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Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers
Autoren: Gillian Bradshaw
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dort Artus’ Verbündeten zu helfen. Viele blieben auch beim Kaiser auf seiner Festung Camlann. Alle Mitglieder seines Heerbanns waren von edler Abkunft und konnten jedem König auf der Insel die Meinung sagen. Sie konnten einen Anteil von dem Tribut verlangen, der Artus von den anderen Herrschern in Britannien gezahlt wurde. Manche von ihnen waren selbst Herrscher. Es konnte kaum erwartet werden, daß einer dieser Männer in unserem Land auftauchte, und das mitten im Winter. Ich dachte an das Gefühl, das ich gehabt hatte, als ich ihn zum erstenmal sah. Er hätte aus einem Lieblingslied stammen können. Wenn er von Artus’ Truppe war, dann stimmte das wahrscheinlich auch.
    »Dann biete ich dir alle Ehren, Herr«, sagte ich, »ich bin nicht der Mann, der sie dir vorenthält.«
    Er schaute mich scharf an. »Du verspürst also keinen Zorn gegenüber dem Pendragon, der deine Steuern erhöht hat?«
    »Keine, Herr, für den Kaiser, der die Macht der Sachsen gebrochen hat.«
    Er lächelte mit etwas weniger Bitterkeit.
    »Wenn du wirklich ein Mann des Pendragon bist, was führt dich dann hierher?« wollte Goronwy wissen, während er mich und den anderen anstarrte.
    Der Reiter starrte zurück. Sein Blick war wieder kalt und stolz. »Es geziemt dir nicht, mir Fragen zu stellen, Mann. Kümmere dich um deine Ochsen.« Er wandte den Blick zu dem Weg, der vor uns lag. Innerlich verfluchte ich Goronwy, und ich trat ihn mehrmals für seine Unverschämtheit. Er hatte es geschafft, daß der Reiter wieder verschlossen wurde, als er gerade ein bißchen offener geworden war. Die Anweisung wegen der Ochsen war nicht nur für Goronwy gemeint, das wußte ich. Dennoch hatte Goronwy sicher nicht mehr zu sagen als ich. Mein Vater, und nicht Goronwys Vater, war der Führer unseres Hofes, und mein Vater neigte im allgemeinen dazu, den Kaiser zu unterstützen, wenn auch mit einigen Bedenken. Wenn wir dem Fremden Gastfreundschaft boten, dann fühlte er sich vielleicht unter Freunden und sprach freier. Ich sehnte mich danach, ihn reden zu hören. Wie ein kleiner Junge wollte ich von Artus’ Truppe hören, von der Familie, von Schlachten und Königen und dem Kampf gegen die barbarische Finsternis. Ich sehnte mich danach wie ein Kind oder wie ein Mann, der zu dumm ist, um den Unterschied zwischen einer hübschen Geschichte und den Tatsachen zu erkennen. Denn Könige und Krieger waren in aller Wahrscheinlichkeit gewalttätige Männer. Ich hatte solche Dinge schon immer hören wollen, selbst nachdem ich wußte, daß es dumm war, sich so etwas zu wünschen. Selbst, nachdem ich alles gut konnte, was ein Bauer und Clansmann können sollte. Selbst nachdem ich zu alt war, um mir solche Dinge zu wünschen, und obwohl ich gar keinen Grund hatte, sie mir zu wünschen. Ich wollte sogar früher einmal Krieger werden. Aber in diesem Handwerk muß ein Mann seit seiner frühen Knabenzeit ausgebildet werden, und gewöhnlich beginnen Krieger schon mit dem Kämpfen, wenn sie nicht mehr sind als Kinder von vierzehn Jahren. Ja, und sie sterben, bevor sie zwanzig sind. Aber früher einmal hatte ich gedacht, der
    Tod könnte es vielleicht wert sein, und dieser Mann hier, der brauchte nur einen Fluß zu überqueren, und ich wünschte mir das alles wieder.
    Wahrscheinlich war es besser, wenn dieser Fremde nichts erzählte. Ich hatte schon früher mit meinen Sehnsüchten Ärger genug gehabt, und mit der Zeit würde ich sicher auch ruhiger werden. Es gab keinen Grund, den alten Dämon wieder aufzuwecken. Ich war einundzwanzig, nicht alt, aber zu erwachsen, um mich von Kinderträumen verrückt machen zu lassen.
    Den Rest unserer drei Meilen legten wir schweigend zurück. Die Sonne ging in den Wolken unter, und die Sterne überzogen sich mit Dunst. Der Wind stand kalt auf unseren Gesichtern, stach uns in die Augen und ließ sie tränen. Der Krieger hüllte sich in seinen Umhang, steckte endlich das Schwert in die Scheide, aber ich bemerkte, daß er die Hand darauf liegen ließ. Meine Zähne klapperten, als wir die langen, niedrigen Gebäude unseres Hofs erreichten und die warmen Feuer und das Essen rochen.
    Bei unserem Haus sprang ich aus dem Karren und sagte Goronwy, er solle warten. Er stimmte mit einem Grunzen zu, obwohl er unseren Gast nervös anschaute. Der Fremde verhielt nur ruhig sein Pferd und schaute Goronwy und die Tür an.
    Meine Mutter und die ältere meiner Schwestern saßen beim Feuer und kochten. Mein jüngerer Bruder Dafydd saß da und spielte mit dem Hund,
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