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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition)
Autoren: Petra Schier
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Reuther nicht gerade hinterhertrauere. Ich denke, ich habe ein Recht darauf, oder nicht?»
    «Ach was, das waren doch keine Unannehmlichkeiten!», rief Elmar und winkte gönnerhaft ab. «Ich habe lediglich dafür gesorgt, dass ein paar seiner geschäftlichen Transaktionen nicht in seinem Sinne ausgingen. Das mag nicht die feine Art sein, doch nachdem er mich damals so verächtlich abgefertigt und dich in sein Haus geholt hat, dachte ich, dass ein kleiner Denkzettel ihm nicht schaden wird. Er soll ruhig sehen, dass ein Schnitzler immer mächtiger und einflussreicher ist als ein Emporkömmling wie er. Nun ja, erfahren wird er mein kleines Geheimnis wohl kaum.» Er zwinkerte erneut. «Unser Geheimnis, nicht wahr?» Er zog sie mit einem heftigen Ruck an sich und streifte mit den Lippen ihren Mund.
    Pauline musste sehr an sich halten, um ihn nicht angeekelt von sich zu stoßen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie musste hier fort, durfte ihn aber nicht merken lassen, was sie vorhatte. Wer wusste schon, wozu er dann imstande wäre!
    Schon spürte sie seine Hände begehrlich über ihren Leib wandern. Ungeduldig nestelte er an den Verschlüssen ihres Kleides. Ihr Herz begann zu rasen. Energisch presste sie die Hände gegen seine Brust und schob ihn von sich. «Bitte, Herr Schnitzler», presste sie hervor. «Nicht jetzt und hier! Stellen Sie sich vor, jemand ertappt uns!»
    Elmars Atem ging in heftigen Stößen, aber er ließ sie los. «Du hast recht, Pauline. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Vielleicht heute Abend? Ich werde dich in deiner Pension besuchen.»
    «Nein, das geht nicht!» Erschrocken schüttelte Pauline den Kopf. «Wie sollte ich das der Wirtin erklären? Ganz zu schweigen von Ihrer Frau! Nein, nicht hier in Bad Bertrich. Das ist ausgeschlossen.»
    Elmar lächelte und tätschelte ihre Wange. «Die liebe, praktische Pauline. Natürlich müssen wir warten, bis wir wieder in Köln sind. Ich kann es kaum erwarten! Nachher werde ich Christine sagen, dass du die Stellung bei uns annehmen wirst, und morgen erhältst du deinen Vertrag. In zehn Tagen reisen wir zurück nach Köln, und ich möchte, dass du dann mit uns kommst.»
    Pauline nickte. «Ich muss jetzt gehen, Herr Schnitzler. Ich bin schon ungehörig lange mit Ihnen allein in diesem Zimmer.»
    «Stimmt, natürlich. Du musst ja auf deinen Ruf achten, nicht wahr?» Elmar zog sie noch einmal an sich und gab ihr einen sanften Kuss. «Auf bald, liebe Pauline! Ich freue mich auf dich.»
    Ohne einen weiteren Gruß verließ Pauline eilig den Salon und Augenblicke später das Hotel. Es regnete, die Luft war eisig, und ein scharfer Wind wehte ihr entgegen. Unschlüssig blickte sie die Straße hinauf und hinab. Was sollte sie jetzt tun? Eines war sicher: Julius musste erfahren, was Elmar Schnitzler getan hatte. Das würde wahrscheinlich nichts an seiner prekären Lage ändern, aber vielleicht konnte er gegen den Bankierssohn rechtlich vorgehen.
    Das Problem war nur, dass sie sich geschworen hatte, keinen Kontakt mehr zu Julius aufzunehmen, um ihn nicht in irgendeiner Form zu ermutigen, nach Bad Bertrich zu kommen. Ratlos stand sie im eisig kalten Regen und dachte nach. Es musste einen anderen Weg geben, ihm die Nachricht zukommen zu lassen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 29
    Eine Woche später saß Pauline wieder einmal dicht bei ihrem Fenster und bemühte sich, ihre Gedanken voll und ganz auf die hübsche Stickerei zu richten, mit der sie das frischgesäumte Tischtuch zu versehen gedachte. Irgendwie musste sie sich beschäftigen. Zwar war draußen wunderbar einladendes Vorfrühlingswetter mit gleißendem Sonnenschein und einer angenehmen Wärme, die die ersten Krokusse und Gänseblümchen aus dem Winterschlaf geweckt hatte, doch sie ging nur selten hinaus. Zu sehr fürchtete sie sich davor, möglicherweise Elmar Schnitzler zu begegnen. Christine hatte sie noch einige Male zu sich eingeladen, und Pauline hatte sich notgedrungen in ihr Schicksal gefügt.
    Sie wunderte sich, weshalb Julius bislang nichts gegen Schnitzler unternommen hatte. Zumindest schien es nicht, als würden den Bankierssohn irgendwelche Sorgen plagen. Hatte die Eilpost, die sie an den Vorarbeiter Thomas Herold geschickt hatte, vielleicht ihr Ziel nicht erreicht? Hatte er sie nicht weitergeleitet? Julius würde doch sicherlich nicht so viel Zeit verstreichen lassen, um gegen seinen Widersacher vorzugehen. Oder war er gar zu sehr mit den Vorbereitungen für seine Hochzeit beschäftigt?
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