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Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers
Autoren: Gillian Bradshaw
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zu versorgen.«
    »Ein Schlachtroß ist kein Luxus für einen Krieger, der zu Pferde kämpft. Ich habe das Korn; laß es ihn doch fressen.« Und mein Vater gab nicht nach, trotz der einleuchtenden Argumente des anderen.
    Der Krieger überprüfte auch noch einmal die Hufe seines Tieres, und wieder schaute er besorgt drein wegen der Eisen. »Gibt es in der Nähe einen Schmied?« fragte er hoffnungsvoll.
    »Um diese Jahreszeit gibt es hier keinen gelernten. Manche kommen vorbei, wenn das Wetter wärmer ist, und stellen an Markttagen ihre Schmiede hier auf. Aber wir könnten dir dein Pferd beschlagen. Mein Neffe Goronwy stellt sich ganz gut dabei an.«
    »Das wäre schön. Und könnte er vielleicht auch mein Kettenhemd reparieren?«
    »O, das ist schon schwerer. Sehr schwierig, würde ich sagen.«
    »Es braucht im Augenblick keine komplette Reparatur zu sein. Nur ein paar Ringe, die von der Seite eingeschlagen werden, damit der Rest zusammenhält. Auf der Reihe, wo der Speer durchgedrungen ist.«
    »Du kannst Goronwy ja mal sagen, wie du es haben willst, und dann werden wir sehen.«
    Gawain nickte, und wir gingen zurück zum Haus. Vor der
    Scheune entschuldigte sich mein Vater und ging hinüber zu den Ställen, um sich um das Vieh zu kümmern.
    »Wie hat denn der Speer die Eisenringe durchdrungen?« fragte ich neugierig, während wir den Hügel hinauf trotteten. »Ich dachte, ein Kettenhemd schützt einen Mann.«
    »Es war ein Wurfspeer.« Ich muß blöde dreingeschaut haben, weil Gawain plötzlich lächelte und erklärte: »Ein Kettenhemd hält auch Wurfspeere ab, vorausgesetzt, du bist nicht zu nah an dem, der sie wirft. Wenn der Schlag flach kommt, hält ein Kettenhemd ebenfalls ein Schwert oder ein Messer ab. Aber eine Lanze oder eine Schwertspitze oder ein harter, gerader Schlag mit einem guten Schwert schneidet durch die Eisenringe wie durch Leder. Man würde mehr von dem Zeug erwarten, wenn man weiß, wie teuer es ist, nicht wahr? Trotzdem, es ist viel besser als das nächstbeste.«
    »Wieviel hast du denn für deins bezahlt?« fragte ich neugierig.
    »Ich hab’ es nicht gekauft. Ich hab’ es einem sächsischen Fürsten abgenommen.«
    Nachdem er ihn natürlich getötet hatte. Ein harter, gerader Schlag mit einem guten Schwert? Ich schaute mir den juwelenbesetzten Heft von Gawains Schwert an, das auf dem Grau meiner zweitbesten Übertunika glühte. Kriegsausrüstung hat eine Schönheit, die das Glitzern von Stahl und Bronze und das Leuchten bunter Banner mit all meinen Gedanken verwoben hatte, seit damals, als ich zum erstenmal an einem Sommermorgen eine Gruppe von Kriegern die Straße, die von Caer Legion nach Süden, nach Camlann führt, hatte hinabreiten sehen. Aber letzten Endes waren die Ausrüstung und das Glitzern nur Werkzeug eines Handwerks, und dieses Handwerk bestand darin, zu töten oder getötet zu werden. Warum sollte ich es als wunderbar betrachten? Ich war alt genug, um es besser zu wissen.
    Das Schwert war trotzdem wunderschön.
    Am Abend aß Gawain etwas mehr als in der vergangenen Nacht. Er dankte meiner Mutter für das Mahl, und zwar in sehr höflichen Worten. Seine Stimme war nicht mehr rauh, aber er sprach noch immer leise. Morfudd, die ältere meiner Schwestern, bemerkte auffallend schnell, wenn er irgend etwas brauchte, und sie beobachtete ihn, bescheiden zwar, aber mit einem Glitzern in den Augen. Ich wußte genau: Später würde sie mit meiner anderen Schwester über ihn reden. Ich verstand, warum Frauen das wohl taten. Plötzlich dachte ich an mein eigenes Gesicht, im Vergleich mit seinem. Es gehörte wirklich nicht zu der Art, die diesen
    Gesichtsausdruck bei Frauen hervorrief, fürchtete ich. Mein Gesicht erweckte mehr schwesterliche Vertraulichkeit, auch von Frauen, die nicht meine Schwestern waren. Nein, ich war nicht häßlich, aber grobknochig, rothaarig und blauäugig wie mein Vater, und im Sommer hatte ich überall Sommersprossen. Alle behaupteten immer, ich sähe ehrlich aus. Ein ehrlicher Bauer, aus einem einigermaßen wohlhabenden Clan und in einem Alter, in dem man sich mit irgendeiner ehrlichen Ehefrau niederläßt und für den Fortbestand des Clans sorgt. Gawains Gesicht war fein geschnitten. Er hatte hohe Wangenknochen und dunkle Augen, und sein Bart, der jetzt kurz getrimmt war, ließ sein Gesicht noch schmaler erscheinen. Er sah aus wie das, was er war: ein Krieger, und zweimal von königlichem Geblüt. Aber warum sollte ich das Gefühl haben, daß er soviel mehr wert
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