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Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers
Autoren: Gillian Bradshaw
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stehen. »Und wie die Dinge stehen, Herr Gawain, so bist du willkommen und darfst dich wie zu Hause fühlen. Wirklich, meine Familie ist geehrt. Rhys!« Er drehte sich halb zu mir um. »Du und Goronwy, ihr ladet das Holz aus und stellt die Ochsen ein. Herr Gawain« - er wandte sich wieder an den anderen -, »komm ins Haus und ruh dich aus.«
    »Mein Pferd«, sagte der andere. »Ich muß mich zuerst um mein Pferd kümmern.«
    »Rhys kann.«
    »Ich sorge selbst für ihn.«
    »Na gut. Die Scheune liegt dahinten, Herr. Rhys, als erstes sagst du deiner Mutter, sie soll etwas Besonderes auf den Tisch bringen -ein bißchen von dem Schinken, ja, das zum mindesten. Und Eier -mit Sicherheit Eier. Und auch ein paar von den Äpfeln - ach, sie weiß das sicher besser als ich. Wie ist es mit heißem Wasser? Ja, heißes Wasser. Nun, so geh doch schon!« Er machte sich wieder auf den Weg zurück zur Scheune, und der andere folgte ihm. Er führte sein Pferd, das ein bißchen hinkte.
    Ich zögerte. Dann rannte ich zum Haus, keuchte die
    Anweisungen meines Vaters heraus - unnötigerweise, denn die Lauscher hatten es schon selbst gehört -, rannte zurück zum Karren, sprang hinein und sagte Goronwy, er solle sich beeilen.
    »Aber ich verstehe das nicht«, beklagte sich Goronwy, während er die Ochsen antrieb und sie mit schwankenden Schritten zum Holzstoß liefen. »Mein Onkel Sion kennt diesen Krieger?«
    Ich schüttelte den Kopf, eher erstaunt als verneinend. Mein Vater hatte viele Dinge über den Pendragon gesagt, über seine Krieger und seine Politik. Aber die seltsamste Geschichte, die er erzählte, handelte davon, daß er einmal, als er Weizen zum Verkauf nach Camlann fuhr, einen jungen Mann im Karren mitgenommen habe, der sich später als Gawain, Sohn des Lot, des Königs von den Ynysoedd Erch, diesen Inseln nördlich von Kaledonien, herausstellte. Die beiden hatten auf dem Weg miteinander geredet, und mein Vater hatte dem anderen für eine Nacht die Unterkunft bezahlt, in Unkenntnis dessen, wer er war. Danach entdeckte mein Vater dann, daß der Junge gerade den Sachsen entkommen war und daß er nach Camlann wollte, um sich der Familie anzuschließen. »Ich wußte, als ich mit ihm redete, daß er einmal ein großer Krieger werden würde«, sagte mein Vater immer, wenn er die Geschichte erzählte. »Und ich habe ihn darum gebeten, mich im Gedächtnis zu behalten, aber das ist der reine Stolz, wenn man von einem berühmten, ruhmreichen Herrn gekannt sein will. Seht ihr, er ist ein großer Krieger. Er war ein guter Junge, als ich ihn kennenlernte. Ruhig, höflich, großzügig - vielleicht ein bißchen unheimlich, aber. Ich frage mich, ob er sich wohl noch an mich erinnert. Ich möchte es bezweifeln.«
    Es war jetzt neun Jahre her, seit mein Vater zum erstenmal diese Geschichte erzählt hatte. Damals war er gerade von der Reise zurückgekehrt, und Gawain ap Lot war noch immer unbekannt. Aber am Ende des gleichen Sommers sprach und sang man in ganz Britannien von ihm. Viele Geschichten von unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit wurden von ihm erzählt. Man sagte, er hätte ein Pferd der Überirdischen gezähmt, ein unsterbliches Tier, schneller als der Wind, und niemand könne es reiten außer ihm allein. Man sagte, er hätte ein verzaubertes Schwert, und seine Kraft verdreifachte sich in der Schlacht. Er könne, so sagte man, drei Männer mit einem einzigen Schlag niederstrecken, und nichts könne ihm widerstehen. Der Kaiser schickte ihn mit Vorliebe als Botschafter aus, wegen seiner Höflichkeit und Redegewandtheit.
    Man sagte, er könne den Bienen durch Höflichkeit den Honig entlocken, und er könne Wasser aus einem Felsen hervorreden. Was immer man auch glauben wollte, er war einer der Besten, wahrscheinlich der Beste, aus Artus’ Familie, und das hieß, er war der beste Krieger in Britannien. Und wenn man sich auch allgemein darüber im klaren war, daß er etwas >Unheimliches< hätte, so wurde er doch von Kaledonien bis Gallien bewundert. Und er hatte sich an meinen Vater Sion erinnert, und er würde als Gast in unserem Haushalt bleiben.
    »Du hast doch die Geschichte meines Vaters gehört«, sagte ich Goronwy. »Das ist der Herr Gawain ap Lot.«
    Goronwy beäugte mich und murmelte irgend etwas. Ich fragte ihn nicht, was er gesagt hatte. Ich wußte genau, daß er mich für ein bißchen verrückt hielt, und vielleicht hatte er auch recht, aber ich war zu aufgeregt, um mich darum zu kümmern. Ich glaube, noch nie ist Holz schneller
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