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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze
Autoren: Jules Verne
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und gehen. Die allgemeine Gefahr hatte eben alle Scheidewände zwischen den Menschen und den übrigen Geschöpfen niedergerissen.
    Kurze Zeit vor Mittag sollten die Unglücklichen noch einmal freudig erregt und doch recht traurig enttäuscht werden.
    Als der Jäger Sabine auf eine kleine Erhöhung stieg und von da aus das Meer überschaute, rief er plötzlich aus:
    »Ein Schiff! Ein Schiff!«
    Wie elektrisirt sprangen Alle nach dem Jäger zu; Lieutenant Hobson befragte ihn mit den Augen.
    Sabine wies auf einen Punkt im Osten, der sich wie ein leichter weißer Hauch vom Horizont abhob. Ohne eine Silbe zu sprechen, starrten Alle dahin, und bald erkannte Jeder deutlich die Masten eines Schiffes.
    Wahrscheinlich gehörte Letzteres einem Walfänger an; über die Sache selbst konnte man sich nicht täuschen, denn nach Verlauf einer Stunde wurde auch der Schiffsrumpf sichtbar.
    Leider erschien dasselbe im Osten, d.h. auf der entgegengesetzten Seite von der, nach welcher das entführte Floß geschwommen sein mußte. Den Walfänger trieb nur der Zufall in diese Meerestheile, und durfte man sich nicht dem Glauben hingeben, daß er etwa nach Schiffbrüchigen suche, da ihm das leere Floß nicht begegnet war.
    Jetzt handelte es sich um die Frage, ob man von jenem Schiffe aus das wenig über dem Wasser aufragende Eiland wahrnehmen und die Nothsignale erkennen würde, die man nach besten Kräften gab. Bei hellem Tage war das nicht eben wahrscheinlich. Bei Nacht hätte man ein weithin sichtbares Feuer unterhalten können. Würde das Schiff aber nicht vor Einbruch der Nacht verschwunden sein? Auf jeden Fall machte man sich durch Zeichen und Gewehrschüsse bemerkbar.
    Doch – das Schiff kam näher! Man erkannte einen Dreimaster, offenbar einen Walfischfänger aus Neu-Archangel, der nach Umsegelung der Halbinsel Alaska der Behrings-Straße zusteuerte. Er befand sich hinter dem Wind der Insel und fuhr mit dem halben Segelwerk nach Norden. Ein Seefahrer hätte es an der Segelstellung erkennen müssen, daß jenes Schiff nicht eigentlich auf die Insel zuhielt. Aber vielleicht bemerkte es diese?
    »Wenn es uns gewahr wird, flüsterte Lieutenant Hobson dem Sergeant Long in’s Ohr, wenn es uns gewahr wird, sucht es zu entfliehen!«
    Jasper Hobson hatte mit diesen Worten vielleicht Recht. In diesen Meeren fürchten die Seefahrer Nichts mehr, als die Annäherung von Eisbergen und Eisinseln, an welche schwimmende Klippen sie in der Dunkelheit der Nacht so leicht stoßen können. Deshalb eilen sie, sobald ihnen selbige zu Gesicht kommen, ihre Richtung zu ändern. Würde jenes Schiff nicht dasselbe thun, wenn es das Eiland bemerkte?
    Wahrscheinlich.
    Keine Feder vermöchte den Wechsel von Hoffnung und Verzweiflung zu schildern, den die Schiffbrüchigen zu erdulden hatten. Bis zwei Uhr Nachmittags konnten sie noch glauben, daß die Vorsehung endlich Mitleid mit ihnen habe, daß die Hilfe käme, daß die Rettung da sei. Immer hatte sich das Fahrzeug in schräger Richtung genähert. Jetzt war es nur noch sechs Meilen von dem Eilande entfernt. Man verdoppelte die Nothsignale, schoß so stark man konnte, erzeugte selbst einen möglichst dicken Rauch, indem man einige Planken von der Wohnung opferte ….
    Vergeblich. Entweder sah Niemand auf dem Schiffe das Eiland, oder es beeilte sich doch, demselben zu entgehen.
    Um zweiundeinhalb Uhr wendete es ein wenig und entfernte sich nach Nordosten.
    Eine Stunde nachher war es wiederum nur wie ein weißlicher Rauch zu sehen, und bald darauf vollkommen verschwunden.
    Da stieß einer der Soldaten, Kellet, ein gellendes Gelächter aus. Man hätte glauben sollen, daß er wahnsinnig geworden sei.
    Mrs. Paulina Barnett sah ihrer Madge gerade in’s Gesicht, so als wollte sie fragen, ob sie noch immer Hoffnung hege.
    Madge wendete den Kopf ab.
    Am Abend dieses unseligen Tages wurde wieder ein lauter Krach hörbar – der größte Theil des Eilandes löste sich los und verschwand im Meere. Laut schallte der Angstschrei der Thiere. Von der Insel war noch das Stückchen zwischen der früheren Wohnung und dem Cap Bathurst übrig!
    Nun war sie zur – Scholle geworden!
Dreiundzwanzigstes Capitel.
Auf einer Scholle.
    Eine Scholle! Ein unregelmäßiges dreieckiges Stück Eis, dessen Seiten von hundert bis höchstens hundertfünfzig Fuß maßen! Und darauf einundzwanzig menschliche Wesen, gegen hundert Pelzthiere, ein riesiger Polarbär – Alle auf diesen letzten Ueberrest zusammengedrängt.
    Ja, noch waren die
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