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Das lässt sich ändern

Das lässt sich ändern

Titel: Das lässt sich ändern
Autoren: Birgit Vanderbeke
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seine Katzen nicht mit nach Hause nehmen könne, weil es Draußenkatzen seien, und wenn Magali nun ein Draußenkind würde, könnte sie Tag und Nacht mit den Katzen zusammen sein.
    Anatol wusste nicht, worauf sein Vater hinauswollte, und sagte erst einmal nichts. Ich nahm das alles nur nebenbei und im Halbschlaf wahr, bis zu dem Moment, als Adam sagte, ihr wisst doch, was eine Jurte ist.
    In meinem Kopf ging schrill eine Alarmglocke los. Das hörte sich nach Abenteuer an. Ich bezweifle stark, dass sich dieses Abenteuer mit Anatols Schullaufbahnvertragen würde. Ich wurde schlagartig wach und setzte mich neben Adam aufrecht ins Bett.
    Magali wusste nicht, was eine Jurte ist, sie schüttelte den Kopf, aber Anatol wusste es natürlich. Anatol war Mongole.
    Yepp, sagte er etwas unsicher, weil er immer noch nicht kapierte, was Adam im Sinn hatte. Ich allerdings ahnte es und hätte lieber weitergeschlafen, aber es half nichts, jetzt war ich wach.
    Meinst du, wir könnten so ein Ding hinkriegen, sagte Adam betont nebenbei.
    Anatol machte große Augen und wusste nicht, ob sie das hinkriegen würden, aber Adam sagte, bisschen Holz, bisschen Stoff, ein paar Seile, das ist praktisch schon alles.
    Daudau, dachte ich.
     
     
    Als die Kinder später wieder in ihren Betten lagen und so aufgeregt flüsterten, dass wir lange nicht einschlafen konnten, sagte ich vorsichtig, meinst du nicht, ein Campingzelt hätte es auch getan?
    Adam lachte und sagte, ein buntes Stück Plastik für dreißig Mack, oder wie?
    Adam träumte von etwas anderem als einem Stück Plastik. Von etwas ganz anderem.Am nächsten Tag fragte ich Frau Özyilmaz, und sie war einverstanden damit, dass Bora mitmachen durfte.
    Sie sagte nichts von den eingeschlagenen Scheiben, aber ich merkte, dass sie daran dachte.
     
     
    Das bisschen Holz, das bisschen Stoff, die paar Seile beschäftigten Adam in der nächsten Zeit unablässig, weil es darum ging, ob das Holz Esche oder Nuss oder Bambus sein sollte, der Stoff womöglich Filz oder PVC oder beides, die paar Seile aus Hanf oder Draht, schließlich wurde es von allem etwas, und es war von allem wesentlich mehr als ein bisschen; es ging um meterweise Scherengitter, Dachlatten, eine Kuppel, ein Kreuz, und es ging um Unmengen Stoff.
    Wenn du keine Baustelle unter den Fingern hast, bist du einfach nicht glücklich, sagte Fritzi, wenn sie Adam dabei sah, wie er Zeichnungen machte und mit Zahlen vollkritzelte, die alles andere als ein Bauplan waren, und das, was Anatol und Magali kritzelten, war auch alles andere als ein Bauplan, nur Bora hatte eine Vorstellung von der Tragweite des Projekts, und als künftiger Bauingenieur hatte er bei der Planung auch ein Lineal und einen Zirkel zur Hand. Später, nachdem sich die Berge von Holz hinter Fritzis Haus stapelten, die Adam und die Kinder aus dem Wald geholt hatten, war es mit Lineal und Zirkel nicht mehr getan, abwechselnd bekamenBora und Anatol Adams Bohrmaschine in die Hand, Bora war derart in die wichtige Arbeit versunken, dass er immer öfter vergaß, sich zu kratzen, und schließlich ganz damit aufhörte, und Anatol verbrannte sich fürchterlich die Finger, weil er im Eifer seiner Arbeit vergessen hatte, dass die Bohrer heiß werden, wenn man mit ihnen Löcher durch die Seitenstangen der künftigen Jurte bohrt.
    Was den Filz betraf, hatte keiner von uns eine Ahnung, wo man ihn herbekommen sollte.
     
     
    Adam sagte, für mich ist Filz das Elend, das übrig bleibt, wenn ein Pullover zu heiß gewaschen wird.
    Moment mal, sagte ich, apropos Pullover.
    Der Bauer Holzapfel hatte seine Schafe früher von einem Profi scheren lassen, der ihm die Wolle auch gleich entsorgte.
    Bis Adam sagte, das ist rausgeschmissenes Geld.
    So ein Quatsch, sagte Holzapfel. Wolle lohnt sich nicht. Ist schließlich keine Mikrofaser.
    Hier wird keine Wolle mehr weggeschmissen, sagte Adam.
    Holzapfel sagte, und das Waschen, Kardieren, Spinnen und alles, will sich etwa einer von euch die ganzen Umstände machen. Am Ende noch Socken stricken. In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?
    Adam wusste sehr genau, in welchem Jahrhundert wir lebten. Wir lebten in einem Jahrhundert, das inwenigen Jahren zu Ende sein würde, und dann, so sagte Adam, fangen die finsteren Zeiten erst an, dann wird es nicht mehr sehr lange dauern, bis es gewaltig den Bach runtergeht; aber natürlich hatte keiner von uns Lust auf Wollewaschen, Kardieren und Spinnen. Am Ende noch Socken stricken.
    Dennoch begannen Adam und
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