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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Autoren: Barbara Büchner
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war voll Staub, und vergessener Krimskrams lag in den Ecken.
    Auch hier waren wir nicht allein.
    Als ich die Türe des Hinterzimmers öffnete, hatte ich den überwältigenden Eindruck, dass sich jemand darin befand. Ich spürte ganz deutlich die Anwesenheit mehrerer Personen, sodass ich unwillkürlich die Hand hob, um an die Türe zu pochen, bevor ich sie aufzog. Aber der Raum war leer, er war tatsächlich unmöbliert, und es konnte ihn auch niemand verlassen haben, denn es gab keine Türe außer der, durch die ich hereingekommen war. Kartonschachteln standen aufeinander getürmt an den Wänden, aber darin konnte sich ja wohl niemand verstecken. Und noch merkwürdiger war, dass ich diese Gegenwart auch noch spürte, als ich bereits unmissverständlich erkannt hatte, dass niemand da war!
    Das Gefühl, von wachen Sinnen zur Kenntnis genommen zu werden, verstärkte sich immer mehr, je tiefer wir in das Innere des Bauwerkes vordrangen – als schwebten Augen über mir, die jede meiner Bewegungen registrierten. Es war jedoch bei aller Intensität keine feindselige Aufmerksamkeit. Ganz im Gegenteil. Ich fühlte mich willkommen geheißen, als hätte das Haus mit seinen unsichtbaren Bewohnern schon seit ewig langer Zeit auf mich gewartet. Um mich herum summte und murmelte es in der Luft, als versuchte das Gebäude selbst mit mir zu sprechen, mir etwas mitzuteilen, das ihm wichtig war. Ich hatte den Eindruck, dass ich es hätte verstehen können, wenn nicht der lästige Agent gewesen wäre, der uns mit tausend uninteressanten Kleinigkeiten die Ohren vollschwatzte.
    Alec ergriff meinen Arm. „Ist dir nicht gut? Du sagst kein Wort.“
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Ich bin völlig versunken in die Berechnung der Kosten, die diese Fledermausburg uns verursachen wird. Findest du nicht, man müsste hier alles von Grund auf renovieren? Diese Tapeten jedenfalls –“ Ich legte die flache Hand auf eine Mauer ... und zog sie mit einem schrillen Aufschrei zurück.
    Ein Schock war durch alle meine Nerven gefahren, ein so bösartiger, sengender Schlag, wie ich ihn einmal bekommen hatte, als ich einen Nagel in eine unter Putz verlegte Lichtleitung geschlagen hatte. Mein Haar schien stocksteif in die Höhe zu stehen. Die Hand, die die Mauer berührt hatte, brannte und juckte und krampfte sich zu einer Klaue zusammen. Ich sah entsetzt hin, überzeugt, dass sie verbrannt sein musste. Aber das Gewebe war heil. Es tat nur ekelhaft weh. Alle meine Sehnen und Muskeln waren von dem Krampf zusammengeschnurrt, so dass Alec eine ganze Weile reiben und kneten musste, bis die Finger sich wieder lockerten.
    Mittlerweile hatte der Agent – sehr vorsichtig – die Mauer betastet, aber keinen Schlag bekommen. Daraufhin erklärte er, es sei „nichts“.
    „Nein?“, fuhr ich ihn an. „Meinen Sie, ich kenne einen elektrischen Schlag nicht, wenn ich einen bekomme? Hier sind Kriechströme unterwegs, und ich hoffe nur, das Badezimmer ist besser isoliert! Ich habe keine Lust, in der Badewanne gedünstet zu werden!“ Ich starrte wütend die Mauer an. Sie sah vollkommen harmlos aus. Ein abgerissenes Endchen Tapete fächelte im schwachen Luftzug. Der Mann hatte das Gemäuer berührt und keinen Schlag bekommen, aber ich spürte, dass die Elektrizität – oder was immer es war – nach wie vor aktiv war. Ich meinte, es in der Mauer summen und knistern zu hören, dasselbe spukhafte Geräusch, das man hört, wenn man unter Hochspannungsmasten durchgeht.
    Alec streckte die Hand aus und wollte selbst überprüfen, was es mit der geheimnisvollen Wand auf sich hatte, aber ich zog ihn rasch am Ärmel zurück. „Lass das lieber sein. Komm, gehen wir weiter.“ Mir war der Gedanke gekommen, dass diese Kraft sich nur einem zukünftigen Mieter des Hauses gegenüber manifestieren würde, und ich wollte nicht, dass ES Alec wehtat.
    Der Angriff war mir völlig unerwartet gekommen. Bis dahin hatte ich nicht den Eindruck gehabt, dass das Haus bösartig sei. Es hatte uns willkommen geheißen, und trotz seines verwahrlosten und vernachlässigten Äußeren hatte es etwas Liebenswürdiges an sich. Waren hier, so fragte ich mich, zwei verschiedene Kräfte am Werk? Die eine empfing uns mit offenen Armen, die andere begegnete uns feindselig und aggressiv? Und war das der Grund, warum es trotz seiner lotrechten Mauern und ebenen Böden so schief wirkte – dass es mit sich selbst uneins war, von zwei einander widerstrebenden Mächten durchdrungen, die gegensätzliche Ziele
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