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Das Janus-Monster

Das Janus-Monster

Titel: Das Janus-Monster
Autoren: Jason Dark
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Ausstieg, aber war es auch der Einstieg?
    Shao dachte optimistisch und ging davon aus. Sie konnte sich auch vorstellen, von der anderen Seite her beobachtet zu werden. Diese Vorstellung verdichtete sich so stark, dass sie diese zu einer Tatsache machte.
    Er sieht mich! dachte sie. Er wartet auf mich. Vielleicht will er mich auch…
    Shao überlegte, wie sie den trennenden Graben überspringen konnte.
    Es waren zwei verschiedene Dimensionen. Normale Menschen glaubten nicht daran, aber Shao wusste es besser. Sie selbst hatte schon einige dieser ›Reisen‹ hinter sich.
    Durch Bewegungen und durch Druck passierte nichts. Es gab noch zwei weitere Möglichkeiten. Als letzte kam für sie eine gewisse Zerstörung des Spiegels in Betracht. Entweder öffnete sich dann die andere Welt oder verschloss sich für immer.
    Sie versuchte es mit der weicheren Methode. Dabei wollte sie das Janus-Monster direkt ansprechen. Es konnte durchaus möglich sein, dass es sie hörte.
    »Kato…« Ein erster leiser Ruf nur, nach dem nichts geschah. »Hörst du mich, Kato?«
    Keine Antwort. Weder akustisch noch durch irgendein Zeichen. Es blieb still, und Shao überlegte, ob sie den falschen Weg gegangen war.
    Ein dritter Versuch. »Ich bin gekommen, um dich herauszufordern, Kato. Ich will mit dir kämpfen. Ich will dich besiegen. Ich will dich aus der Jigoku zerren. Du sollst weg von Emma-Hoo kommen. Deine grausame Zeit ist abgelaufen. Hast du gehört? Du wirst keine Opfer mehr in die Hölle holen…«
    Es war eine Drohung gewesen. Wenn der andere sie verstanden hatte, musste er darauf reagieren. Dämonen ließen sich ungern provozieren, schon gar nicht von Menschen, denn sie sahen sich immer als die Stärkeren an. Auch hier.
    Obgleich Shao es erwartet hatte, schrak sie leicht zusammen, als sich in der Spiegelmitte etwas tat. Dort bewegte sich das andere Grau, es wallte, es kreiste, und es zog sich gleichzeitig zurück, um die Sicht freizugeben.
    Eine nackte Gestalt. Ein haarloser Kopf. Ein schreckliches Gesicht mit roten Augen. Hände, deren Finger wie lange Messer wirkten. Alles war vorhanden, und selbst in der kleinen Sichtperspektive des Spiegels wirkte das Janus-Monster übergroß.
    Perfekt, dachte Shao. Verdammt noch mal, es ist perfekt!
    Sie wollte das Monstrum auch weiterhin reizen und sprach davon, dass auch die Sonnengöttin Amaterasu darauf wartete, ein Höllenmonster zu vernichten. »Und ich bin ihre Erbin. Sie hat mich indirekt geschickt, um dich dem Teufel zu entreißen.«
    Es musste etwas geschehen. Das Janus-Monster konnte es nicht hinnehmen. Durch die Nennung des Namens Amaterasu stand für Kato endgültig fest, auf welcher Seite sich Shao aufhielt. Er musste etwas tun.
    So etwas lockte ihn aus der Reserve.
    Aber er hielt sich zurück. Sie sah ihn nur. Er stand wie festgegossen innerhalb des Spiegels, aber sein Gesicht war nach vorn gerichtet, als wollte er Shao nicht aus den Augen lassen.
    Sie provozierte ihn stärker. Mit einer lässigen Bewegung holte sie einen Pfeil aus dem Köcher hervor und legte ihn auf. Sie spannte die Armbrust, die noch in Richtung Boden zeigte und erst langsam angehoben wurde. Shao spürte das Zittern in sich. Sie hatte das Gefühl, ihr Blut würde immer stärker erwärmt werden. Im Kopf spürte sie einen leichten Druck, der sich besonders in Höhe der Augen hielt.
    Schießen oder nicht?
    Sie schoss!
    Ein leicht fauchendes Geräusch erklang, als der Pfeil auf die Reise ging und haargenau das Zentrum erwischte. Er bohrte sich in die weichere Fläche hinein. Shao wartete auf das Splittern des Spiegels und auf die Scherben, die ihr entgegenflogen, doch das passierte nicht. Der Pfeil war auch nicht steckengeblieben. Er war in den Spiegel hineingejagt und von der anderen Dimension verschluckt worden.
    Für einen Moment schloss die Chinesin die Augen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Eigentlich hatte sie gehofft, schon beim ersten Schuss Kato zu erwischen, das aber war ihr nicht gelungen. Der Pfeil war im Nirgendwo verschwunden und würde nicht mehr zurückkehren.
    Dafür passierte etwas anderes, als Shao wieder näher an den Spiegel heranging, um einen erneuten Versuch zu unternehmen. Sie merkte genau die neue und andere Kraft, die von dem Gegenstand ausging und auch sie erfasste. Es war wie ein Sog. Eine Urgewalt schien tief Atem zu holen, um das, was sich in ihrer Nähe befand, zu sich heranzuholen.
    Shao ging, aber sie bewegte sich schneller, obwohl sie ihre Schritte von sich aus nicht beschleunigt
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