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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition)
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Stunde hatte er auf dem Dachboden der Folger Shak e speare Library auf den Anruf gewartet. Anfänglich hatte alles nach einem leichten Routinejob ausgesehen. Die Chance war groß, dass er überhaupt nicht zum Einsatz kam, aber jetzt war es doch soweit. Er huschte über das Dach, duckte sich hinter die Brüstung und schaute sich die Bescherung in Ruhe an. Die Luftlinie bis zum Kapitol maß weniger als fünfhundert Meter, eine lächerliche Distanz für sein Präzisionsg e wehr, mit dem er auch aus tausend Metern nur einen Schuss pro Kopf benötigte.
     
    Anfangs war es ein Auftrag für Amateure, leicht verdientes Geld, doch das hatte sich in der letzten Stunde gründlich geändert. Ein Protestzug von Klimaschützern mit ihren roten We l tuntergangsplakaten hatte sich zu einem wahren Volksaufmarsch entwickelt. Übertr a gungswagen aller großen Fernsehstationen standen auf beiden Seiten des Portals. Ihre Teams, eigentlich für das große Hearing angerückt, fieberhaft damit beschäftigt, die aufgeheizte Stimmung vor dem Kapitol einzufangen. Ein paar Spinner besetzten die Freitreppen mit ri e sigen Transparenten, auf denen intelligente Sprüche wie »Stop Coal« und »Stoppt die globale Erwärmung« standen. Im Chor skandierten sie Slogans, die der Wind bis zu ihm herüber trug. Er verstand sie nicht, aber sie waren bestimmt nicht origineller als ihre Spruchbänder. Hee r scharen von Polizisten zu Fuß und zu Pferd hatten alle Hände voll zu tun, den Protest der Massen einigermaßen in geordnete Bahnen zu lenken. Das konnte ihm nur recht sein, aber durch die vielen Leute war das Fenster für einen sicheren Schuss extrem klein g e worden. Seit dem Anruf waren zehn Minuten vergangen. Das Taxi mit den zerschos s enen Scheiben müsste bald da sein.
     
    Zwei Minuten später hielt es an der First Street. Er verfolgte die Frau, die das Kapitol nicht betreten durfte, durch das Zielfernrohr, während sie sich durch die Menge zur Treppe drängte. Sein Zeigefinger lag ruhig am Abzug.
     
    Nach allem, was sie in der letzten Zeit durchgemacht hatte, empfand Marion umso mehr Sympathien für die Demonstranten. »Stoppt die Kohle« konnte sie jederzeit unterschreiben. Nur den Weg versperren sollten sie ihr nicht. Das Gedränge machte sie allmählich aggressiv.
     
    »Pass doch auf, Idiot!«, schimpfte sie lauthals, als ein Kasten von einem Mann sie rüde a n rempelte. Beinahe wäre sie der Länge nach hingefallen und die hundert Kilo auf sie. Sie musste sich an ihm festhalten, aber er verlor das Gleichgewicht und sackte zu Boden. Ein Sprung zur Seite rettete sie vor dem Sturz auf die Treppe. Im selben Moment, als die ersten Schreie ertönten, sah sie die blutende Wunde in der Schulter des Demonstranten. Von Panik ergriffen, flüchtete sie mit eingezogenem Kopf in eine Gruppe von Leuten, die fassungslos auf den niedergestreckten Gesinnungsgenossen starrten. Genau hinter der Stelle, wo sie noch vor einer Sekunde gestanden hatte, ging ein zweiter Demonstrant mit einem Schmerzens s chrei in die Knie. Sie sah noch aus den Augenwinkeln, wie sich seine Hände rot färbten, als er sie an die Hüfte presste.
     
    »Sniper!«, rief der Erste, der begriff, was sich abspielte. Wie auf Kommando stoben die Leute auseinander, schrien durcheinander. Das nackte Chaos brach aus. Die Angst vor der nächsten Kugel verlieh auch ihr Flügel. Statt sich von der Polizei die Treppe hinunterjagen zu lassen, rannte sie so schnell sie konnte zum Eingang, direkt in die Arme der Capitol Police, die ihren Kameraden draußen zu Hilfe eilten. Ein kräftiger Kerl schmetterte ihr einen Befehl entgegen, wollte sie aufhalten, aber sie schlug einen Haken und brachte sich mit einem Sprung ins Innere in Sicherheit.
     
    »Marion Legrand, ich bin Zeuge im Hearing!«, keuchte sie atemlos, während sie mit erhobenen Händen in die Pistolenläufe der Polizisten starrte. Sie hörte kurz die S i renen der anrückenden SWAT Teams, bevor Beamte die Tore schlossen und das Kapitol hermetisch abriegelten. Wenigstens auf der richtigen Seite, dachte sie sarka s tisch. »In zehn Minuten beginnt die Anhörung. Mein Ausweis steckt in der Tasche, darf ich ...?« Ihre Nerven lagen blank, wie die der Beamten. Unter den Augen zah l reicher Gaffer gelang es ihr schließlich, die Polizisten zu überzeugen.
     
    Ihr fiel ein Stein vom Herzen, als sie Lee wohlbehalten neben Peter am Zeugentisch sitzen sah. Sie begrüßte ihn mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und holte ihre Unterlagen aus der
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