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Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Titel: Das Kleine Buch Der Wahren Liebe
Autoren: Anselm Gruen
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sind bald ausgeschöpft. Es braucht noch mehr: eine Richtung, die nicht abgeschritten werden kann, die einen unendlichen Raum eröffnet. Das ist die Richtung der Transzendenz.

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    Letztlich können nur Güter unsere Sehnsucht stillen, die über diese Welt hinausweisen und hinausreichen. Wer sich nach Liebe sehnt, sehnt sich nicht nur nach einem konkreten Menschen, der ihn liebt und den er zu lieben vermag. Letztlich steckt in der Sehnsucht nach Liebe immer schon die Ahnung einer unendlichen Liebe, die mehr ist als Lieben und Geliebtwerden. Es ist die Sehnsucht danach, Liebe zu
sein
. Wer Liebe
ist
, der hat teil an der Wirklichkeit des Absoluten.

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    Liebe ist göttlich. Gott ist die Liebe. Wer in Gott ist, der ist auch in der Liebe. Und umgekehrt gilt auch: „Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm“ (1.   Joh, 4. 16). Aber es genügt nicht, die göttliche Gabe der Liebe zu genießen. Wir müssen diese Liebe auch zu den Menschen und zur Welt hin fließen lassen. Wir müssen ihr durch neue Verhaltensweisen Ausdruck verleihen. Sonst stirbt sie ab. Sonst ersticken wir am Gefühl der Liebe. Die Liebe muss strömen, damit sie lebendig bleibt.
     
    Wenn wir Liebe in uns spüren, dann haben wir etwas von Gott verstanden, dann haben wir teil an Gott. Und diese Liebe lässt es uns aushalten in der Welt, in der so vieles ist, was wir nicht verstehen und nur schwer akzeptieren können.
    Gott ist die Liebe, die uns umgibt und die in uns ist. Er ist das unbeschreibliche Geheimnis, das uns in allem aufscheint. Er ist ein Du, das uns gegenübertritt. Und er ist der Geist, der auf dem Grund unserer Seele in uns ist wie eine Quelle, die unaufhörlich sprudelt und uns mit Frische und Lebendigkeit erfüllt.

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    Die Liebe zu Gott und zu den Menschen ist kein Gegensatz. Ich muss mich nicht entscheiden, ob ich Gott liebe oder die Menschen. Vielmehr liebe ich nur dann Gott, wenn ich auch die Menschen liebe. Und umgekehrt gilt: wenn ich einen Menschen wirklich liebe, dann erfahre ich darin als Tiefe dieser Liebe auch die Liebe zu Gott, der meine tiefste Sehnsucht nach Liebe allein und für immer zu erfüllen vermag.

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    Der persische Sufipoet Rumi hat einmal gesagt, dass der Atem Gottes Liebesduft ist. Dieses Bild hat mir geholfen, im eigenen Atem die Liebe Gottes zu erfahren. Ich stelle mir vor, wie im Atem Gottes Liebe in mich einströmt und in alle Bereiche meines Leibes und meiner Seele eindringt. Indem ich mit meinem Bewusstsein dem Atem folge, spüre ich die Beziehung zu Gott leibhaftig. Gottes Liebe strömt in mich ein und wird im Atem erfahrbar. Wenn ich tagsüber die Beziehung zu Gott nicht spüre, dann hilft es mir, wenn ich wieder bewusst ein- und ausatme und mir vorstelle, dass jetzt in diesem Atemzug Gottes Liebe in mich einfließt. Durch diese Vorstellung – verbunden mit dem Atem – kann ich dann für einen Augenblick lang die Beziehung zu Gott wieder spüren.

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    In ihm, der Liebe ist, wird all unsere Sehnsucht erfüllt werden, die wir hier während unseres Lebens spüren und die in diesem Leben nicht erfüllt werden kann. Wie diese Erfüllung konkret aussieht, darauf gibt es keine theoretische Antwort und nichts, was man als nachprüfbares Wissen vermitteln könnte. Diese Erfüllung können wir nur in Bildern beschreiben, wie sie uns die Bibel und die geistliche Tradition anbieten. Diese Bilder beschreiben das Leben nach dem Tod als Hochzeitsmahl, als ewiges Fest, als Anschauung Gottes, als ewige Ruhe. Auch hier ist festzuhalten: All das sind Bilder für etwas, was wir letztlich nicht mehr mit Worten beschreiben können. Bilder sind aber nicht ohne Bedeutung und Sinn. Sie sind ein Fenster, durch das wir in die richtige Richtung schauen. Aber was wir schauen, das übersteigt unser Vorstellungsvermögen. So verschieden die Bilder sind: hinter ihnen allen steht im Kern eine gemeinsame Überzeugung: Wir dürfen vertrauen, dass wir im Tod für immer mit Gott eins sein und in ihm zu unserem wahren Wesen finden werden.

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    Gott ist der Grund, der alles durchdringt, der Geist, der alles durchgeistet, die Energie, die in allem fließt, die Liebe, die alles durchwirkt. Gott trägt die Welt und durchdringt die Welt. Er ist außerhalb von mir und zugleich in meinem Herzen. Er ist in der Welt und zugleich über der Welt. Manchmal muss ich mich von der Welt zurückziehen, um ihn in der Stille wahrzunehmen. Aber wenn ich sensibel genug bin, kann ich ihn überall wahrnehmen.
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