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Das Jungmädchenbett

Das Jungmädchenbett

Titel: Das Jungmädchenbett
Autoren: Unknown
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Lust, nach Hause zu gehen, und fing an, ihre Sachen zusammenzusuchen. Das Kleid entdeckte sie an der Tür zum Eßzimmer; ihre Schuhe hatte jemand auf ein Bücherregal geworfen. Sie zwängte ihre nackten Füße in die Schuhe und zog sich das Kleid über den Kopf. Den BH — den sie neben dem Kleid fand — zog sie nicht an, sondern stopfte ihn achtlos in die Handtasche. Mit einem letzten Blick auf alle Pärchen, die kreuz und quer im Zimmer lagen, ging sie in den Flur hinaus und warf sich den Mantel um die Schultern. Sie dachte daran, daß sie sich noch von Carl verabschieden mußte, aber nach kurzem Überlegen verwarf sie den Gedanken. Am Montag würde sie ihn ohnehin Wiedersehen, und er würde ihr schnelles Verschwinden bestimmt nicht übelnehmen. Für heute hatte sie genug von dieser Gesellschaft. Sie machte leise die Wohnungstür auf und schloß sie ebenso leise hinter sich. Munter lief sie die Treppe hinunter und trat auf die Straße. Es war eine herrlich frische, sternklare Nacht. Sie beschloß, zu Fuß nach Hause zu gehen, und bog leicht und befreit um die Ecke.

VII

    Lena fühlte sich ein bißchen komisch, als sie am Montagmorgen das Theater betrat. Sie glaubte, es würde ein wenig merkwürdig sein, Carl nach einer so wilden Party wiederzusehen. Aber als sie ihm oben im Unterrichtsraum begegnete, verriet er mit keiner Miene, daß es irgend etwas gab, was ihr den anderen Schülern gegenüber eine Sonderstellung einräumte. Ganz im Gegenteil, Carl zeigte sich ihr gegenüber sogar ziemlich kurz angebunden. Fast alles, was sie sagte, wurde mit Worten kommentiert, die voll beißender Ironie waren. Zunächst glaubte Lena nur, er sei mit dem falschen Bein aus dem Bett gekommen, aber als es im Verlauf des Vormittags nicht besser wurde, mußte sie sich richtig anstrengen, um nicht in Tränen auszubrechen.
    Sie biß die Zähne zusammen und kämpfte sich bis zur Lunchpause durch. Als es soweit war, sagte sie den anderen, daß sie in der Stadt etwas zu erledigen habe und leider nicht mit ihnen essen gehen könne. Sie ging auf die Toilette und hielt sich dort so lange versteckt, bis sie sicher sein konnte, daß die anderen längst weggegangen waren, dann schlich sie sich in den Unterrichtsraum zurück.
    Carl stand an einem der riesigen Fenster und merkte nicht, daß Lena den Raum betrat. Sie war sich seiner Gefühle nicht ganz sicher und tapste deshalb leise über den Fußboden, bis sie bei ihm angekommen war. Ohne ein Wort zu sagen, stellte sie sich ab wartend neben ihn. Sie erwartete, daß er einen Anfang machte. Zunächst schien es, als wollte Carl von ihrer Gegenwart keine Notiz nehmen, aber dann besann er sich doch, wandte langsam den Kopf und sah sie an.
    »Ich wußte, daß du es warst, die da eben zurückkam«, sagte er mit müder Stimme.
    Sie antwortete nicht sofort. Sie wartete darauf, daß er fortfuhr, aber als er das nicht tat, seufzte sie und nahm gewissermaßen einen Anlauf vor dem, was jetzt gesagt werden sollte.
    »Warum warst du heute während des Unterrichts so häßlich zu mir?«
    Sie fragte, obwohl sie schon wußte, wie die Antwort ausfallen würde.
    »Ich habe mich mit Absicht so verhalten. Als du gestern nacht weggegangen warst, wurde mir klar, daß es zwischen uns nie etwas geben kann. Mir hat diese Erkenntnis weh getan, weil du seit langer Zeit die erste bist, die in mir so etwas wie Liebe wachgerufen hat. Aber da wir die Tatsachen leider nicht nach unseren Wünschen ändern können, meinte ich, daß es am besten wäre, so deutlich wie möglich zu zeigen, daß zwischen uns Schluß sein muß.«
    Das war genau das, was Lena schon geahnt hatte, aber als sie es jetzt bestätigt bekam, spürte sie dennoch merkwürdigerweise einen Stich in der Brust. Sie wußte, daß sie Carl vermissen würde — auf jeden Fall im Bett —, sie wußte aber auch, daß diese Lösung die beste war. Ein schneller und schmerzhafter Bruch war immerhin besser, als in ein Stadium hineinzuschlittern, in dem alles zu grauer Gewohnheit wurde. Nach einiger Zeit hätten sie sich wahrscheinlich ohnehin aneinander abgenutzt und wären dann nebeneinander hergelaufen, ohne etwas zu empfinden.
    Lena hatte schon eine Erwiderung auf der Zunge und machte den Mund auf, schloß ihn aber wieder und wandte sich ab. Mit raschen Schritten ging sie aus dem Raum, um zu ihren Mitschülern zu gehen.
    Während der jetzt folgenden Wochen ging Lena ganz in ihrer Arbeit auf und versuchte, weder an Carl noch an andere Männer zu denken. Tagsüber sah sie
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