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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
Autoren: Joy Fielding
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Menschen geirrt«, erklärte Val ihrer Tochter jetzt. »Und glaub mir, Schätzchen, in dem Punkt waren wir alle schon schuldig.«
    »Er hatte es nicht verdient zu sterben, Mom.«
    »Nein, das hatte er nicht.«
    Brianne stieß einen leisen Schrei aus. »Ich hab dir deinen Geburtstag verdorben«, jammerte sie wie eine Zehnjährige.
    Traurig drückte Val die Hand ihrer Tochter. Nach ihrer Rückkehr würde sie sich darum kümmern, dass Brianne eine Therapie machte, und sie selbst vielleicht auch. »Sagen wir, du hast für einen Geburtstag gesorgt, den wir nie vergessen werden.«
    »Das kann man wohl sagen«, meinte James.
    »Sitzt ihr da hinten bequem?« Val sah sich zu James, Melissa und Jennifer um. Melissa nickte. James reckte die Daumen. Jennifer blickte auf und lächelte, bevor sie sich wieder in die Nachricht von Evan vertiefte, die am Abend zuvor eingetroffen war. Mittlerweile müsste sie sie eigentlich auswendig kennen, dachte Val und spürte Jennifers Enttäuschung so brennend, als wäre es ihre eigene. Das Gefühl kannte sie schließlich gut.
    Val sah das Ferienhotel am Shadow Creek im Rückspiegel verschwinden. Noch eine Kurve, und es würde nur noch eine Erinnerung sein, die, wie Val nur beten konnte, mit der Zeit verblassen würde. Oder auch nicht, dachte sie, als sie die Ereignisse des gestrigen Tages noch einmal Revue passieren ließ, zusammenhanglose Bilder, die vor ihrem Auge aufblitzten wie Stroboskoplicht. Blitz: Sie rannten durch den Wald. Blitz: Sie hielt Briannes schlammverschmierten Schuh hoch. Blitz: Sie gingen auf die Hütte zu. Blitz: Sie waren in dem Schlafzimmer. Blitz: Ein junger Mann stand in der Tür.
    In einem Moment war eine blutverklebte Machete auf ihren Hals gerichtet gewesen, im nächsten hatte sie das Magazin einer Pistole in die Brust des jungen Mannes entleert.
    Matthew Stabler, wiederholte sie stumm seinen Namen. Die Polizei hatte ihn anhand eines Führerscheins identifiziert, den man in der Gesäßtasche seiner Jeans gefunden hatte, obwohl er den Namen nach Aussage seiner jungen Komplizin nur selten benutzt hatte.
    Val sah Nikki in ihrem schlecht sitzenden Baumwollkleid vor sich, wie sie ihr höflich einen Becher heißen Tee reichte. Sie konnte das mit Beruhigungsmittel versetzte Getränk noch auf der Zunge schmecken, konnte immer noch die Mischung aus Scham und Trotz in Nikkis Blick sehen, als Matthew sie dumm genannt hatte. Sie konnte noch das Geräusch hören, das Briannes Schuh beim Aufprall auf die Stirn des jungen Mädchens gemacht hatte, und noch immer den Rückstoß spüren, der durch ihren Arm gezuckt war, als sie mehrfach abgedrückt hatte.
    Sie erinnerte sich, wie die Staatspolizisten die blutende und benommene Nikki abgeführt hatten. Ihr richtiger Name war Janet Richardson, wie Val später erfuhr. Sie war siebzehn Jahre alt.
    Val fragte sich, wie lange es dauern würde, bis die Geschichte auf den Titelseiten auftauchte und Reporter sich vor ihrer Tür versammelten. Und sie fragte sich, ob Evan die Neuigkeiten schon gehört hatte.
    Wie auf Stichwort klingelte in diesem Moment das Handy in ihrer Handtasche. »Na, wer hätte das gedacht? Wir haben endlich wieder Empfang. Kannst du bitte drangehen, Schätzchen?«, bat sie Brianne, die unverzüglich in der Handtasche ihrer Mutter zu kramen begann. »Ist es dein Vater?«
    »Ist es Evan?«, fragte Jennifer praktisch im selben Moment.
    »Es ist Oma«, sagte Brianne mit unverhohlener Überraschung.
    Val nahm ihrer Tochter das Handy aus der Hand und hielt es ans Ohr. »Mom?«
    »Herzlichen Glückwunsch, Liebchen«, sagte ihre Mutter stolz.
    Sofort standen wieder Tränen in Vals Augen. Ihre Mutter hatte tatsächlich an ihren Geburtstag gedacht. »Danke«, flüsterte sie.
    »Und wie fühlt es sich an, vierzig zu sein?«
    Val lachte. »Es fühlt sich verdammt gut an.«
    »Fühlst du dich irgendwie anders?«
    Val nickte, und die Tränen strömten über ihre Wangen. »Ja. Ja, ich fühle mich anders.«
    »Für mich wirst du immer mein kleines Mädchen bleiben.«
    »Ein Mädchen, das ihre Mutter sehr vermisst«, sagte Val kaum hörbar.
    Es war ihre Mutter gewesen, die ihr beigebracht hatte, dass man nichts bekam, wenn man nichts verlangte. Es war ihre Mutter, die ihr geraten hatte, den Mund aufzumachen, und ihr versichert hatte, dass sie alles schaffen konnte, was sie sich vornahm. Schließlich war sie das Mädchen, das vierundsiebzig Bahnen geschwommen war. Wenn sie tatsächlich so furchtlos war, wie Gary behauptete, hatte sie das
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