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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett
Autoren: Lois McMaster Bujold
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hatte.
    Graf Vorhalas blieb kühl und nachdenklich. »Der Vorwurf der Usurpation scheint in der Tat falsch zu sein«, meinte der alte Mann. »Und das werde ich bei meiner Ehre auch bezeugen. Aber es gibt hier noch einen Punkt des Verrats. Lord Vorkosigan hat selbst zugegeben, dass er Verrat beging, indem er gegen Vorloupulous’ Gesetz verstieß.«
    »Eine derartige Anklage wurde jedoch im Rat der Grafen nie vorgebracht«, erklärte Graf Vorkosigan.
    Henri Vorvolk grinste. »Wer würde das jetzt noch wagen?«
    »Ein Mann, dessen Loyalität dem Imperium gegenüber bewiesen ist, der aber ein akademisches Interesse an perfekter Justiz hat, könnte es wagen«, sagte Graf Vorkosigan sehr ruhig. »Ein Mann, der nichts zu verlieren hat, könnte auch – viel wagen. Habe ich nicht recht?«
    »Bitte darum, Vorkosigan«, flüsterte Vorhalas erregt. »Bitte um Vergebung, wie ich es tat.« Er schloss die Augen und zitterte.
    Graf Vorkosigan sah ihn stumm an. »Wie Sie wollen«, sagte er, stand auf und beugte ein Knie vor seinem Feind. »Lassen Sie die Sache auf sich beruhen, und ich werde dafür sorgen, dass der Junge keinen Ärger mehr macht.«
    »Das ist noch zu hochmütig.«
    »Also gut. Ich bitte Sie.«
    »Sagen Sie: ›Ich flehe Sie an!‹«
    »Ich flehe Sie an«, wiederholte Graf Vorkosigan gehorsam. Miles suchte nach Anzeichen eines Wutausbruchs im Gesicht seines Vaters, sah aber keine. Hier ging es um eine alte Sache, die älter als er war, welche nur die beiden alten Männer kannten. Es war wie ein Labyrinth, in dem er sich nicht zurechtfand. Gregor war blass, Henri Vorvolk verblüfft und Ivan entsetzt.
    Vorhalas stumme Härte schien einer gewissen Erregung zu weichen. Er beugte sich zu Miles’ Vater hinab und flüsterte ihm ins Ohr: »Geschenkt, Vorkosigan.«
    Graf Vorkosigan hielt den Kopf gesenkt.
    Er sieht in mir nur ein Werkzeug gegen meinen Vater, dachte Miles.
    »Graf Vorhalas!« Miles Stimme durchschnitt die Stille wie eine Klinge. »Geben Sie sich damit zufrieden; denn – falls Sie die Sache weiterbetreiben, müssten Sie meiner Mutter in die Augen sehen und alles wiederholen. Wagen Sie das?«
    Vorhalas blickte Miles an. »Kann Ihre Mutter Sie ansehen, ohne Rachegelüste zu verstehen?« Er deutete auf Miles’ missgestalteten Körper.
    »Mutter nennt mich ihr großes Geschenk«, erklärte Miles. »Prüfungen sind ein Geschenk – und große Prüfungen sind ein großes Geschenk. Allerdings halten viele meine Mutter für etwas seltsam …« Er schaute Vorhalas direkt in die Augen. »Was wollen Sie nun mit Ihrem Geschenk anfangen, Graf Vorhalas?«
    »Verdammt«, murmelte Vorhalas nach kurzem Schweigen. »Er hat die Augen seiner Mutter.« Nur Graf Vorkosigan hatte diese Worte verstanden.
    »Es ist mir auch aufgefallen«, flüsterte Miles’ Vater zurück.
    »Ich bin kein Heiliger«, erklärte Vorhalas.
    »Das verlangt auch niemand von Ihnen«, sagte Gregor beschwichtigend. »Aber Sie sind mein Untertan. Und es hilft mir wirklich nicht, wenn sich meine Männer gegenseitig zerfleischen, anstatt meine Feinde zu vernichten.«
    Vorhalas atmete tief ein. »Das ist wahr, mein Gebieter.«
    Langsam lösten sich seine verkrampften Finger, als gäbe er einen unsichtbaren Gegenstand frei. »Nun, steht schon auf!«, sagte er ungeduldig zu Graf Vorkosigan. Ganz ruhig erhob sich der ehemalige Regent.
    Vorhalas funkelte Miles an. »Sagt mir noch eins, Aral, wie wollen Sie diesen begabten jungen Wahnsinnigen und seine Zufallsarmee unter Kontrolle halten?«
    Graf Vorkosigan sprach langsam und gemessen.
    Jedes Wort kam wie ein Tropfen. »Die Dendarii Söldner sind ein echtes Puzzle.« Er schaute Gregor an. »Was ist Euer Wille, Gebieter?«
    Gregor blickte hilfesuchend Miles an, da er so plötzlich aus seiner Zuschauerrolle gerissen worden war. »Organisationen wachsen und verschwinden wieder. Besteht die Chance, dass die Dendarii einfach wieder verschwinden?«
    Miles kaute auf der Lippe. »Diese Hoffnung hatte ich selbst auch schon, aber – sie sahen ungemein gesund aus, als ich sie verließ. Sie nehmen eher zu als ab.«
    Gregor verzog das Gesicht. »Ich kann nicht wie der alte Dorca mit meiner Armee gegen sie marschieren – dazu ist der Weg eindeutig zu weit.«
    »Die Leute sind an allem völlig unschuldig«, erklärte Miles schnell. »Sie wussten nie, wer ich war – die meisten sind nicht einmal Barrayaraner.«
    Gregor blickte Graf Vorkosigan unsicher an. Doch dieser betrachtete seine Stiefel, als wolle er sagen: Du wolltest
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