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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
Autoren: Katia Fox
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durch den Wald, dass ihre Füße kaum den Boden berührten und die spitzen Steine nicht wie sonst durch die dünnen Ledersohlen ihrer Schuhe drückten. Selbst die zartgelben Blumen, die sie so liebte und die an vielen Stellen den Boden bedeckten, nahm sie kaum wahr. Sie würde keine Gnade von Leofrun zu erwarten haben. Aelfgiva musste ihr helfen! Ellen brauchte nicht lange, bis sie die kleine Lichtung erreichte, auf der die Hütte der Hebamme stand. Atemlos blieb sie stehen.
    Auf den Sonnenstrahlen, die durch das grüne Blätterdach fielen, tanzten feine Staubkörnchen, die wie Gold schimmerten.
    Aelfgiva stand gebückt vor den Ringelblumen und erntete die orangegelben Blüten, um Salben und Tinkturen daraus zu bereiten. Ihre schlohweißen Haare, die sie stets im Nacken zu einem Knoten gedreht trug, leuchteten wie Schnee im Kräuterbeet. Aelfgiva presste die flache Hand gegen ihr Kreuz und richtete sich mühsam auf, als Ellen auf sie zueilte. »Ellenweore!«, rief sie erfreut. Ihr Gesicht legte sich in kleine Falten, wenn sie lachte, und ihre gutmütigen, klugen Augen glänzten.
    Ellen blieb wie gelähmt vor ihr stehen. Tränen schnürten ihr die Kehle zu.
    »Aber Kindchen, was ist denn los? Du siehst ja aus, als seist du dem Leibhaftigen begegnet!« Aelfgiva breitete die Arme aus und umschlang das weinende Mädchen mitleidig. »Lass uns reingehen. Ich habe noch einen Rest Kohlsuppe, die mache ich uns warm, und dann redest du dir deinen Kummer in Ruhe von der Seele.« Aelfgiva nahm ihren Korb und zog Ellen an der Hand hinter sich her.
    »Sie hat sich mit Sir Miles, diesem ekelhaften Angeber, im Stroh gesuhlt!« Aus Ellens Stimme klangen Hass und Verzweiflung. »Ich habe es selbst gesehen!« Sie verzog das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse und berichtete, zuerst noch schluchzend, dann immer wütender, was geschehen war.
    Nachdem sie geendet hatte, stand Aelfgiva auf, ging zur Feuerstelle und scharrte nervös in der Asche. Dann setzte sie sich wieder, nestelte an ihrem Ausschnitt herum und kniff sich in den faltigen Hals. »Deine Mutter muss ungefähr so alt gewesen sein wie du jetzt. Oh Herr, verzeih mir, ich weiß, ich habe ihr versprochen, dass ich es niemandem erzähle.« Aelfgiva richtete ihren Blick gen Himmel und bekreuzigte sich.
    Ellen sah sie neugierig an.
    »Sie war mit einem sehr wohlhabenden Seifenhändler verlobt, aber dann hat sie einen jungen Normannen kennen gelerntund sich verliebt.« Aelfgiva holte tief Luft, als fiele ihr das Sprechen schwer. »Deine arme Mutter hat nichts über die Folgen der Liebe gewusst und schon bald ein Kind unter ihrem Herzen getragen. Dein Großvater hat getobt, als er davon erfuhr. Der junge Normanne war von hoher Geburt, was eine Hochzeit mit ihm ausschloss, aber auch die Verlobung mit dem Seifenhändler musste gelöst werden. Der erboste Bräutigam drohte sogar, Leofrun an den Pranger zu bringen, wenn sie nicht aus der Stadt verschwände.« Aelfgiva nahm Ellens Hände und sah sie eindringlich an. »Die Strafen für Frauen, die ein Kind bekommen, ohne verheiratet zu sein, sind sehr hart. Man rasiert ihnen den Kopf und peitscht sie aus. Manche überleben Schmerz und Schmach nicht und sterben noch am Pranger. Aber auch diejenigen, die überleben, können kein ehrenwertes Leben mehr führen, und so nehmen viele von ihnen später die schwerste aller Sünden auf sich und machen ihrem kümmerlichen Dasein selbst ein Ende. Dein Großvater musste sein Ansehen und das Leben seines einzigen Kindes retten, also hat er sie gegen ihren Willen mit Osmond verheiratet und aus Ipswich fortgeschickt, bevor die Schande zu sehen war.« Aelfgivas bekümmertes Gesicht bekam einen weichen Zug, als sie weitersprach. »Osmond hatte sich auf der Stelle in deine schöne Mutter verliebt.«
    »Dann hat sie doch Glück gehabt, dass er sie überhaupt genommen hat. Ohne ihn wäre sie womöglich schon tot!«
    »Sie hat ihre Unwissenheit bitter bezahlen müssen und statt eines reichen Kaufmanns und eines Lebens in Wohlstand nur einen einfachen Handwerker bekommen. Sie hasst dieses schmutzige, ärmliche Leben, das sie jetzt führen muss. Deshalb ist sie voller Zorn«, versuchte die Alte zu erklären.
    »Und was ist aus dem Kind geworden?«, fragte Ellen neugierig.
    Aelfgiva strich ihr über die wilden Locken. »Ach, Liebchen, du bist das! Was glaubst du wohl, warum sie dich so behandelt? Für sie bist du allein schuld an ihrem Unglück.«
    Ellen sah Aelfgiva an, wie vom Donner gerührt. »Aber dann bin
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