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Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Titel: Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)
Autoren: Frank Schmitter
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Frieder stattdessen , zum ersten Mal seit Jahren, vielleicht zum ersten Mal überhaupt fühle ich mich Dir sehr nahe. Als würden sich mit einer zeitlichen Verzögerung – schließlich bist du älter – auch in meinem Leben die sicheren Wege auflösen. Sollen wir nicht zusammenziehen, einfach nur leben und spazieren gehen und reden und schlafen? Ein paar Jahre lang?
    Frieder löschte den Absatz, holte sich einen Kaffee –  Tee war ihm jetzt zu schwach – und schrieb ein paar Stichworte für ein Chefgespräch. Das war alles, was er bis 17 Uhr zustande brachte.
    Während der Rückfahrt fiel ihm ein, dass er zu Hause die Pflanzen gießen musste. Er wusste nicht, ob in Svenjas Zimmer Grünpflanzen standen. Er hatte Angst, es zu betreten. Nur in Bezug auf Svenja hatte er das Gefühl, er könnte die Situation nicht verkraften, ihm könnten, von einer Sekunde auf die andere, plötzlich die Beine einbrechen.
    In Höhe des Spielplatzes – nicht nur die Zwillinge, auch Johannes und Lara waren da –  bemerkte Frieder, dass seine Haustür zerstört worden war. Nein, nicht zerstört, das konnte er noch aus dem Auto sehen, sie war wild beklebt mit Papier im DIN-A4-Format.
    Frieder ließ den Wagen am Bürgersteig stehen. Es waren lauter Fotokopien eines einzigen Blattes, mit Tesafilm befestigt. Die Kopien zeigten ein Foto von Mark, ein Passfoto offenbar, die Haare schienen ihm etwas kürzer, überhaupt wirkte er etwas jünger. Der Gesichtsausdruck leicht verkniffen, der Blick ausdruckslos geworden in der Vergröberung, die einem simplen Fotokopierer zuzuschreiben war. Unter dem Foto, in einer ungelenken Handschrift, die nach rechts hin stark abfiel: Kennst du ihn noch?
    Frieder nahm die Zettel nacheinander ab, die Tesafilmstreifen musste er mühsam mit den Fingernägeln abkratzen. Zwischendurch drehte er sich einmal um, er sah Peter und Georg, die ihm flüchtig zuwinkten und den Blick sofort wieder abwendeten.
    Im Haus suchte Frieder die Visitenkarte, die Kommissar Schmidt dagelassen hatte. Frieder hatte sie auf den Notizblock neben das Telefon gelegt. Dort war sie nicht mehr, und einen Moment dachte Frieder, Daria hätte sie mitgenommen. Aber sie war nur unter den Apparat gerutscht.
    Als Frieder die Nummer eintippte, bemerkte er, dass sein Zeigefinger zuckte und eine Ziffer verdoppelte. Er wählte ein zweites Mal und musste sehr lange warten, bis ihm eine Frau mitteilte, dass Schmidt nicht im Haus war und Helminger Urlaub hatte. Bitte bis morgen gedulden.
    Frieder holte eine Flasche Whiskey aus dem Keller.
     
    „Schmidt. Was kann ich für Sie tun?“
    Frieder drehte den Kopf zur Seite. Die Sonne blendete ihn plötzlich, um neun Uhr morgens. Er musste das Rouleau herunterlassen, zum ersten Mal in diesem Jahr so früh am Tag.
    „Ich habe gestern Post bekommen, die nicht mit dem Briefträger kam“, sagte Frieder und setzte Schmidt ins Bild.
    „Ist nicht ungewöhnlich“, erwiderte der Kommissar, „dass sich gerade die Väter, die ihre Kinder extrem vernachlässigen, in dieser Situation so ins Zeug legen.“
    „Warum ich? Ich verstehe es nicht.“
    „Er hat Ihr Foto auf Marks Schreibtisch gefunden. Der Mann ist schwerer Alkoholiker, er brauchte dringend einen Feind, und Sie sind per Pech der einzige greifbare.“
    „Ich muss vermuten, dass er mit meinen Nachbarn redet. Dass er überall Geschichten über mich erzählt.“
    Schmidt schwieg.
    „Was ist mit Mark? Ist er immer noch untergetaucht? Wann hört das alles auf?“
    „Dazu kann ich Ihnen derzeit keine Auskunft geben. Sie müssen verstehen.“ Die tonlose Schmidt-Stimme.
    Frieder legte auf.
    Er spielte Arbeit, bis halb sechs.
     
    Nachdem er den Wagen in die Garage gefahren hatte, ging er zuerst in den Garten. Aber er fand keine Zettel, keine Steine vor der Terrassentür, auch sonst nichts Verdächtiges. Die Haustür war unbeklebt, aber im Hausflur lag neben einer Werbebroschüre und einer Drucksache von Frieders Bank ein gelber, wattierter Umschlag, ohne Adresse und ohne Absender. Der Umschlag war offen, Frieder griff hinein und holte einen Zettel heraus.
     
    Lieber Frieder,
    unsere Kinder haben in Svenjas Zimmer neulich ein Kartenspiel (Schwarzer Peter) und zwei Gummidinosaurier – einer lila, der andere grün, ihre Anfangsbuchstaben haben wir unter eine Pfote gemalt – vergessen. Aber keine Umstände, bitte! Tue sie doch in den Umschlag und wirf ihn einfach bei uns in den Briefkasten.
     
    Darunter ein großes Herz, und in dem Herz die Namen Peter, Heide,
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