desWahns ihrer Mutter. Andererseits drohte Felicitas den Kampf zu gewinnen. Sie hatte während der Geißelungen kein Anzeichen von Schwäche gezeigt. Sie hatte nicht geweint, war nicht einmal zusammengezuckt, und hatte das Gericht und die Priester nach dem Tod eines jeden Sohnes nur umso lauter verdammt. Dass sie wahnsinnig war, stand außer Frage. Keine Mutter, die ihre Sinne
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