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Das Licht der Hajeps - Guerillas (German Edition)

Das Licht der Hajeps - Guerillas (German Edition)

Titel: Das Licht der Hajeps - Guerillas (German Edition)
Autoren: Doska Palifin
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sondern eines, das von Waffen und Granaten, Raketen und Atombomben erzählte, von Kampfflugzeugen und den guten, alten Maschinengewehren, von chemischen Waffen, Biogas und so weiter. Es war eben ein zwar schön buntes aber militärisches Bildungsbuch.
    Da unsere Kleinen jedoch erst am Anfang ihrer Lese- und Schreibkunst standen - das alles brachte ihnen Margrit bei, denn das Schulsystem funktionierte nicht mehr - war es ihnen zu mühselig, die Namen der verschiedenen Mordinstrumente zu entziffern. Sie betrachteten lieber die Bildchen, bestaunten die herrlichen Farben des Atompilzes, der dort abgebildet war, und sahen sich interessiert die rote Farbe der Blutspuren an, die ein Mensch im Schnee hinterlassen konnte, wenn er angeschossen worden war und bemerkten dabei, dass sie sich so etwas schon mal in echt angeschaut hätten. Die Kinder versuchten, nicht das Grauen zu sehen, sondern eher ihr starkes Bedürfnis nach leuchtenden Farben zu stillen. Die schlimmsten Seiten hatte Elfriede ohnehin vorher herausgerissen.
    Da Papier sehr knapp war und deshalb eine Kostbarkeit darstellte, war Elfriede froh, überhaupt dergleichen für die Kinder gefunden zu haben. Obwohl Tobias hin und wieder eine Frage zu dem Inhalt des Buches stellte, wurde es doch eigentlich zweckentfremdet benutzt. Man faltete aus den Seiten herrliche Schiffchen, die wegen der Hochglanzseiten besonders lange im Wasser manch einer stattlichen Pfütze schwammen. Auch entstanden die schönsten Flieger und Segler aus Muttchens ‚Zauberhand‘ und sogar wohlgestaltete Schweinchen, Kühe, Hühner und ein prächtiger Hahn, der wie alle anderen bald ein ganzes Gehöft aus Papier bevölkerte, das in einer ruhigen Ecke der Scheune auf dem Holzboden seinen Platz fand.
    Ja, Julchen und Tobias lobten und priesen jeden Tag aufs neue Muttchens grandiosen Einfall, dieses große, dicke Kriegsbuch erhandelt zu haben. Es hatte sogar einen Ledereinband. Sie sogen schnüffelnd an dessen Seiten den Papierduft ein, rochen am Leder und malten mit einem Bleistift, den Muttchen immer wieder mit einem Obstmesser zurechtspitzen musste, abwechselnd die schönsten Bilder auf die schmalen, weißen Ränder der Blätter. Einen Radiergummi besaßen sie nicht, jedoch einen Schießgummi mit dem man radieren konnte, wenn man sich nur geschickt genug anstellte.
    Und dann fand sich in dieser Zeit auch noch eine andere wunderbare Beschäftigung, die wieder mal Omas Idee gewesen war. Es wurden Apfelkerne gesammelt, fein säuberlich geputzt, mit einer Nadel durchstochen und auf einen Zwirnsfaden gezogen. Selbstverständlich waren diese Kerne für Julchen ‚Bärenkrallen‘, die sie sich im Kampf verdient hatte, und Muttchen musste, nachdem sie gemeinschaftlich mit den Kleinen mühsam zwei Ketten fertig gestellt hatte, diese mit feierlichen, selbsterdachten Indianersprüchen den Kindern umhängen. Seit diesem Tage liefen sie stolz und aufrecht durch die Gegend.
    Leider sollte auch jene frohe, unbeschwerte Zeit bald zu Ende sein. Der Bauer brauchte die kleine Familie nicht mehr und so zog man weiter, mit einer Träne im Auge, die Papierfarm, -schiffchen, -segler und Heupferdchen größtenteils hinter sich lassend. Nur eines der hübsch gefalteten Pferde quetschte Julchen in ihren ohnehin überfüllten Rucksack: Liese, eine stattliche Papierpferdedame mit liebvoll aufgemaltem schwarzen Lockenponny und dicht bewimperten, großen Augen, die noch ein kleines Heupferdchen mit hellerem Haar in ihrem wie eine Kuhle gefalteten Rücken trug, nämlich den Freddi, ihr Kind.
    Es zeigte sich jedoch später, dass Freddies stets eingedetschte Stirn und sein durchgebogener Rücken vom Nagellackfläschchen herrührten, das Julchen damals gemeinschaftlich mit Tobias von Robert gemaust hatte und das nun immer oben im Rucksack lag, weil sie es griffbereit haben wollte, für den Fall, dass sie sich plötzlich schick zu machen gedachte. Leider, das hatte Julchen inzwischen feststellen müssen, ließ sich das Fläschchen nicht aufschrauben. Auch Tobias, der ebenfalls seine Künste daran ausprobiert hatte, war zwar ein Fachmann für solche Dinge, aber das war ihm nun doch nicht gelungen. Julchen verzweifelte dennoch nicht, weil sie glaubte, dass sie es eines Tages schaffen würden.
    „Das würd schon noch Tobi!“ hatte sie ihm immer wieder im Brustton der Überzeugung versichert. „Daas würd bestümmt!“
    Auch Tobias konnte sich nicht von seinem Lieblingspapiersegler trennen, der selbstverständlich ebenfalls einen
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